Wegen Betrugs haben sich zwei 15-Jährige und eine 19-Jährige vor dem Dachauer Gericht verantworten müssen. Sie hatten mit einer Karte eingekauft, die nicht ihre war.
Dachau – Der 4. Dezember 2023 war ein zutiefst winterlicher Montag in Dachau. Es herrschte ein Wetter, an dem man möglichst wenig Zeit draußen verbringen wollte, geschweige denn zu Fuß von Tankstelle zu Tankstelle und dann noch in ein Schnellrestaurant zu laufen.
Doch zwei 15-Jährige und eine damals noch 19-Jährige waren an jenem Montagnachmittag fleißig in der Stadt unterwegs. Mit einer EC-Karte kauften sie zunächst an der Avia-Tankstelle zwei Dosen Red Bull und eine Tüte Chips. Mit der selben Karte ging es dann weiter zur Esso-Tankstelle, wo die Älteste des Trios – als einzig Volljährige – Zigaretten und E-Zigaretten kaufte. Die Rechnung zahlte sie dabei nicht am Stück, sondern in Tranchen unter 50 Euro. Und zum Abschluss gönnten sich die drei jungen Damen noch eine Einkehr in einem Schnellrestaurant am Bahnhof; auch hier wurde mit der EC-Karte gezahlt.
Das Problem: Die EC-Karte gehörte einer Frau, die an jenem 4. Dezember 2023 im Helios Amper-Klinikum war. Irgendwann im Laufe des Nachmittags, so meldete sie es der Polizei, musste aus ihrer Tasche ihr Geldbeutel gestohlen worden sein. Während ihre Geldbörse nie wieder auftauchte, fanden sich ihre Ausweis-, Führerschein- und Versicherungskarten sowie die EC-Karte wenige Tage später in einem Gebüsch nahe dem Dachauer Bahnhof. Dass nicht sie, sondern die drei jungen Damen mit ihrer Karte eingekauft hatten, belegen gestochen scharfe Videoaufzeichnungen aus Überwachungskameras.
Als „Freundin“ fragt man eben nicht nach
Vor dem Dachauer Amtsgericht, wo sich das Trio gegen den Vorwurf des Betrugs verantworten musste, wollten die drei aber nichts mehr von der Tat sowie ihrer damaligen Freundschaft wissen. Die 15-Jährige und ihre mittlerweile 20-jährige Schwester saßen auf der einen Seite der Anklagebank, die andere 15-Jährige auf der anderen Seite. Die Damen starrten konzentriert auf ihre perfekt manikürten Fingernägel – Fingernägel, Kosmetik und Fitness gaben sie als ihre Hobbies an – und würdigten sich keines Blickes.
Die beiden Schwestern jedenfalls schilderten die Sache so, dass sie nach der Schule einen Anruf von ihrer Freundin bekommen hätten: Sie habe die EC-Karte ihrer Tante bekommen und könnte damit nun einkaufen, so viel sie wollte. Ob ihnen dies nicht seltsam vorgekommen sei, wollte Richterin Cornelia Handl wissen. Denn: „Wenn eine Tante Geld herschenkt, dann gibt sie in der Regel halt einfach Geld.“ Zudem habe die „Tante“ einen zutiefst bayerisch klingenden Namen gehabt, ganz anders als die 15-Jährige Freundin? Die Antwort der Schwestern: „Ja, das ist ist uns schon komisch vorgekommen. Aber man ist halt Freundin, da vertraut man.“
Die angebliche Nichte aber erzählte eine andere Geschichte. Die 19-Jährige hätte Geld gebraucht, da ihr Freund – ein junger Mann aus Neuperlach – Ärger mit dem Gesetz und eine teure Anwaltsrechnung zu zahlen gehabt hätte. Auch sie selbst sei knapp bei Kasse gewesen. Also hätten sie sich zusammen überlegt, „wo wir was zum Klauen finden“. Die Idee: „Wir fahren ins Klinikum!“ Dort hatte die Mutter der 15-Jährigen gearbeitet. „Ich hab ihren Schlüssel genommen. Damit sind wir praktisch in jeden Raum gekommen.“ In einem der Räume seien sie dann auf die Handtasche gestoßen, aus der sie den Geldbeutel genommen hätten.
Alle drei Angeklagten nach Jugendstrafrecht schuldig gesprochen
Wie die Sache mit dem Diebstahl genau ablief, konnte mangels polizeilicher Ermittlungen dazu nicht mehr nachgewiesen werden. Der Staatsanwalt und das Gericht einigten sich darauf, nur den dreifachen Betrug – also die Einkäufe mit der EC-Karte – strafrechtlich zu verfolgen. Denn hier war der Fall eindeutig: Alle drei wurden schuldig gesprochen.
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Die jüngere des Schwesternduos muss nun 24 Sozialstunden ableisten und sich mittels einer sogenannten Leseweisung mit ihrer Tat auseinandersetzen. Die andere 15-Jährige war schon einmal wegen Diebstahls straffällig geworden und muss deshalb 64 Stunden soziale Hilfsdienste sowie ein soziales Kompetenztraining ableisten. Die Älteste des Trios ist die einzige, die schon über ein eigenes Einkommen verfügt – weshalb sie 200 Euro an den Verein Brücke Dachau überweisen sowie der Karteninhaberin 128,18 Euro zurückzahlen soll; zudem trägt sie die Kosten des Verfahrens.
Am Ende der Verhandlung äußerten die jungen Damen mehr oder weniger ihre Reue für das Geschehene. Gerade die bereits vorbestrafte 15-Jährige gab zu Protokoll, dass sie das von der Richterin verordnete Sozialtraining absolut nicht brauche. Immerhin: Für ihre beiden Ex-Freundinnen habe sie noch „Respekt“.