„Eiskalt geplante Hinrichtung“: Für Luise-Mörderinnen wird es vor Gericht ernst
Luise wurde nur zwölf Jahre alt. Am 11. März 2023 lockten zwei Mitschülerinnen das Mädchen in ein Waldstück in Freudenberg.
Zunächst versuchten die zwölf- und 13-jährigen Täterinnen die arglose Freundin mit einer Plastiktüte zu ersticken. Als dies misslang, griff die jüngere Angreiferin zu einer Nagelfeile und stach immer wieder zu, während ihre ältere Komplizin das Opfer festhielt.
Fall Luise aus Freudenberg: Mädchenstreit endet in unfassbarem Mord
Insgesamt 74 Stiche stellte die Rechtsmedizin in Mainz fest. Nach dem Angriff warfen die beiden Täterinnen Luise vom Radweg eine Böschung hinunter. Dort verblutete das Mädchen. Offenbar fiel Luise einem Racheakt zum Opfer. Ein banaler Streit, ein Zickenkrieg über Einträge im Internet, mündete in einem schwer fassbares Mordszenario.
Die Trauereinträge im Internet ebben auch zwei Jahre nach der Tat nicht ab. „Liebe Luise, so still und so verloren gingst du fort. Das Schlimmste, dass niemand dir helfen konnte, du so hilflos warst, diesen Kampf nicht gewinnen konntest. Es tut einem so weh, wie deine Familie leiden muss“, heißt es da.
Da sich die Täterinnen zum Zeitpunkt des Mordes im strafunmündigen Kindesalter befanden, blieb eine Anklage aus. Dennoch folgt auf das Verbrechen nun ein juristisches Nachspiel. Die Eltern der getöteten Gesamtschülerin sowie eine weitere Verwandte haben die beiden Angreiferinnen beim Landgericht Koblenz auf Zahlung von Schmerzens- und Hinterbliebenengeld zivilrechtlich verklagt.
Demnach hat der Anwalt der Kläger den Ausgleich auf mindestens 50.000 Euro veranschlagt, über die tatsächliche Höhe müsse die zuständige Zivilkammer entscheiden, hieß es. Während die ältere Täterin dem Begehren nicht entgegentrat, hat die jüngere über ihren Rechtsbeistand beantragt, die Klage abzuweisen. Demnach liegt der Streitwert bei 162.000 Euro plus die Aufwendungen für die Beerdigung in der Höhe von knapp 10.000 Euro.
Zivilprozess gegen Luises Mörderinnen
Am 24. Juli beginnt der Prozess vor der 1. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz mit einem Gütetermin. Eine der Täterinnen hat nach Angaben eines Gerichtssprechers eingeräumt, mit ihrer jüngeren Komplizin „an der Tötung von Luise im Sinne einer Mittäterschaft beteiligt gewesen zu sein. Bestritten wird unter anderem die von den Klägern vorgetragene Dauer des Leidens von Luise. Zudem werden vom Vortrag der Kläger abweichende Rechtsauffassungen bezüglich der Höhe eines angemessenen Schmerzens- und Hinterbliebenengeldes geäußert.“
Sollten sich beide Parteien beim Gütetermin nicht einigen, folgen die Anhörungen der beiden Täterinnen – und zwar über eine Videoschalte. Eine Justizsprecherin hat für diesen Fall bereits in Aussicht gestellt, dass die Öffentlichkeit ausgeschlossen wird. Auch scheint es unwahrscheinlich, dass bereits am kommenden Donnerstag ein Urteil erfolgt.
Nach dem Mord hatten sich Staatsanwaltschaft und Polizei mit dem Hinweis auf das Kindesalter der Täterinnen mit Details zur tödlichen Attacke und dem Motiv zurückgehalten. Ein Zivilprozess könnte nun näheren Aufschluss zu den Beweggründen der Mörderinnen liefern.
Im Gegensatz zum Strafrecht erlaubt das Bürgerliche Gesetzbuch Kinder spätestens ab dem siebten Lebensjahr zu verklagen. Und so macht der Anwalt der Familie Luises eine Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion geltend.
„Eiskalt geplante Hinrichtung“: Zivilklage soll Gerechtigkeit schaffen
„Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, dass keine strafrechtliche Ahndung der Beklagten erfolgt ist“, heißt es in der Klageschrift. „Die Genugtuungsfunktion muss hier erst recht Berücksichtigung finden.“
Ferner spricht der Jurist von einer „eiskalt geplanten Hinrichtung“. Nach FOCUS-online-Informationen sollen sich die Angreiferinnen im Vorfeld im Internet über die Altersgrenze erkundigt haben, für die eine Straffreiheit auch bei schwersten Verbrechen gilt. In Deutschland müssen Straftäter erst ab 14 Jahren auf die Anklagebank.
Nach wie vor befinden sich beide Täterinnen in der Obhut des Jugendamtes. Beide leben nicht mehr in Freudenberg. Die Schülerinnen werden psychiatrisch betreut. Die Eltern halten engen Kontakt zu ihren Töchtern.
Ein Schuldspruch gegen die Kinder hat nur eingeschränkte rechtliche Folgen. „Die Eltern sind rechtlich grundsätzlich nicht verpflichtet, die Schulden ihrer Kinder zu übernehmen“, heißt es in einer Pressemitteilung des Landgerichts. Zudem müsse auch geklärt werden, ob die Täterinnen über die nötige Verantwortungsreife zum Zeitpunkt der tödlichen Attacke verfügten. „Dies bleibt der Entscheidung durch das zuständige Gericht vorbehalten“, so die weiteren Ausführungen.