Merz verspricht „stärkste Armee Europas“ – am Ende kommt es fast zum Eklat

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Friedrich Merz beschwört in seiner Regierungserklärung das „Wir“ und setzt auf Zuversicht. Ein Zwischenruf am Ende hat Eklat-Potenzial.

Berlin – In diesen Tagen werden in Berlin Wörter ganz besonders sorgfältig auf die Goldwaage gelegt. Es ist deutlich spürbar, wie die junge schwarz-rote Koalition vermeiden will, zerbrechlich zu wirken. In der Rhetorik setzt man auf Gemeinsamkeit.

Auch Bundeskanzler Friedrich Merz wird die Goldwaage im Kopf gehabt haben, als er in den letzten Tagen seine Rede vorbereitet hat – die „vielleicht wichtigste“, wie Kanzleramtschef Thorsten Frei es im Vorfeld formuliert hatte. Und in der Tat: Die erste Regierungserklärung von Merz wurde mit großer Spannung erwartet: Würde er – wie so oft – wieder kräftig austeilen? Oder würde es ihm gelingen, Einigkeit und Regierungsfähigkeit zu vermitteln. Kurz: Kann Merz Kanzler?

Erste große Merz-Rede im Bundestag: Das „Wir“ in der Regierungserklärung

Ein kurzer Wortwechsel noch mit dem Vizekanzler, noch einmal die Manschetten zurechtgerückt, dann trat Merz ans Rednerpult – und betonte gleich zum Start das „Wir“ in seiner Kanzler-Rede im Bundestag mit aller Deutlichkeit: „Wir stellen uns gemeinsam in den Dienst unseres Landes. Wir wollen regieren, um neue Sicherheit zu geben und unsere Freiheit gegen unsere Feinde zu verteidigen. Wir wollen regieren, um Zusammenhalt zu stiften und unseren Wohlstand zu erhalten.“

Statt Sorge vor weiteren Krisen heraufzubeschwören, betonte Merz Zuversicht – ein Hinweis darauf, dass Merz sein Image vom impulsiven Meckerer zum verlässlichen Staatsmann wandeln will. „Ich bin mir sicher, unser großartiges Land kann die Herausforderungen der Zeit aus eigener Kraft bestehen und daraus etwas Gutes machen.“ Deutschland sei überdies trotz neuer Bedrohungen ein sicheres Land und habe „immer noch“ ein starkes Wirtschaftsfundament.

Merz über Sicherheitspolitik: „Bundeswehr muss stärkste Armee in Europa werden“

Einen großen Block in der 55-minütigen Rede nahmen die außenpolitischen Herausforderungen und der Ukraine-Krieg ein. Europa müsse mehr denn je zusammenstehen, Deutschland werde dabei eine herausragende Rolle spielen, so Merz, der damit dem Anspruch des europäischen Auslands gerecht zu werden suchte, dass Deutschland gemeinsam mit Frankreich mehr Verantwortung bei Sicherheitsfragen tragen müsse. Merz wurde deutlich: „Die Bundeswehr muss die stärkste Armee in Europa werden. Das erwarten unsere Freunde und Partner von uns, sie fordern es ein.“

Das Thema Migrationspolitik streifte Merz vergleichsweise kurz – ein Hinweis wohl darauf, dass sich die neue Regierung, anders als es der Wahlkampf noch hatte vermuten lassen, nicht allein auf das Thema fokussieren will. „Deutschland ist ein Einwanderungsland. Das war so, das ist so und das bleibt auch so“, konstatierte der Kanzler. „Der Staat, das sind wir alle“, sagte Merz zum Schluss und gab sich noch einmal besonders optimistisch. „Ich will den Bürgerinnen und Bürgern sagen: Wir können alle Herausforderungen aus eigener Kraft bewältigen. Es gibt kein Problem, das wir nicht gemeinsam lösen können. Es liegt nicht an externen Einflüssen. Es liegt nur an uns selbst.“

Zwischenrufe der AfD – und aus den Reihen der Linken

Von Zwischenrufen – vor allem aus den Reihen der AfD – ließ sich Merz, der sonst als impulsiv gilt, nicht ablenken. Gegen Ende gab es dann noch Eklat-Potenzial. Als Merz den Krieg im Nahen Osten, den Hamas-Terror und die humanitäre Notlage in Gaza ansprach, kam ein Zwischenruf aus den Reihen Linken: „Das ist kein Krieg, sondern Genozid.“ Bundestagspräsidentin Klöckner machte unmittelbar an Merz‘ Rede deutlich: „Das wollen wir nicht unwidersprochen stehen lassen, erst recht nicht kurz nach dem Tod der Holocaust-Überlebenden Margot Friedländer. Jede Relativierung verbietet sich hier.“

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