Kommunen warnen: Grundsteuer soll teilweise auch 2024 steigen - „Eine Sauerei“

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Den Kommunen fehlt Geld in der Kasse. 2023 haben viele den Verlust durch höhere Grundsteuern ausgeglichen. 2024 könnten wieder höhere Kosten auf Eigentümer – und Mieter – zukommen.

München – Der Finanzierungsbericht des Vorjahres lässt es eigentlich nicht vermuten: Doch die deutschen Kommunen stecken in einer finanziellen Schieflage. Laut den Zahlen des Statistischen Bundesamts erzielten die Gemeinden und Gemeindeverbände in Deutschland 2022 einen Überschuss von knapp 2,6 Milliarden Euro. Doch für das kommende Jahr sind vielerorts Erhöhungen von Gebühren und Steuern vorgesehen, damit die Kommunen handlungsfähig bleiben. Betroffen ist wohl vor allem die Grundsteuer.

Kommunen müssen Steuern wegen Unterfinanzierung erhöhen

„Teilweise können die Haushalte selbst bei einem strengen Sparkurs nicht mehr ausgeglichen werden“, sagt Gerd Landsberg dem Handelsblatt. „Hohe Ausgaben für Energie, außerordentliche Tarifsteigerungen und vor allem immer neue, teure Aufgaben durch die Bundes-, Landes- oder Europapolitik haben zu einer dramatischen Schieflage der Kommunalfinanzen geführt“, erklärt der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds weiter.

Reinhard Sager, Präsident des Deutschen Landkreistages, kommt im Gespräch mit dem Handelsblatt zu einem eindeutigen Urteil. „Die Kommunen sind im Grunde schon in Normalzeiten unterfinanziert.“ Den kommunalen Haushalten fehle die Widerstandsfähigkeit. Die Folge der Entwicklung ist, dass sich die Kommunen immer seltener freiwillige Ausgaben wie die Förderung von Kultur-, Tourismus und Wirtschaft leisten könnten.

Wie die Deutsche Industrie- und Handelskammer in einer Umfrage ermittelt hat, haben 2023 viele größere Gemeinden den Hebesatz für die Grundsteuer angehoben. Dabei handelt es sich um einen Faktor zur Festsetzung der Steuerbelastung. Der ist in jeder siebten Gemeinde mit mindestens 20.000 Einwohnern gestiegen. Laut Informationen von Bild beträgt das Plus teilweise mehr als 50 Prozent.

Letzte Erhöhung vor Reform der Grundsteuer

Kai Wernecke, Präsident von Haus & Grund Deutschland, dem Zentralverband der Deutschen Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer, findet im Gespräch mit Bild deutliche Worte: „Eine Sauerei. Die Mehrbelastungen für Haushalte können bei Hunderten Euro liegen.“

In dem Artikel wird der Verdacht geäußert, dass die Kommunen die aktuelle Situation ausnützen würden. Denn ab 1. Januar 2025 soll die Grundsteuerreform greifen. Dann darf die Grundsteuer nicht mehr so einfach erhöht werden. Doch ob die Reform überhaupt verfassungskonform ist, steht aktuell noch nicht fest.

Dokument Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts mit Häuschen
Die Grundsteuer ist 2023 in vielen Kommunen spürbar gestiegen. © IMAGO/Steidi

Die Grundsteuer ist ein Schwergewicht im kommunalen Haushalt. Sie macht im Schnitt rund zwölf Prozent der Steuereinnahmen aus und kann letztendlich jeden treffen. Sie muss zwar in erster Linie nur von Grundstücks- und Immobilienbesitzern gezahlt werden. Doch die haben die Möglichkeit, den Betrag auf ihre Mieter umzulegen. Warnecke prognostiziert, dass in den nächsten Jahren jeder zehnte Haushalt von der höheren Grundsteuer getroffen werde.

Großes Defizit zwingt Gemeinden zu Gebührenerhöhung

Eine höhere Steuerbelastung ist nur ein Ansatzpunkt, um die Gemeindekassen auszugleichen. „Wegen der hohen Inflation in der zurückliegenden Zeit und der allgemeinen Kostenentwicklung kann es auch zu Gebührenerhöhungen kommen“, sagt Landsberg dem Handelsblatt. Es kann also gut sein, dass auch die Kosten für die Abfall- und Abwasserbeseitigung steigen. Dabei handelt es sich ebenfalls um Kosten, die einen Großteil der Bevölkerung treffen. Aber auch auf die Parkgebühren im öffentlichen Raum und die Beiträge für städtische Kindertagesstätten können sich erhöhte Kommunalabgaben auswirken.

Höhere Sozial- und Personalausgaben im Zuge der Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst haben 2023 ein großes Loch in die Kassen der Kommunen gerissen. Wie das Statistische Bundesamt zusammengestellt hat, betrug zur Jahresmitte das Defizit der Gemeinden und Gemeindeverbände aus den deutschen Flächenländern 7,3 Milliarden Euro. Auch im Vorjahr stand Ende Juni ein Minus. Der Fehlbetrag war mit 1,6 Milliarden Euro allerdings erheblich kleiner.

Kommunen werden ihren Aufgaben nicht mehr gerecht

Die leeren Kassen zwingen die Kommunen zum Teil dazu, geplante Investitionen mindestens zu kürzen, wenn nicht sogar zu verschieben, was laut Landsberg dramatisch ist. „Das ist fatal, denn wir erleben bereits heute, dass die wichtigen Infrastrukturen in einem schlechten Zustand sind. Schon heute haben wir einen dramatischen Investitionsstau von fast 170 Milliarden Euro auf der kommunalen Ebene“, sagt er.

Landsberg sieht eine aufklaffende Lücke: „Die Bürgerinnen und Bürger wollen eine bessere Daseinsvorsorge, mehr Busse und Bahnen, die zuverlässig fahren, sowie Schwimmbäder und Sporteinrichtungen. Wer die Spaltungstendenzen in unserer Gesellschaft überwinden will, muss in den Kommunen ansetzen, denn dort erleben die Menschen unseren Staat.“

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