Tragödie in den USA - Lotto-Gewinner versenken 26 Millionen: Wie Sie die größten Anlagefallen vermeiden

Wer auch nur ein „paar Milliönchen“ im Lotto gewinnt, muss nie wieder arbeiten, wenn er sich clever anstellt. Gemessen daran hatten US-Ehepaar Paul und Sue Rosenau sogar noch viel mehr Glück. Sie gewannen 2008 bei der legendären „Powerball“-Lotterie in den USA gleich die gigantische Summe von 59,6 Millionen Dollar, nach Abzug aller Steuern.

Das entspricht heute einer Kaufkraft von über 89 Millionen Dollar. Die Rosenaus wollten das Geld investieren. Daraus sollte sich, wie das „Wall Street Journal“ jüngst berichtete, eine regelrechte Tragödie entwickeln – aus der sich für Anleger mit großem wie kleinen Vermögen Lektionen ziehen lassen.

26,4 Millionen Dollar - für eine gemeinnützige Stiftung

Die Enkelin der Rosenaus war einige Jahre vor dem Gewinn an der seltenen Krankheit Morbus Krabbe gestorben. Daher wollte das Paar die Millionen in eine Stiftung übertragen, welche Forschung an dem Leiden finanzieren sollte.

26,4 Millionen Dollar übergaben die Rosenaus daher an einen Finanzberater aus ihrer Gegend, John Priebe. Damals arbeitete Priebe für eine Tochter des Konzerns Principal Financial Group, so das „WSJ“.

Der Finanz- und Versicherungsspezialist Principal sollte mit seinen derzeit fast 19.000 Mitarbeitern und einem Börsenwert von rund 20 Milliarden Dollar eigentlich eine sichere Adresse sein. Das dachten auch die Rosenaus damals.

Denn Priebe flog die Rosenaus direkt im Privatjet zur Konzernzentrale. Damals habe man mit „allen außer dem Hausmeister“ Hände geschüttelt, erzählte Paul Rosenau gegenüber dem „Wall Street Journal“. Principal-Mitarbeiter Priebe werde das Geld verwalten und für die Stiftung vermehren, hieß es zu diesem Zeitpunkt.

Vermögensverwalter kauft obskure Produkte - und kassiert happige Provisionen

Doch statt günstiger ETFs oder auch üblichen Investmentfonds steckte Priebe prompt 18,9 Millionen Dollar in sogenannte variable Annuitäten, wie Prozessaktien zeigen würden, so das „WSJ“. Priebe selbst kassierte dadurch Provision in Höhe von 1,2 Millionen Dollar.

Jährliche Kosten dieser Papiere, die am ehesten noch mit Kapitallebensversicherungen (mit festen oder variablen Auszahlungen später) vergleichbar sind, betrugen satte 2,0 Prozent – deutlich teurer als ETFs und andere Vermögensvehikel. Zusätzlich wurden Provisionen von bis zu 6,0 Prozent fällig.

Bis Ende 2011 sei so fast das gesamte Kapital der Stiftung in diese Papiere geflossen. Eine Frage des Paars an den Verwalter Priebe, wie hoch die Kosten seien, beantwortete dieser lapidar damit, „dass es bei diesem Produkt keine Kosten gebe“.

Schlimmer noch: Priebe schob das Geld weiter zwischen verschiedenen Annuitäten hin und her. Insgesamt summierten sich die Käufe, so das „WSJ“, auf 47 Millionen Dollar auf, mit Provisionen von rund 3,3 Millionen Dollar.

Mit einem simplen Börsendepot hätten die Rosenaus ihr Geld verdoppeln können

Annuitäten sind an sich keine unnützen Investments, wie das „WSJ“ klarstellt. Es gebe beispielsweise Steuervorteile. Doch eine gemeinnützige Stiftung, wie die der Rosenaus, ist ohnehin steuerbefreit. Zudem haussierten die Börsen in genau diesem Zeitraum.

Ende 2017 belief sich das Vermögen der Stiftung ungefähr auf dem Niveau wie sechs Jahre zuvor. Mit einem simplen 60/40-Portfolio aus Aktien und Bonds, schreibt das „Wall Street Journal“, hätten die Rosenaus die ursprüngliche Investmentsumme bestenfalls verdoppeln können.

2017 entzogen die Rosenaus das Kapital Priebe und seinem Arbeitgeber Principal. 2019 verlor Priebe dann seinen Job, und nahm sich 2020 das Leben, so das „WSJ“. Auch Sue Rosenau ist inzwischen verstorben, wenngleich Paul Rosenau nach einer langen rechtlichen Auseinandersetzung mit Principal Schadensersatz für die Stiftung von 7,3 Millionen Dollar zusteht.

Rosenau wäre es jedoch lieber gewesen, nie überhaupt in die Annuitäten investiert zu haben, und zeigt sich erstaunt, wie die Gebühren und Provisionen Priebes Handeln getrieben haben. „Warum nur würde man diesen armen Kindern, die nicht einmal ein oder zwei Jahre zu leben haben, Geld wegnehmen? Was ist nur falsch mit Leuten? Wann ist genug endlich genug?“, zeterte Rosenau gegenüber dem „WSJ“.

Immerhin konnte die Stiftung dennoch in die Forschung um Morbus Krabbe investieren. Und so traurig der Fall der Rosenaus ist: Ihre Geschichte birgt wertvolle Lektionen für alle, die eine größere Summe Geld investieren müssen.

Lektion Eins: Erstmal Geduld zeigen

Die erste Lektion scheint auf der Hand zu liegen. Wer überraschend an eine größere Summe Geld gelangt, denkt vielleicht erstmal an das Traumauto, welches man immer schon haben wollte, und erst danach daran, wie dieses Geld überhaupt angelegt und verwaltet werden soll.

Und genau hier kommt die Geduld ins Spiel. Bloß nicht zu vorschnellen Investments verleiten lassen, weder von der eigenen Nervosität, noch durch gut gemeinte Ratschläge. Wenn es ohnehin um mehrere Hunderttausend Euro geht, kann die Börse erstmal warten.

Lektion Zwei: Ziele definieren

Was die Rosenaus richtig gemacht haben: Sie wussten, was mit dem Geld passieren soll. Für dauerhaft sichere jährliche Ausgaben musste die Stiftung das Vermögen also nicht nur erhalten, sondern vermehren.

Je nachdem, wie hoch diese Ausgaben sein müssen, ergibt sich die nötige Rendite. In Kalkulationen von FOCUS online zeigte sich jüngst beispielsweise, dass für die durchschnittlichen Ausgaben eines Haushalts von 34.000 Euro im Jahr 1,4 Millionen Euro in Dividendenaktien investiert sein müssen, um diesen Betrag mit einer Netto-Rendite von 4,0 Prozent zu erzielen. Mit diesem Vermögen könnte man also theoretisch aufhören, zu arbeiten.

Auf ähnliche Weise lässt sich errechnen, welche Rendite für welches Ziel nötig ist – und entsprechend festlegen, welche Anlageformen es braucht. Denn wer nicht auf Aktien setzen will, kann sich Renditen (nach Inflation) von mehr als drei bis vier Prozent abschminken. Dabei gilt: Risiko und Rendite hängen untrennbar zusammen. Eine höhere Rendite geht immer mit einem höheren Risiko einher.

Lektion Drei: Wissen, was man kauft

Die dritte Lektion betrifft die Papiere, die man letztlich kauft. Hohe Renditen lassen sich mit vielen Vehikeln erreichen – aber soll es nun die Aktie oder doch die Hochzinsanleihe sein? Was ist der Unterschied zwischen einer Aktienanleihe und einer Wandelanleihe?

Diesen Fragen müssen sich Anleger stellen. Das gilt auch, wenn das Geld letztlich von jemand anderem, beispielsweise einem Vermögensverwalter, angelegt wird, um klare Grenzen für die Investments zu ziehen.

Im Falle der Rosenaus zeigte sich schnell, dass einzig auf die Expertise Priebes vertraut wurde, der sich mit jedem neuen Investment letztlich nur selbst bereicherte und zudem die denkbar ungünstigsten Papiere dafür auswählte. Ein Experte für Stiftungsvermögen sagte gegenüber dem „WSJ“, er habe „noch nie gehört, dass ein Nonprofit-Unternehmen für seine Investmentstrategie einzig auf variable Annuitäten setzt“.

Lektion Vier: Diversifizieren, diversifizieren, diversifizieren

Das führt letztlich zur finalen Lektion aus dem Fall der Rosenaus. Es kann schlicht nicht oft genug gesagt werden: Diversifikation ist Pflicht. Ein gesundes Portfolio mischt sich immer aus mehreren Anlageklassen. In jeder Anlageklasse sollte das Risiko zudem breiter gestreut werden, also mit mehreren Aktien, oder gleich mehreren ETFs.

Diversifikation kann sogar noch weiter gedacht werden. Indem beispielsweise das Vermögen unter mehreren Verwaltern aufgeteilt wird, die jeweils unterschiedliche Strategien verfolgen. Oder Teile des Kapitals immer als Liquiditätsreserve in Tagesgeldkonten gehalten werden, um nicht zum Verkauf von illiquiden Assets gezwungen zu sein. Solche Vorgehensweisen machen auch dann schon Sinn, wenn es nicht um Millionen, sondern um mehrere Zehntausend Euro geht.