Nicht überall ist der Abschwung zu spüren: Ranking offenbart Wirtschaftswachstum in diesen Regionen
Eine IW-Studie zeigt, wie sich die Regionen in Deutschland wirtschaftlich entwickeln – und wie grüner Strom für einen wirtschaftlichen Aufschwung auf dem Land sorgen kann.
Köln – Die Energiewende hat das Potenzial, Provinzen in florierende Wirtschaftsstandorte zu verwandeln. Denn wie eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln zeigt, ist der Zugang zu erneuerbaren Energien künftig ein echter Standortvorteil. Doch nicht nur der grüne Strom entscheidet, ob eine Region sich gut entwickelt. „Fachkräfte, Ökostrom und vorhandene Industrie- und Gewerbeflächen können für die Entwicklung einer Region entscheidend sein“, hieß es seitens des Studienautoren, Hanno Kempermann.
Tabelle zeigt das Wirtschaftsranking: Das sind die Aufsteiger in Deutschland
Für das IW-Regionalranking 2024, das dem Magazin Spiegel vorab vorlag, wurden 400 Landkreise und kreisfreie Städte in Deutschland auf ihre wirtschaftliche Entwicklung untersucht. Die Forscherinnen und Forscher haben zu ihrer Bewertung 14 Indikatoren aus Wirtschaftsstruktur, Arbeitsmarkt und Lebensqualität hinzugezogen. Mitunter fielen darunter auch gemeindliche Steuerkraft, Alterung, Ärztedichte, den Anteil hoch qualifizierter Beschäftigter, Kriminalitätsraten, private Überschuldung, Frauenerwerbstätigkeit oder Zu- und Abwanderung.
Das Ranking teilt bei seiner Bewertung die Regionen und Städte in vier Gruppen ein:
Gruppe | Gesamtniveau | Dynamik | Anzahl der Regionen | Regionen |
---|---|---|---|---|
Outperformer | stark | stark | 94 | Heidelberg, Düsseldorf |
Aufsteiger | schwach | stark | 91 | Mannheim, Wuppertal, Lübeck |
Absteiger | stark | schwach | 101 | Rems-Mur-Kreis, Rheingau-Taunus-Kreis |
Underperformer | schwach | schwach | 114 | Landkreis Alzey-Worms, Kreis Recklinghausen |
Quelle: Tagesschau.de
Stärkstes Niveau in Süddeutschland: Biontech verhilft Mainz zu Top-Rankings
Wie auch in den vergangenen Rankings, die alle zwei Jahre erstellt werden, geht der Süden Deutschlands als treibende Wirtschaftskraft hervor. Insbesondere urbane Gegenden weisen der Untersuchung nach hohe Standortqualität auf. So speziell der Raum München durch seine Industrieunternehmen und Forschungseinrichtungen oder Frankfurt am Main mit seinem staken Arbeitsmarkt und seiner leistungsfähigen Wirtschaft.
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Ist eine Stadt das zu Hause eines starken Unternehmens oder einer Einrichtung, so ergibt sich daraus eine Stärkung der Region. Beispielsweise hat sich die Stadt Mainz durch Biontech in die Liste der zehn stärksten Regionen hochgearbeitet - im Dynamikranking ist es auf Platz eins gelandet. Die 2020 noch mit 36 Millionen Euro verschuldete Kommune erlangte durch den Impfhersteller ein Milliardenplus in den Kassen.
Tesla, TSMC, Intel: Große Unternehmen verhelfen zu Wirtschaftswachstum
Derartige Aufstiege sind auch für einige Landekreise um die Metropole Berlin zu beobachten. Die Studie zeigt, dass die Nähe zur Stadt wegen seiner Infrastruktur die Landkreise Dahme-Spreewald sowie Oder-Spree mit dem Tesla-Werk in Grünheide zur wirtschaftlichen Stärkung verholfen hat. „Hier gibt es ein starkes Binnengefälle innerhalb der Kreise, je nachdem, wie weit man sich von Berlin entfernt“, so Studienautorin Vanessa Hünnemeyer zum Spiegel.

Der strukturschwache Osten könnte auf der anderen Seite durch das Entstehen der Intel- und TSMC-Fabriken eine ökonomische Belebung erfahren. 15 Milliarden Euro hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) den Chipherstellern zugesichert. Doch ob das Vorhaben sich am Ende lohnt, daran haben Experten ihre Zweifel. Der Internationale Währungsfonds (IWF) sieht in diesen Förderungen das Potenzial für Überkapazitäten, tiefgefrorene Strukturen und unwirtschaftlichen Fabriken, was dann zu baldigen Schließung führen könnte.
Dynamikranking 2024: Süddeutschland hinkt hinterher
Obwohl Süddeutschland noch immer - mit ein paar Einbußen in Sachen ökonomischer Stärke und Lebensqualität - auf den Top-Positionen landet, ist in Gebieten oberhalb von Bayern und Baden-Württemberg ein interessanter Trend zu beobachten. Denn dort dynamisieren sich Regionen zunehmend: Städte und Gemeinden senken Gewerbesteuersätze für Industrie und beschleunigen damit einen Strukturwandel.
Nicht nur die Biontech-Ortschaften Mainz und der Landkreis Birkenfeld, sondern auch Offenbach mit vielen Unternehmensgründungen steigen 2024 in die ersten zehn Rängen der dynamisierten Regionen auf: „Die Stadt profitiert von der Nähe zu Frankfurt, die Immobilienpreise sind gestiegen“, kommentiert Hanno Kempermann die Entwicklung.
Bayern und Baden-Württemberg enttäuschen: Zeichen für schwache Wirtschaft allgemein
Leverkusen entpuppt sich der Analyse zufolge wegen gesenkter Gewerbesteuerhebesätze als Steuerparadies für Unternehmen, während die Stadt Hof in Bayern wegen ihres hohen Migrantenanteils mit potenziellen Arbeitskräften dem Fachkräftemangel entgegenwirken können. „Wer bereits auf einem unglaublich hohen Niveau ist, hat es deutlich schwieriger, sich zu steigern“, sagte Studienautor Johannes Ewald.
Eine enttäuschende Bilanz ziehen die Autoren indes für Bayern und Baden-Württemberg: „Überraschend dabei ist, dass der Süden bei den Rahmenbedingungen weiterhin nicht gut abschneidet, was sich auf das schlechte Wirtschaftswachstum in ganz Deutschland auswirkt“, gab Kempermann an.
Potenzial der Energiewende: Ländliche Regionen könnten industrialisiert werden
Ländliche Regionen bergen durch den Ausbau erneuerbarer Energien ein schlummerndes Potenzial. Mehr als 75 Prozent der Leitung aus Solar- und Windanlagen kommt demnach vom Land. Die Forscher nehmen an, dass der steigende Bedarf an Strom aus grünen Quellen in der Industrie dieses Potenzial freisetzen werde.
Zudem geht man davon aus, dass dies auch der Grund sei, warum der Süden in seiner Dynamik nicht die erhoffte Geschwindigkeit zeigt. Soll der positive Trend auf dem Land sich fortsetzen, müssten die Bürger sich für den Ausbau begeistern: „Auch durch Kompensationen oder Bürger-Energie-Genossenschaften“, so Autorin Hünnemeyer. Dies dürfte künftig auch zahlreiche Unternehmen anziehen.
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