Erfolgsmodell: Immer mehr Sozialpädagogen arbeiten an Schulen
Fast flächendeckend haben junge Leute die Chance, an ihrer Schule in den Genuss von Jugendsozialarbeit zu kommen. Ihre Probleme sind vielschichtig - genau wie die Methoden, ihnen zu begegnen.
Vor 15 Jahren entstand die Jugendsozialarbeit an Schulen, seither wurde sie im Landkreis beständig ausgeweitet. Dass Sozialpädagogen direkt vor Ort in den Schulen als Ansprechpartner für Probleme aller Art dienen, gilt mittlerweile als „sehr erfolgreich“, wie Jugendamtsleiter Dietmar König sagt. So sei geplant, die Lücken im Netz der Jugendsozialarbeit (JAS) weiter zu schließen, auch wenn der Freistaat laut König nur einen „übersichtlichen Teil der Kosten“ erstattet.
So funktioniert die Arbeit
Vor Ort sind Sozialpädagogen an zahlreichen Grundschulen, an den vier Realschulen, an den Gymnasien und auch an der FOS in Bruck. Einige Grundschulen gerade im Westen seien zu klein, um den Förderrichtlinien zu entsprechen. Hier hofft König auf Änderungen. Insgesamt 50 Fachkräfte sind den Schulen im Landkreis als Sozialpädagogen unterwegs. Der Landkreis lässt sich das rund zwei Millionen Euro im Jahr kosten, hier ist die Förderung schon abgezogen.
Wie aber muss man sich die JAS konkret vorstellen? Das Angebot ist niederschwellig, kostenlos, freiwillig und die Arbeit der Pädagogen unterliegt der Schweigepflicht – auch gegenüber der Schule, wie Sabine König betont. Sie ist an der Realschule in Puchheim tätig und berichtet vor allem von Einzelfallhilfen.
Entlastung für Lehrer
Dabei geht es um Krisenintervention, um Hilfe bei Panikattacken, um den richtigen Umgang mit Gewaltbereitschaft, Depression bis hin zur Suizidalität. Sowohl Lehrer, Eltern als eben auch Schüler selbst können sich an die Sozialpädagogen wenden, wenn`s brennt. Dabei sollen die Fachkräfte auch Lehrer entlasten.
Wenn ein Kind etwa aufgrund einer Scheidung psychische Probleme hat und den Unterricht stört, könne die JAS dem begegnen, sodass der Lehrer seiner eigentlichen Aufgabe, dem Unterrichten, nachkommen kann, erzählt Rojda Sütcü-Topgider, die an der Kirchenschule in Germering arbeitet. Rollenspiele könnten beispielsweise helfen zu lernen, wie man Konflikte gewaltfrei löst.
Oftmals nutzen die Pädagogen kleine Spielzeug-Helfer, um ein Geschehen plastisch erfühlbar zu machen und bildhaft darzustellen. Anhang eines kleinen Feuerlöschers beispielsweise könnten Kinder anschauungsgemäß schnell herausfinden, ob sie in einem Konflikt eher diese Rolle innehatten oder die gegenteilige.
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Stolz auf Integrationscafé
Mit Stolz berichtet Rojda Sütcü-Topgider von einem Integrationscafé, das sie anbietet. Viele Teilnehmer aus verschiedenen Ländern kommen regelmäßig. „Mamas sind oft allein daheim und manchmal fehlen auch wegen der Sprachbarriere Anknüpfungspunkte.“ Hier helfe das Café - und die Mütter seien sehr dankbar dafür.
Als sehr hilfreich gilt bei den Pädagogen auch das so genannte Familienbrett. Es wird vor allem eingesetzt, wenn es in Patchwork-Familien Probleme gibt. Auf dem Brett kann man Geschwister, Halbgeschwister oder Stiefeltern in verschiedenen Entfernungen von einander aufstellen - und so können sich die Pädagogen wieder auf bildgebende Art sehr schnell an das Problem herantasten.
Geschützter Raum, keine Schule
Visualisierungen seien bei Kindern insgesamt sehr gut, sagt Sabine König. Weiteres Beispiel: Man setzt ein Kind mit geringem Selbstwertgefühl gleich mit einem Geldschein und lässt das Kind dessen Wert benennen. Dann tritt man auf diesem herum, zerknüllt ihn, kurz: malträtiert ihn auf vielfältige Ar. Danach fragt man das Kind erneut, was der Geldschein wert ist. Erkenntnis, hoffentlich auf sich übertragen: Genauso viel wie vorher.
Wichtig bei der Sozialarbeit an Schulen: es ist ein geschützter Raum, aber er ist eben keine Schule. Sie darf daher auch keine schulischen Aufgaben übernehmen - und wenn ein Schüler Hilfe sucht, erfährt die Schule davon nichts. Natürlich gibt es Sonderfälle, nämlich solche, wenn das Kindeswohl gefährdet ist. Dann muss eine speziell ausgebildete Eingreiftruppe (flapsig formuliert) aus dem Jugendamt übernehmen.
Zurzeit häufige Problemfelder: Ess-Störungen, Panik-Attacken, Vernachlässigungen und Selbst-Verletzungen. Wie häufig welche Probleme in zeitlicher Nähe auftreten, unterliege gewissen Strömungen, sagte Sabine König - je nachdem, was gerade auf TikTok in ist, wie es etwas scherzhaft, aber mit ernstem Hintergrund hieß.
Die Jammer-Tonne vom AWB
Unter den vielen Spielzeugen, Figuren oder Stofftieren und sonstigen kleinen bildgebenden Helfern, die die Pädagogen gerne benutzen, ist übrigens auch eine Mini-Tonne, die lustigerweise den Aufdruck AWB trägt, also vom Kreis-Abfallwirtschaftsbetrieb stammt. Wozu dient diese denn? Manchmal müssten Kinder halt auch jammern - und man müsse dann eben auch mal einfach Müll-Eimer sein, sagte Sabine König. Der Hinweis, dass jede Tonne mal voll sei, könne helfen, eine Veränderungsmotivation herzustellen.