Das Fassl läuft über: Bauernobmann Solleder sauer auf Regierung nach Steuerbeschlüssen
Steuerkeule aus Berlin: Bauernobmann Klaus Solleder befürchtet negative Folgen durch die Abschaffung des grünen Kennzeichens und dem Ende der Diesel-Rückvergütung.
Garmisch-Partenkirchen – Klaus Solleder kann nur den Kopf schütteln. „Es ist jetzt einfach zu viel, was man uns zumutet“, sagt der Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands. Selbstredend zielt er auf die Beschlüsse der Bundesregierung ab, die für die Landwirte in Deutschland einige neue Einschnitte mit sich bringen: die Abschaffung der Rückvergütung für den Dieselkraftstoff (Bauern erhalten 21 von 47 Cent Steuern pro Liter zurück), zudem das Streichen der Kfz-Steuer-Befreiung für landwirtschaftliche Fahrzeuge über das grüne Kennzeichen. „Das ist jetzt wirklich ein Tropfen, der das Fassl zum Überlaufen bringt.“
Wie aufgebracht die Branche deutschlandweit ist, dafür sei die Großdemo in Berlin gestern ein Beispiel gewesen, sagt Solleder: „Wir haben uns am Freitag erst in einer Videokonferenz besprochen, und drei Tage später stehen 10 000 Bauern mit 3000 Traktoren am Brandenburger Tor.“ Will so viel heißen wie: Den Landwirten brennt’s unter den Nägeln. Auch aus der Region machte sich ein Bus mit 50 Demonstranten auf den Weg, einzelne setzten sich zudem in den Zug und nahmen die Strecke bis in die Bundeshauptstadt auf sich.
Einschränkungen tun auch den kleinen Landwirtschaften weh
Auch wenn die Landwirtschaft zwischen Staffelsee und Karwendel ein wenig anders aufgestellt ist, sich nicht ein Großbetrieb an den anderen reiht, so haben die Entscheidungen der Ampel-Regierungen sehr wohl Auswirkungen auf die kleinbäuerlichen Strukturen im Werdenfelser Land und darüber hinaus. „Gerade für die vielen kleinen Landwirte mit ein paar Schafen, Ziegen oder Kühen könnte das ein Problem werden“, sagt der Obmann. Wenn die jetzt noch den kleinen Anreiz der Steuerfreiheit für ihre Gefährte verlieren, „dann hören vielleicht noch ein paar mehr auf“. Rund 500 Euro seien künftig wohl für einen mittelgroßen Traktor fällig, zirka 300 für einen Anhänger. Schätzungen bisher, genaue Angaben haben die Zulassungsstellen nicht. Letztlich droht ein ähnliches Szenario wie beim angedachten Verbot der Kombi-Haltung beim Vieh. Kommt dieser Einschnitt, könnten viele Bauern in der Region das Handtuch werfen, dann werden Flächen nicht mehr bewirtschaftet und gepflegt. „Irgendwann hat das dann auch Auswirkungen auf den Tourismus.“
Solleder ist wohl bewusst, dass viele Menschen oftmals kein Verständnis für die Klagen der Landwirte haben. „Aber es sieht halt keiner, was wir Bauern neben unserer eigentlichen Arbeit sonst noch alles tun.“ Zum Beispiel im Notfall: Er verwiest auf die zahlreichen Wetterkatastrophen der vergangenen Jahre. „Wer fährt nach einem Hochwasser als Erster wieder raus: der Bauer mit seinem Bulldog. Wer hat 2019 bei der Schneekatastrophe in den Dörfern geholfen: die Bauern mit ihren Bulldogs. Unentgeltlich.“ Auch beim Hagelunwetter in Bad Bayersoien hätten junge Landwirte sofort angepackt, beim Decken von Dächern unterstützt, das Heu fürs Vieh mit Traktoren teilweise von Mittenwald und Eschenlohe ins Ammertal gebracht.

Im Grunde genommen ergeht es den Bauern derzeit wie der Gastronomie, die die Abschaffung des niedrigen Mehrwertsteuersatzes bemängelt. „Nur haben wir im Gegensatz dazu noch ein größeres Problem: Wir können die Mehrbelastung nicht einfach weitergeben“, moniert der Unterammergauer. Denn bei den Preisen sind die Landwirte von ihren Abnehmern abhängig. „Wir bekommen am End’ vielleicht sogar noch weniger, wenn dort die Kosten steigen.“
Solleder versteht nicht, dass es die Regierung nicht fertigbringt, an anderen Stellen zu sparen. „Warum wird bei einem der höchsten Güter angesetzt, bei der eigenen Lebensmittelproduktion?“ Man verlange von den Landwirten, dass sie so billig wie möglich produzieren, im Gegensatz würden alle Vergünstigungen gestrichen. Eine Botschaft aus Berlin transportiert der Verbandsvertreter gerne weiter: Ändern die Ampel-Politiker nicht ihren Kurs, „dann soll Deutschland im Januar lahmgelegt werden“. Nur so könne sich die Branche wehren.