Nach Stromsteuer-Debakel: Merz‘ „verspieltes Vertrauen“ kostet die deutsche Wirtschaft

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Die angekündigte Stromsteuer-Senkung kommt nicht für Privathaushalte. Das sorgt noch immer für Kritik. Merz verteidigt jedoch seine Entscheidung.

Berlin – Die ausbleibende Stromsteuer-Senkung trifft nicht nur Haushalte hart – auch die Konjunktur leidet darunter, warnen Ökonomen. Laut dem ifo-Institut wirkt sich der Verzicht der Entlastungsmaßnahme auf die gesamte Wirtschaft aus. „Kommt die Stromsteuersenkung für die privaten Haushalte nicht, fällt eine Entlastung von gut fünf Milliarden Euro weg“, sagte Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser am Mittwoch (9. Juli 2025) zu den Berechnungen seines Instituts.

Ausbleibende Stromsteuer-Senkung dämpft Wirtschaftswachstum

Die ausbleibende Stromsteuer-Senkung könnte laut dem ifo-Institut die Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts in diesem und im kommenden Jahr um zusammengenommen 0,1 Prozentpunkte senken. Zudem sind Wachstumseinbußen zu erwarten, die sich aus dem verspielten Vertrauen ergeben, schreibt das Institut in einer Mitteilung. Diese Verluste sind allerdings schwer zu beziffern.

Auch die Stimmung bei den Privathaushalten könnte sich auf das Wirtschaftswachstum auswirken. Die ifo-Forscher konnten eine Abnahme bei den Unsicherheiten von Haushalten feststellen. Dies sei jedoch an die Erwartungen an die Bundesregierung gekoppelt, dass die im Koalitionsvertrag festgehaltenen Maßnahmen umgesetzt werden – also auch die Stromsteuer-Senkung für alle. „Werden diese Erwartungen enttäuscht und nimmt die Unsicherheit wieder zu, werden Haushalte und Unternehmen ihre Konsum- und Investitionsausgaben aufschieben“, sagte Wollmershäuser. Das dürfte die Erholung der Konjunktur zusätzlich dämpfen.

Kanzler Friedrich Merz
Die angekündigte Stromsteuer-Senkung kommt nicht für Privathaushalte. Das sorgt noch immer für Kritik. Merz verteidigt jedoch seine Entscheidung. © Kay Nietfeld/dpa

Das Ifo-Institut rechnet für dieses Jahr mit einem Wirtschaftswachstum von 0,3 Prozent, nachdem das Bruttoinlandsprodukt in den beiden Vorjahren jeweils leicht geschrumpft ist. 2026 soll es zu einem Plus von 1,5 Prozent reichen.

Stromsteuer-Senkung kommt doch nicht für alle – Branche verübt Kritik

Der Koalitionsausschuss hatte sich vorige Woche nicht auf eine Senkung der Stromsteuer auch für Haushalte verständigt. Erst wenn es neue finanzielle Spielräume gebe, könnten auch die Haushalte noch stärker entlastet werden, heißt es in dem Papier. Die Entscheidung kam auch für die Energiebranche wie ein Schlag.

Zwar sollen Entlastungen zum 1. Januar 2026 bei den Netzentgelten sowie die Abschaffung der Gasspeicherumlage für Gaskunden kommen. Dennoch weist die Energiebranche darauf hin, dass die neue Regierung Verbraucherinnen und Verbrauchern bei den Strompreisen entgegenkommen muss. Deutschland hat weltweit die fünfthöchsten Strompreise, hier kostete Strom im ersten Quartal 2025 im bundesweiten Mittel 38 Cent pro Kilowattstunde (kWh).

Merz verteidigt Entscheidung zur Stromsteuer-Senkung

Für die Stromsteuer-Entscheidung steht Kanzler Friedrich Merz (CDU) noch immer deutlich in der Kritik. Der CDU-Politiker verteidigte zuletzt die Stromsteuer-Senkung nur für Unternehmen und Industrie. „Von den möglichen 200 Euro pro Familie und Jahr, die möglich gewesen wären und wünschbar gewesen wären für die Entlastung bei den Energie- und Stromkosten, machen wir jetzt 150 Euro im Jahr möglich.“ Dies mache zehn Milliarden Euro aus.

Merz hat auch deutliche Impulse für mehr Wachstum durch die schwarz-rote Koalition herausgestellt. Mit dem Haushalt 2026 werde man den Grundstein für weitere erhebliche Investitionen im Land legen, sagte der CDU-Politiker in der Generaldebatte im Bundestag. „Damit hat die Bundesregierung die Wende in der Wirtschaftspolitik eingeleitet.“ Merz rechtfertigte die dazu beschlossenen zusätzlichen Schuldenaufnahmen. Nichts zu tun und keine Investitionen zu ermöglichen, sei keine bessere Alternative. (bohy mit Material von Reuters)

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