Stromausfall in Spanien – sind erneuerbare Energien eine Baustelle? „Lehren aus der grünen Ära“
Noch immer sind die Ursachen für den Stromausfall in Spanien nicht geklärt. Es gibt verschiedene Theorien. Auch die grüne Energie rückt in den Fokus.
Berlin – Der historische Stromausfall in Spanien hat massive Schäden angerichtet. Nach Angaben des Unternehmerverbandes CEOE wurden wirtschaftliche Schäden in Höhe von etwa 1,6 Milliarden Euro verursacht. Dies entspreche in etwa 0,1 Punkten des Bruttoinlandsprodukts (BIP), teilte der Verband auf Anfrage mit. Noch immer gibt es viele offene Fragen, was die Ursache des Stromausfalls war.
Stromausfall in Spanien – was wir über den Vorfall wissen
Der massive Blackout, bei dem laut Behörden plötzlich für fünf Sekunden 15 Gigawatt Stromerzeugung (60 Prozent des Konsums) aus dem Netz verschwanden, traf nach offiziellen Angaben nur das Festland, nicht aber zum Beispiel die Kanaren und Balearen. Nach regionalen Medienberichten hatten viele Menschen auf Mallorca zwar kurzzeitig Handyprobleme, das sei aber wohl eine Folge der Schwierigkeiten der spanischen Anbieter gewesen, hieß es.

Zur Beruhigung vieler schloss der spanische Netzbetreiber Red Eléctrica inzwischen nach gemeinsamen Untersuchungen mit dem Cyber-Sicherheitsinstitut Incibe und dem Nachrichtendienst CNI die Möglichkeit einer Cyberattacke aus. Der nationale Staatsgerichtshof in Madrid leitete trotzdem Justizermittlungen dazu ein.
Grund für Stromausfall in Spanien – zu viel erneuerbare Energie?
Inmitten der Spekulationen über die Ursache des Stromausfalls rückt vor allem eine Frage in den Vordergrund: hatten erneuerbare Energien etwas damit zu tun? Laut dem staatlichen Energiekonzern Red Eléctrica hat Photovoltaik derzeit eine Gesamtkapazität von über 32.000 Megawatt und hat auch die Kapazität der Windkraft überholt. „Solar-Photovoltaik repräsentiert rund 25 Prozent von Spaniens insgesamt installierter Energiekapazität“, erklärt Red Eléctrica in einer Pressemeldung Anfang Februar 2025. Für die Klimaziele ist das eine gute Nachricht, allerdings bringt das auch Nachteile mit sich. Ein Netz mit hohem Anteil erneuerbarer Energien ist laut dem Guardian schwieriger zu betreiben als eines, das mit fossilen Brennstoffen betrieben wird.
Wie sicher ist das Stromnetz in Spanien?
Im Gegensatz zu herkömmlichen fossilen Brennstoffen, die bei Bedarf zur Energieerzeugung verbrannt werden können, sind Solar- und Windenergie zudem von den Wetterbedingungen abhängig und schwanken im Tagesverlauf. In Zeiten, wenn viel erneuerbare Energie produziert wird, kann es laut dem Guardian zudem schwierig werden, die Netzfrequenz bei einem plötzlichen Stromausfall stabil zu halten. Eine erhebliche Frequenzschwankung kann dazu führen, dass Generatoren automatisch abgeschaltet werden, was zu einem Systemzusammenbruch führen kann.
Das liegt daran, dass das Netz ursprünglich für große Kohle-, Gas- und Atomkraftwerke konzipiert wurde. Diese Anlagen verfügen über rotierende Turbinen, die dazu beitragen, die Netzfrequenz bei etwa 50 Hz zu halten. Wind- und Solarparks erzeugen keine Trägheit im Netz.
Stromausfall in Spanien – was das Netz so angreifbar macht: „Lehre aus der grünen Ära“
Die Internationale Energieagentur (IEA) weist auf ein weiteres Problemfeld hin: Im Gegensatz zu anderen Gütern wie Kohle, Öl und Erdgas ist der Handel und Transport von Strom zwischen Ländern relativ eingeschränkt. Er erfordere eine direkte, grenzüberschreitende Interkonnektivität.
Spanien und Portugal bilden faktisch ein gemeinsames Netzgebiet, das jedoch weitgehend isoliert ist vom restlichen Europa. Es gibt nur vergleichsweise wenige Stromleitungen zu Nachbarländern. Zwar ist Spanien über Stromtrassen mit Frankreich verbunden, allerdings haben diese längst nicht dieselbe Kapazität wie beispielsweise die Verbindungen zwischen Deutschland und seinen Nachbarn. Portugal wiederum ist auf Spanien angewiesen. Deutschland etwa kann, wenn die erneuerbaren Energieträger im Norden zu viel Strom produzieren, die Ungleichheiten in Kooperation mit den Nachbarländern abbauen.
Nach dem Vorfall in Spanien werden daher Forderungen lauter, Maßnahmen zu ergreifen. Laut dem Kolumnisten Javier Blas von Bloomberg kommt es künftig auf den richtigen Strommix an, um „Lehren aus dem ersten Stromausfall der grünen Ära“ zu ziehen. Es seien Investitionen in zusätzliche Gaskraftwerke als Backup und die Aufrechterhaltung der Netzverfügbarkeit erforderlich. Behörden müssten sich ebenfalls darauf konzentrieren, wie die wachsende Produktion erneuerbarer Energien besser in das Netz integriert werden kann.
Sorge nach Stromausfall in Spanien – „Könnte überall passieren“
Größere Stromausfälle sind grundsätzlich häufig auf Faktoren zurückzuführen, die schwer kontrollierbar sind. Auch Wetterbedingungen und Naturkatastrophen können die Stabilität der kritischen Infrastruktur beschädigen und wichtige Anlagen wie Umspannwerke und Stromleitungen treffen. Professor Jianzhong Wu, Leiter der Fakultät für Ingenieurwissenschaften der Cardiff University, sagte dem Guardian, Stromausfälle könnten „überall passieren“.
Rund 24 Stunden nach dem Blackout hatten fast alle Menschen in Spanien und Portugal wieder Strom. Das Internet, die Telefone und auch die Ampeln funktionierten nach dem Totalausfall wieder weitgehend problemlos. (bohy)