Maschinenbauer eröffnet neue Zentrale in München: „Respekt zeigen für den Standort Deutschland“
Während andere Unternehmen Deutschland verlassen, plant der Werkzeugmaschinenbauer DMG Mori seine neue Europazentrale in München. Vorständin Irene Bader spricht über die Pläne des Konzerns.
München – Die deutsche Wirtschaft schwächelt und immer mehr Unternehmen verlassen – zumindest teilweise – Deutschland wie etwa Bayer, Miele oder Conti. Andere Firmen sehen dagegen ihre Zukunft in Deutschland, wie etwa der japanisch-deutsche Werkzeugmaschinenhersteller DMG Mori – der seine deutschen Wurzeln durch die Verschmelzung mit der Gildemeister AG hat.
Standort Deutschland: DMG Mori plant Europazentrale in München
Tatsächlich plant das Unternehmen sein europäisches Headquarter in München. Auf über 10.000 Quadratmetern nahe des Olympiaparks soll es ab 2026 mit 300 Arbeitsplätzen eröffnen. IPPEN.MEDIA hat mit Vorständin Irene Bader – die gebürtige Österreicherin ist die erste ausländische Frau im Vorstand – über die Pläne von DMG Mori gesprochen.

Frau Bader, können Sie Ihr neues Headquarter-Projekt in München kurz beschreiben?
Irene Bader: DMG Mori baut schon jetzt das Headquarter und die Headquarter-Funktionen in München auf. Seit Anfang dieses Jahres findet das in den bestehenden Räumlichkeiten in der Parkstadt Schwabing statt. Dafür haben wir noch seit April zusätzliche Büroflächen angemietet. Außerdem werden wir ein neues Gebäude bauen. Ich denke mal, dass im Sommer die Bagger losrollen und wir das neue europäische Headquarter in zweieinhalb Jahren bezugsfertig haben. Dort werden dann einerseits die ganzen Zentral-Funktionen für Europa zusammenkommen, wie etwa die Personalverwaltung oder Finanzen. Aber es wird andererseits auch einen Showroom geben mit circa 1.500 Quadratmetern, wo wir unsere Produkte und Technologien darstellen, sowohl für unsere Kunden als auch für ein öffentliches Publikum. Denn wir wollen auch das Thema Werkzeugmaschine bzw. -technologie bekannter machen. Außerdem planen wir dort kulturelle Veranstaltungen.
Warum haben Sie sich eigentlich für München entschieden?

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Wir haben uns aus mehreren Gründen für München als Europa-Hauptsitz entschieden. Für uns ist die Stadt ein Zentralpunkt in Europa, der extrem gut erreichbar ist. Nicht nur für unsere Mitarbeitenden, sondern auch für die Kunden. München ist von fast von jeder Hauptstadt in Europa innerhalb von drei Stunden erreichbar. Auch von Japan oder USA ist der Standort München mit dem zentralen Flughafen sehr gut anzusteuern. Der zweite Grund ist: Der DMG Mori-Konzern hat weltweit 13.000 Mitarbeitende, davon circa 4000 in Deutschland. Unser größtes Produktionswerk liegt dabei in Pfronten im Allgäu. Von München aus haben wir eine gute Erreichbarkeit nicht nur nach Pfronten, sondern auch von unseren anderen europäischen Standorten in Bergamo, in Tortona oder eben auch in Seebach oder in Bielefeld.
München liegt also in der Mitte?
Es ist in der Mitte, genau. Und was man auch noch dazu sagen muss, ist, dass ein Großteil unserer Kunden in Deutschland sich südlich von Frankfurt befindet. Auch international betrachtet ist München gut fürs Image, man denkt bei Deutschland eben meistens an Bayern und Lederhosen.
Was erhoffen Sie sich noch vom Standort in München?
Aktuell haben wir keinen Europa-Hauptsitz, deshalb ist es für uns wichtig, hier einen Zentralstandort zu schaffen, wo man sich trifft und beispielsweise mit internationalen Kollegen austauscht. Und mir ist persönlich auch wichtig, unsere Produkte und Technologien für ein größeres Publikum erlebbar zu machen, da wir uns mitten in einer Großstadt befinden und nicht wie die meisten Produktionswerke eher außerhalb der Stadt. Die Werkzeugmaschinenbranche ist nicht so bekannt, obwohl wir in unserem Alltag mit vielen Gegenständen zu tun haben, die irgendwo in der Produktionskette mal mit einer Werkzeugmaschine zu tun hatten. Wir hoffen, dass wir damit die Jugend für die Technologie begeistern und auch mehr Kooperationen erreichen.

Was haben Sie denn da konkret geplant?
Wir möchten jungen Leuten nicht nur die Möglichkeit geben, bei uns zu forschen und ihre Bachelor- oder Masterarbeiten zu schreiben, sondern streben auch mehr Kooperationen mit Universitäten an, zum Beispiel mit unseren Maschinen. Außerdem würde ich gerne Schulen zu uns einladen. Ich möchte unsere Technologie erlebbar machen und den jungen Menschen zeigen: Was ist eine Werkzeugmaschine und was macht man damit?
Was passiert aber mit dem Standort in Bielefeld? Dort lässt sich in einigen Medienberichten lesen, dass die Mitarbeiter dort Sorge haben, dass der Standort geschwächt wird, sie umziehen müssen.
Ich denke, das ist mehr die Sorge der Presse und weniger die der Mitarbeiter, weil bei unserem Produktionswerk in Bielefeld alles so bleibt, wie es ist. Auch der Sitz unserer Tochter DMG Mori AG bleibt in Bielefeld. Es wird kein Mitarbeiter gezwungen, aus Bielefeld nach München zu ziehen und es gibt auch keine Entlassungen. Wir werden aber sicherlich bei Neueinstellungen mit europäischen Funktionen in der Zukunft München als Standort angeben.
Manche Unternehmen haben vor kurzem Deutschland ganz verlassen – Sie haben sich bewusst entschieden, zu bleiben. Warum?
Ein Drittel unserer Mitarbeiter arbeitet in Deutschland, wir haben hier mit Bielefeld und Pfronten wichtige Produktionswerke, deshalb ist uns vor allem mit Blick auf die Kolleginnen und Kollegen wichtig, dass wir den Standort auch stärken wollen. Der zweite Grund erschließt sich aus unserer Historie: Wir sind ja unter anderem aus dem Zusammenschluss von Deckel-Maho-Gildemeister (DMG), und damit drei deutschen Produktionsfirmen im Maschinenbau, und dem japanischen Konzern MORI entstanden. Für uns ist es deshalb einfach wichtig, Respekt zu zeigen für den Standort Deutschland. Wir haben uns als Konzern nicht nur aufgrund der Internationalität weiterentwickelt, wir haben einen großen Teil auch Deutschland zu verdanken. Und deshalb war es für uns ganz klar, den europäischen Hauptsitz hier in Deutschland und insbesondere in München zu bauen.
Kritiker sagen ja wegen des vermehrten Wegzugs von Firmen, dass eine „Deindustrialisierung“ in Deutschland stattfindet. Sehen Sie das auch so?
Ich sehe das nicht so und finde es jetzt sehr wichtig, ein Zeichen zu setzen als Wirtschaftsunternehmen, weil Deutschland einen guten Ruf im Ausland hat und den gehört es auch zu bewahren. Deutschland ist ein guter Standort und auch gut für die Industrie. Wir haben tolle Kunden hier und wir arbeiten mit tollen Unternehmen zusammen. Es ist ganz wichtig, dass man auch positiv darüber spricht und nicht immer alles gleich ins Negative zieht. Klar gibt es bei dem einen oder anderen Thema vielleicht mal Diskussionsbedarf, aber ganz ehrlich, den gibt es in anderen Ländern auch.
Was kann die Politik tun, um mehr Unternehmen zu halten oder anzulocken?
Das ist immer ein Zusammenspiel. Ich finde es falsch zu sagen, daran ist jetzt nur die Politik schuld oder nur die Wirtschaft. Ich würde mir aber schon wünschen, dass bei Politik und Wirtschaft mehr zugehört wird und Lösungen erarbeitet werden, wie man auch kleine mittelständische Unternehmen entsprechend unterstützen kann. Dass man sich vielleicht in der Politik fragt: Wo kann man Bürokratien abbauen, um es auch kleinen Unternehmen möglich zu machen, damit sie sich auf die Kernkompetenzen wie etwa Produzieren, Gestalten oder Innovieren konzentrieren können.