Erstes Bundesland führt Ukrainisch als zweite Fremdsprache ein
Als erstes Bundesland will Hessen Ukrainisch an Schulen unterrichten. Insbesondere geflüchtete Schülerinnen und Schülern soll davon profitieren.
Wiesbaden – Der Botschafter der Ukraine in Deutschland spricht von einer „beispielgebenden Entscheidung“. Der Bildungsminister von einem bundesweit einmaligen Schritt: Hessen will im kommenden Schuljahr einen Schulversuch zu Ukrainisch als zweite Fremdsprache beginnen. Über das ganze Land verteilt sollen erste Schulen mit viel ukrainischen Schülerinnen und Schüler in die Erprobungsphase starten. Auch Jugendliche ohne ukrainischen Hintergrund könnten das Angebot wählen, teilte am Freitag in Wiesbaden Bildungsminister Armin Schwarz (CDU) mit.
An Schulen in Hessen soll Ukrainisch unterrichtet werden
Von der Neuerung verspricht sich die Landesregierung auch einen Vorteil im Wettbewerb um zukünftige Fachkräfte und bei der Gewinnung weiterer Lehrerinnen und Lehrer. Rund 20 000 mit ihren Familien vor dem Krieg in der Ukraine geflüchtete Schülerinnen und Schüler gebe es derzeit in Hessen, mehr als 300 Lehrkräfte von dort unterrichteten aktuell hier.

„Den vielen Jugendlichen und Lehrkräften aus der Ukraine möchten wir entsprechend ihren individuellen Begabungen damit noch stärkere Bildungs- und Berufsperspektiven bieten – auch für den Wiederaufbau ihres eigenen Landes – und zudem ein klares Zeichen der Verbundenheit in schwierigen Zeiten setzen“, sagte der Minister.
Ukrainischer Botschafter: Anerkennung als wichtige europäische Sprache
Für den Botschafter der Ukraine in Deutschland, Oleksii Makeiev, auch eine Anerkennung des Ukrainischen als wichtige europäische Sprache. „Dies wird der Entlastung unserer Schülerinnen und Schüler dienen, die derzeit in Hessen Schutz vorm russischen Krieg gefunden haben.“ Bei vielen älteren ukrainischen Jugendlichen habe die Flucht zum Abbruch ihres bisherigen Bildungsweges geführt. Neben Englisch, das als erste Fremdsprache in der Ukraine in der Regel ab der Grundschule gelehrt werde, müssten die Kinder in kürzester Zeit für den gesamten Unterricht Deutsch lernen.
„Als erforderliche zweite Fremdsprache für die gymnasiale Oberstufe käme allenfalls Russisch in Frage, was als Sprache des Kriegsgegners für die meisten keine Option ist.“ Ukrainisch als zweite Fremdsprache könne nun adäquate Bildungswege mit höher qualifizierten Abschlüssen ermöglichen. „Viele Fachkräfteberufe setzen zudem einen weiterführenden Schulabschluss voraus, für dessen Erwerb eine zweite Fremdsprache verlangt wird“, ergänzte der Botschafter.
Fremdsprachen in Hessen
Schülerinnen und Schüler in Hessen können derzeit die zehn meistgesprochenen Sprachen der Welt sowie alle Amtssprachen der Vereinten Nationen lernen. Ausnahme sind die südasiatischen Sprachen, die auf einen engen Sprachraum begrenzt sind, teilt das Kultusministerium mit.
Zur Wahl stehen als 1., 2. und/oder 3. Fremdsprache. Englisch (1./2. Fremdsprache), Französisch, Latein, Spanisch (1./2./3.), Italienisch, Russisch, Chinesisch, Polnisch, Arabisch, Portugiesisch (2./3.), Altgriechisch (3.).
Bei Polnisch greift der deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrag aus dem Jahr 1991. Darin haben sich beide Nationen unter anderen zur gegenseitig zur Pflege der jeweils anderen Sprache verpflichtet.
Zu Türkisch läuft derzeit ein Schulversuch, an dem sich bisher zwei Schulen in Kassel und Lollar beteiligen. Weitere Schulen können bei Bedarf und Interesse im kommenden Schuljahr dazukommen, so das Ministerium. Entscheidend für die Erprobung sei – wie auch bei allen anderen Fremdsprachen – die Anzahl der dauerhaft Interessierten sowie die Bereitschaft der Schule. jur
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Ukraine stellt den Angaben zufolge mit Abstand die größte Gruppe bei den Geflüchteten dar. Aus den zehn weiteren häufigsten Herkunftsländern zusammen gebe es nicht so viele Schülerinnen und Schüler, sagte Minister Schwarz. Er verspricht sich auch eine Entlastung für die Schulen. Die Erfahrung zeige, dass Lehrkräfte aus der Ukraine schnell in der Lage seien, in der deutschen Sprache unterrichten zu können. „Die könnten dann zusätzlich Fächer wie Deutsch als Zweitsprache, Physik, Chemie, Mathematik, Musik, Kunst oder Sport mit aktuell hohen Bedarfen abdecken“. (Jutta Rippegather)
Eine neue Studie zeigt alarmierende Ergebnisse beim Wechsel aufs Gymnasium in Hessen: Kinder aus sozial schwachen Verhältnissen wechseln seltener auf ein Gymnasium als in fast allen anderen Bundesländern.
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