"Erschreckend falsch": TUI fühlt sich von ZDF-Doku verunglimpft

Hohe Gagen für Falschaussagen? Effekthascherei statt Fakten? Tricks, um Urlaubern auf ihren Reisen das Geld aus der Tasche zu ziehen? Das Reiseunternehmen TUI wehrt sich gegen die jüngst ausgestrahlte ZDF-Doku mit dem Titel "Die Insider – Hinter den Kulissen des Reise-Giganten"

Der Film, in dem vier ehemalige Mitarbeiter des größten Reiseanbieters Europas zu den Tricks und Kniffen Auskunft geben, mit denen TUI angeblich ihre Kundschaft neppt, stelle zahlreiche falsche Behauptungen auf, klagt TUI Deutschland. Zudem äußerte das Reiseunternehmen in einem Schreiben an FOCUS online Zweifel an der Objektivität der Filmemacher und der Lauterkeit der in der Doku zu Wort kommenden Augenzeugen. 

TUI wehrt sich gegen ZDF-Doku: "Erschreckend falsch"

"Inzwischen konnten wir mehrere der in der Sendung erwähnten 'Insider' identifizieren", schreibt TUI. "Darunter eine Person, die lediglich für sehr kurze Zeit bei uns tätig war und das Unternehmen nach einem tätlichen Übergriff auf einen Kollegen wieder verlassen musste." 

Auch berichtet TUI, dass für die Interviews 800 Euro an Gage angeboten worden seien. Dafür hätten "vier anonyme vermeintliche ehemalige Beschäftigte in der Sendung Behauptungen erhoben, die erschreckend falsch sind".

ZDF kontert Vorwürfe des Reiseanbieters

Auf Anfrage von FOCUS online nimmt wiederum das ZDF Stellung zu der TUI-Behauptung, die ehemaligen TUI-Angestellten, die in der Doku aussagten, hätten Gagen erhalten und seien wenig glaubwürdig. "Das ZDF weist die Vorwürfe von TUI zurück", kontert der öffentlich-rechtliche Sender. 

Die Protagonisten in der Dokumentation seien ehemalige Beschäftigte, was sie mit Dokumenten belegt hätten. Die Aussagen der Insider seien zudem durch eigene Recherchen überprüft und mit konkreten Belegen und Beispielen im Film ergänzt worden. 

"Für die Mitwirkung an der Dokumentation wurde kein Honorar gezahlt", erklärt das ZDF. "Die Protagonisten erhielten in dem dafür üblichen Rahmen eine Aufwandsentschädigung für die An- und Abreise, zwei Drehtage sowie Hotelübernachtung in Höhe von 600 bis 800 Euro."

"Fragen uns, warum das ZDF so wenig Qualitätskontrolle betreibt"

Die TUI vermutet hingegen, dass die Doku-Reihe "Die Insider" weniger an "einer wahrheitsgemäßen Darstellung als an einer Effekthascherei" interessiert sei. "Wir fragen uns, warum das ZDF als öffentlich-rechtliche Medienanstalt so wenig Qualitätskontrolle betreibt", so die TUI.

Insgesamt geht TUI in einem Schreiben an FOCUS online auf sechs "falsche" Behauptungen in der Dokumentation "Die Insider – Hinter den Kulissen des Reise-Giganten" ein. Dabei geht es unter anderem um Berichte der ehemaligen Mitarbeiter, wonach TUI-Animateure den Gästen eine gewisse Freundschaft vorgaukeln, um beim Urlauber eine festere Bindung zum Club aufzubauen. 

TUI soll außerdem die Anzahl der Liegen auf den unternehmenseigenen Kreuzfahrtschiffen bewusst gering halten, um an anderen Stellen an Bord spezielle und teure Liegeplätze zu verkaufen. Auch die Klassifizierung der Hotelqualität mit einem TUI-eigenen Sonnensystem (maximal sechs Sonnen) anstatt mit dem gebräuchlichen Sternensystem (maximal fünf Sterne) wird von der ZDF-Doku bemängelt und führe zur Intransparenz bei der Güte der Unterkunft.

Nahbarkeit oder vorgegaukelte Freundschaften?

"Unsere Mitarbeitenden aus dem Entertainment sind Gastgeber und Gastgeberinnen, die durch ihre Professionalität, Fachkompetenz, Kreativität und Nahbarkeit das Clubleben bereichern", erklärt TUI zum Vorwurf falscher Freundschaften der Animateure zu den Gästen und schiebt etwas nebulös hinterher, dass TUI-Mitarbeiter beim Sport, in Workshops oder bei abendlichen Shows "einen wichtigen Beitrag zum Wohlbefinden unserer Gäste leisten". 

Haltlos sei auch die Darstellung im Film, dass die Knappheit der Liegen auf den Schiffen bewusst einkalkuliert werde, um kostenpflichtige Entspannungsbereiche attraktiver zu machen. "Unsere Crew achtet darauf, dass unbeaufsichtigte Liegen nach einer angemessenen Zeit freigegeben werden, um allen Gästen die Nutzung zu ermöglichen. Darüber hinaus verfügen mehr als 80 Prozent unserer Kabinen über einen eigenen Balkon mit Balkonmöbeln." Ergänzend stünden auf allen Schiffen viele verschiedene unentgeltliche Ruhebereiche zur Verfügung, die gezielt Raum für Rückzug und Entspannung bieten würden.

TUI wittert redaktionellen Druck beim ZDF

Ebenso sei es nicht zutreffend, dass TUI auf Sonnen- anstatt das Sterne-System setzt, um Hotels zu bewerten, weil auf diese Art absichtlich eine Intransparenz geschaffen werden solle. "Das Problem ist: Es gibt keine internationale Hotelklassifizierung. Jedes Land stuft Hotels/Unterkünfte nach unterschiedlichen Kriterien in eigene Sternensysteme ein. Wir nutzen eigene Zeichen, um soweit möglich eine Vergleichbarkeit über Landesgrenzen hinauszuschaffen. Wir nutzen Sonnen, unsere Marktbegleiter Ziffern, Rauten, Hände…" 

Abschließend stellt das Unternehmen fest: "Der unternehmerische Erfolg von TUI und unserer Produkte hängt unmittelbar von der Zufriedenheit der Kunden ab. Bei 'Die Insider' scheint es hingegen einen starken redaktionellen Druck zu geben, den nächsten Skandal aufzudecken, auch wenn es diesen vielleicht gar nicht gibt."