„Sie haben es verbaselt“: Slomka grillt Merz-Minister und macht ihm einen milliardenschweren Vorwurf

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„Sie haben es verbaselt“: ZDF-Moderatorin grillt SPD-Minister und macht milliardenschweren Vorwurf

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Deutschland könnte aus einem EU-Topf Milliarden Euro für den Klimaschutz bekommen. Darüber gerät Marietta Slomka mit Umweltminister Carsten Schneider in Streit.

Mainz – Marietta Slomka hat sich in ihrer Karriere beim ZDF den Ruf erarbeitet, ihre Interviewpartner durchaus mal etwas härter anzufassen. Selbst so manchen Politiker brachte sie schon zumindest sprichwörtlich ins Schwitzen. Gerade wenn sich die zugeschalteten Gegenüber mit Plattitüden davonstehlen wollten, statt wirklich auf die Fragen einzugehen.

Im „heute journal“ vom Sonntag (6. Juli) durfte auch Carsten Schneider erleben, wie Slomka zuzupacken weiß, wenn ihr die Antworten zu allgemein oder zu weit weg von der Realität erscheinen. Und so wurde der Austausch zwischen dem Umweltminister und der ZDF-Journalistin kurzzeitig beinahe zu einem Streitgespräch, als sie ihn mit einem milliardenschweren Vorwurf konfrontierte.

Merz-Minister im Klima-Interview bei Slomka: Reiche wird als sein „Gegenpart“ betitelt

Aber zurück auf Anfang. Nachdem ein Einspieler einen Eindruck davon vermittelt hatte, wie weit Deutschland seinen Zielen bei der Wärme-, der Energie- und der Mobilitätswende hinterherhechelt, stellte Slomka direkt die Frage, ob das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 überhaupt noch realistisch sei. Davon zeigte sich der SPD-Politiker überzeugt und betonte: „Mit kluger Politik, keinen erratischen Politikwechseln, sondern Stetigkeit, Verlässlichkeit, Planbarkeit und Technologien ist das möglich.“

Verbaselt oder nicht? ZDF-Moderatorin Marietta Slomka und Umweltminister Carsten Schneider diskutieren über Deutschlands Klimaziele. © Screenshot ZDF

Es folgte eine kleine Stichelei von Slomka, die Wirtschaftsministerin Katherina Reiche nicht nur als „wichtige Partnerin“ für Schneider betitelte, sondern auch als seinen „Gegenpart“. Eine Anspielung auf die Pläne der CDU-Politikerin, die beim Kampf gegen den Klimawandel nichts überstürzen will und den Bau von Gaskraftwerken plant, die offenbar nicht auf Wasserstoff umrüstbar sein müssen.

Verpasst Deutschland Klima-Milliarden der EU? Frist für Sozialplan verstrichen

Schneider aber ging auf diesen Seitenhieb nicht ein, sondern zeigte sich – anders als Slomka – überzeugt davon, dass der Kohleausstieg vorangetrieben werde. Allein schon wegen der hohen Preise, gehe er davon aus. Und setze auf einen „sehr, sehr starken Anstieg Erneuerbarer…“.

Weiter kam der ehemalige Staatsminister und Ostbeauftragte nicht, denn dann verwies ihn Slomka darauf, dass auf dem Parteitag der SPD jüngst kaum über Klimaschutz gesprochen worden sei. Wenig später erwähnte sie „viele Enttäuschungen: kein Klimageld für die Bevölkerung, Stromsteuersenkung auch nur für bestimmte Bereiche“.

Ihre Ausführungen mündeten in der Frage: „Warum haben Sie denn nicht wenigstens die Frist für die Vorlage eines Klimasozialplans eingehalten, um immerhin die fünf Milliarden (Euro) aus Brüssel zu bekommen – zur Abfederung von sozialen Härten im Zuge des Klimaschutzes?“

Merz-Minister Schneider bei Slomka: „Es geht uns keinerlei Geld verloren“

Schneider aber wollte sich nicht aus der Reserve locken lassen und antwortete: „Ja, Sie sprechen ein ganz wichtiges Thema an. Der Klimasozialplan gehört für mich dazu…“ Doch so leicht ließ ihn Slomka nicht davonkommen. Stattdessen übte sie deutliche Kritik, indem sie ihm vorhielt: „Aber Sie haben jetzt gerade die Frist verpasst. Also, eigentlich haben Sie es verbaselt. Um es mal umgangssprachlich zu sagen.“

Das wiederum wollte Schneider nicht auf sich sitzen lassen und entgegnete etwas entrüstet: „Frau Slomka, habe ich nicht. Das gilt ab 2027.“ Weiter spielte er darauf an, dass die neue Bundesregierung um Kanzler Friedrich Merz erst seit wenigen Wochen im Amt ist und Prioritäten setzen müsse.

„Es geht uns keinerlei Geld verloren. Wir werden das jetzt zügigst umsetzen. Aber eine Regierungsbildung braucht Zeit, der Wahlkampf davor auch, waren keine Konzepte da“, versprach der 49-Jährige, der seit 1998 im Bundestag sitzt.

Carsten Schneider und Katherina Reiche im Gespräch
Gespräch unter vier Augen: Umweltminister Carsten Schneider hat in Wirtschaftsministerin Katherina Reiche laut Marietta Slomka eine „wichtige Partnerin“ und einen „Gegenpart“. © IMAGO / Jens Schicke

Streit zwischen Slomka und Schneider über Klimasozialplan: „Kein gesellschaftliches Spaltungsthema“

Weiter führte Schneider aus: „Mir ist das Soziale im Klimaschutz wichtig, es darf kein gesellschaftliches Spaltungsthema sein, sondern es muss auch für Menschen, die geringe Einkommen haben, möglich sein, sich umweltfreundlich und klimaneutral zu verhalten und dementsprechend auch geschützt zu werden.“

Damit war das Interview beendet. Aber sicher nicht, weil er Slomka nun komplett überzeugt hatte. Sondern, weil weitere Themen der Nachrichtensendung warteten.

Dass die Frist, einen Klimasozialplan bei der EU einzureichen, am 30. Juni ablief, hatte zuletzt Schlagzeilen gemacht. Denn die Regierung hatte diese eben nicht eingehalten.

Der Klima-Sozialfonds der EU

  • bis zu 65 Milliarden Euro Finanzhilfen für die Jahre 2026 bis 2032
  • soll einkommensschwachen Haushalten, finanziell schwächeren Kleinstunternehmen und finanziell schwächeren Verkehrsteilnehmern zu Gute kommen
  • wird finanziert durch Verkauf von Zertifikaten für CO2-Emissionen
  • mit Geld soll Energieeffizienz von Gebäuden gesteigert, ihre Renovierung vorangebracht und Heizen und Kühlen dekarbonisiert werden
  • mit Geld sollen auch emissionsfreie bzw. emissionsarme Mobilität und entsprechende Verkehrsmittel gefördert werden
  • möglich sind auch Maßnahmen zur befristeten und begrenzten direkten Einkommensunterstützung

Deutschland und der Klima-Sozialfonds der EU: Es geht um mehr als sieben Milliarden Euro

Das Umweltministerium teilte dazu aber bereits mit: „Die meisten Mitgliedsstaaten werden, so wie wir, mehr Zeit brauchen – unter anderem, um sich mit Umwelt-, Sozial- und Verbraucherschutzverbänden abzustimmen.“ Noch in diesem Jahr sollen die Pläne vorgelegt werden.

Zu beachten sei: „Vermutungen, Deutschland würde durch die Verzögerung Mittel verlieren, entbehren jeder Grundlage. Deutschland wird in den kommenden Jahren vollumfänglich über EU-Fördermittel in Höhe von 5,3 Milliarden Euro verfügen können.“ Geplant sei, die Finanzmittel zunächst vorzustrecken und sie im Anschluss von der EU zurückzubekommen.

Insgesamt umfasst der europäische Klima-Sozialfonds 65 Milliarden Euro im Zeitraum von 2026 bis 2032. Deutschland stehen davon acht Prozent zu. Hinzu kommen demnach 1,77 Milliarden Euro nationale Kofinanzierung, so dass die Bundesrepublik über sieben Jahre rund 7,1 Milliarden Euro zur Verfügung habe. (mg)

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