Gebrochenes Merz-Versprechen: Ein Stromanbieter will für Verbraucher trotzdem die Stromsteuer senken
Die Bundesregierung bleibt dabei: Die versprochene Stromsteuersenkung „für alle“ bleibt aus. Das droht für Merz zum Debakel zu werden.
Berlin – Für Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) droht das gebrochene Versprechen rund um die Absenkung der Stromsteuer für alle Verbraucher und Verbraucherinnen zu einem Debakel zu werden. Nach wie vor steht er dazu, während der Generaldebatte im Bundestag zum Haushalt am Mittwoch (9. Juli) wies er darauf hin, dass die Maßnahmen, die vorgenommen werden, schon zehn Milliarden Euro im Jahr kosten. Nur waren Maßnahmen wie die Abschaffung der Gasspeicherumlage nun mal keine Versprechen, die seit Wochen wiederholt wurden.
Absenkung der Stromsteuer: Gebrochenes Versprechen der Merz-Regierung
Für Privathaushalte hätte die Absenkung der Stromsteuer auf das EU-Mindestmaß, wie es ursprünglich geplant war, eine jährliche Entlastung von 100 bis 200 Euro bedeutet, je nach Berechnung. Je mehr Strom man verbraucht, je höher die Entlastung – weshalb die Maßnahme insbesondere jenen zugute gekommen wäre, die auf klimafreundliche Technologien wie Elektroautos oder Wärmepumpen umgestiegen sind oder einen Umstieg planen.
Das hat auch gesamtwirtschaftliche Folgen. Die ausbleibende Stromsteuer-Senkung könnte laut dem ifo-Institut die Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts in diesem und im kommenden Jahr um zusammengenommen 0,1 Prozentpunkte senken. Zudem sind Wachstumseinbußen zu erwarten, die sich aus dem verspielten Vertrauen ergeben, schreibt das Institut in einer Mitteilung. Diese Verluste sind allerdings schwer zu beziffern.

Auch die Stimmung bei den Privathaushalten könnte sich auf das Wirtschaftswachstum auswirken. Die ifo-Forscher konnten eine Abnahme bei den Unsicherheiten von Haushalten feststellen. Dies sei jedoch an die Erwartungen an die Bundesregierung gekoppelt, dass die im Koalitionsvertrag festgehaltenen Maßnahmen umgesetzt werden – also auch die Stromsteuer-Senkung für alle.
Deutscher Ökostromanbieter will Stromsteuer trotzdem für Verbraucher absenken
Ein deutscher Stromanbieter hat angesichts der Entscheidung im Kanzleramt beschlossen, trotzdem eine Absenkung der Stromsteuer für ihre Kunden vorzunehmen. Der Anbieter grüüün hat eine bundesweite Kampagne unter dem Slogan „Wir halten unser Versprechen“ ins Leben gerufen. „Während die Bundesregierung sich nicht auf eine Senkung der Stromsteuer für Privathaushalte einigen kann, handelt der unabhängige Ökostromanbieter grüüün: Ab sofort erlässt das Unternehmen allen Neukunden die Stromsteuer – und zwar für zehn Jahre“, schreibt das Unternehmen in einer Mitteilung.
„Wir glauben: Wer Versprechen macht, sollte sie auch halten. Da sich die Bundesregierung bislang nicht zu einer echten Entlastung durchringen konnte, springen wir ein und nehmen unsere Rolle als Stromfürsorger ernst– unabhängig davon, was genau die Bundesregierung entscheidet“, sagt Thorsten Schliesche, Geschäftsführer von grüüün.
Stromanbieter ist noch neu auf dem Markt: Kann man darauf vertrauen?
Der Ökostromanbieter ist recht neu auf dem Markt. Seit 2024 versucht sich das Unternehmen mit aufsehenerregenden Kampagnen auf sich aufmerksam zu machen. So wirbt die Firma damit, dass Kunden bei ihnen eine Strompreisgarantie für zehn Jahre erhalten. Dieses Angebot wurde von Finanztip unter die Lupe genommen. Das Portal resümiert, dass die Strompreisgarantie einen Haken hat: So gilt die Garantie nur für Erzeugung, Vertrieb und Marge – nicht aber für 57 Prozent des Strompreises, der die Netzentgelte und Stromsteuer beinhaltet.
Dennoch kann Finanztip das Angebot empfehlen, da die Bestandteile des Strompreises, die unter die Garantie fallen, sehr volatil sein können – und daher auch anfällig für Preissprüngen. Dafür einen garantierten Preis zu haben, kann sich also lohnen.
Skepsis über neue Stromanbieter: Stromkunden sind immer abgesichert
Mit der Stromsteuersenkung setzt der Öko-Anbieter also noch einen drauf. Nach eigenen Angaben kann sich die Firma das leisten, da sie ihren Strom aus erneuerbaren Anlagen bezieht, die schon größtenteils refinanziert sind. Daher wüssten sie, dass der Strompreis aus ihren Anlagen für die kommenden Jahre relativ konstant bleiben würde, so grüüün auf Anfrage unserer Redaktion. „grüüün bietet einen direkten Vertrieb des selbst erzeugten Stroms vergleichbar mit einem Werksverkauf“, so eine Sprecherin zu IPPEN.MEDIA.
Wer den Tarif ausprobieren möchte, aber sich vielleicht Sorgen um das Kleingedruckte macht, hier ein paar weitere Infos: Ein Strom- und Gasvertrag kann maximal für zwei Jahre gehen (bei grüüün ist er auf 12 Monate begrenzt). Bei einer Verlängerung des Vertrags passiert dies seit 2022 auf unbestimmte Zeit – und Sie können diesen dann monatlich kündigen.
Sollte ein Energieanbieter insolvent gehen, dann werden Verbraucher und Verbraucherinnen immer weiter versorgt. Allerdings wechselt man dann automatisch in die Grund- oder Ersatzversorgung, die häufig teurer ist. In solchen Fällen dürfen Kunden aber jederzeit und ohne Beachtung von Vertragslaufzeiten den Stromanbieter wechseln, wie die Bundesnetzagentur erklärt. Wenn ein Stromanbieter die Energieversorgung einstellen muss, dann muss er dies spätestens drei Monate im Voraus den Kunden mitteilen.