Deutscher Strompreis weltweit fast am teuersten – doch die Merz-Regierung will ihn doch nicht senken

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Deutschland ist bei den Strompreisen ganz vorn dabei. Nur in wenigen Ländern ist der Strom noch teurer. Die Regierung hat bereits im Koalitionsvertrag Erleichterungen versprochen – doch das Projekt wackelt.

München – Der Streit um die Senkung der Stromsteuer in Deutschland ist entfacht – obwohl die Reduzierung der Energiepreise ein zentrales Wahlversprechen war und auch im Koalitionsvertrag festgeschrieben wurde, wird eine günstigere Stromsteuer jetzt wohl nur für Industrie und Landwirtschaft kommen. Dabei sollte diese, nach den Vereinbarungen im Koalitionsvertrag, für alle Verbraucher und Unternehmen auf das europäische Mindestmaß gesenkt werden.

Hochpreisland Deutschland - Strompreise gehören zur Weltspitze

Die Strompreise in Deutschland sind mit die teuersten auf der Welt. Eine aktuelle Analyse des Vergleichsportals Verivox mit Daten des Energiedienstes Global Petrol Prices zeigt, dass nur drei weitere EU-Länder und eine Inselgruppe im Atlantik noch höhere Preise haben. In der Analyse, bei der 143 Länder verglichen wurden, liegt Deutschland mit durchschnittlich 38 Cent pro Kilowattstunde (kWh) im internationalen Ranking auf Platz fünf.

Zwei Strommasten in der Abenddämmerung.
Deutsche Strompreise sind Weltspitze. (Symbolfoto) © Nicolas Armer/ DPA

Noch teurer als in Deutschland ist der Strom nur im Inselstaat Bermuda, mit durchschnittlich 41,97 Eurocent, und in drei weiteren EU-Ländern. Die Inselgruppe Bermuda ist kaum in der Lage Strom zu importieren und muss diesen mit kleinen Diesel- und Gaskraftwerken selbst erzeugen. Auch in den EU-Ländern Belgien, Irland und Dänemark muss man mehr Geld für die Kilowattstunde Strom bezahlen als in Deutschland. Am billigsten war der Strom bislang im Iran - mit 0,35 Cent je kWh – gefolgt von Sudan und Äthiopien. Diese nominellen Strompreisvergleiche sind jedoch problematisch, da auch die Kaufkraft in den einzelnen Staaten sehr unterschiedlich ist.

Strompreise in Deutschland sind seit 2021 um 19 Prozent gestiegen

Im Jahr 2021 hat Deutschland, mit damals noch 31,80 Cent/kWh, die Weltrangliste der teuersten Stromländer noch angeführt. Bis heute ist der Strompreis hierzulande dann nochmals um ganze 19 Prozent gestiegen. Der Anstieg auf diesem hohen Niveau ist allerdings im internationalen Vergleich unterdurchschnittlich. Nach der Verivox-Analyse stiegen die Strompreise der Vergleichsländer im selben Zeitraum um durchschnittlich 29 Prozent, bei den wichtigsten Industrie- und Schwellenländern der G20-Gruppe lag der Anstieg bei 26 Prozent. Kaufkraftbereinigt liegt Deutschland im weltweiten Vergleich auf Platz 22, allerdings ist bei den G20-Ländern nur in Italien der Strom noch teurer als hier.

Deutscher Strom - doppelt so teuer wie im weltweiten Durchschnitt

Mit rund 15 Cent je Kilowattstunde kostet der Strom im weltweiten Durchschnitt weniger als die Hälfte wie in Deutschland. Berücksichtigt man die Kaufkraftbereinigung, zahlen deutsche Verbraucher sogar 11 Prozent mehr pro kWh als in Dänemark, obwohl der nominale Preis günstiger ist. Das hohe Strompreisniveau zeigt sich besonders auch im Vergleich mit anderen Ländern, die vom Lebensstandard mit Deutschland vergleichbar sind - in den USA, Kanada, Norwegen und Finnland zahlen die Verbraucher höchstens halb so viel.

Strompreis in Deutschland wird durch Zusatzkosten in die Höhe getrieben

Auf den Strom entfallen in Deutschland hohe Netzentgelte, Umlagen und Steuern. Diese staatlich installierten Zusatzkosten summieren sich insgesamt auf fast ein Drittel des Strompreises. Zusätzlich wird der Preis auch durch den Stromgroßhandel getrieben, da hier der Preis in weiten Teilen durch die Gaswerke bestimmt wird, die die Stromproduktion übernehmen, wenn die erneuerbaren Energien nicht liefern. Die bereits hohen Gaspreise werden dabei zusätzlich noch durch die steigenden CO2-Abgaben belastet und treiben die Strompreise weiter nach oben.

Versprochene Entlastung beim Strompreis ist noch offen

Im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung ist eine Entlastung beim Strompreis von mindestens fünf Cent pro Kilowattstunde für Unternehmen und Haushalte festgeschrieben. Hierfür sollten Stromsteuer und Umlagen gesenkt und die Netzentgelte dauerhaft gedeckelt werden. Allerdings hat der neue SPD-Finanzminister Lars Klingbeil nun wohl doch andere Pläne. In seiner aktuellen Haushaltsplanung ist keine generelle Senkung der Stromsteuer vorgesehen - nur das produzierende Gewerbe soll von vergünstigten Steuern profitieren.

Handel, Handwerk, Dienstleister und auch die privaten Verbraucher sollen also dabei leer ausgehen. Die geplante Senkung der Stromsteuer für alle auf das europäische Mindestmaß wird vermutlich nicht kommen. Zur Begründung verwies das Finanzministerium auf Haushaltszwänge. Allerdings sollen die privaten Haushalte weiterhin durch eine Reduzierung der Gasspeicherumlage und der Netzentgelte entlastet werden. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU), der Handelsverband (HDI) und Verbraucherschützer sprechen bereits von einem Bruch des Koalitionsvertrages.

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