„Potenzieller Auslöser“ für Atomschlag Putins: Insider gibt Einblick in US-Planungen

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Eine nukleare Eskalation scheint nicht mehr ausgeschlossen. Russland hat diese mehrfach angedroht. Die USA waren zeitweise auf das Schlimmste gefasst.

Washington - Russland hat dem Westen im Verlauf des Ukraine-Kriegs mehrfach ein Einsatz von Nuklearwaffen angedroht. Auch wenn ein tatsächlicher Einsatz stets unwahrscheinlich war - und vom russischen Präsidenten Wladimir Putin sogar ausgeschlossen wurde - hatten sich die USA auf den Ernstfall gefasst gemacht.

Der russische Präsident löste im vergangenen Jahr Besorgnis aus, als Moskau ankündigte, einige seiner Atomwaffenarsenale nach Belarus zu verlegen. Dies sei „ein Element der Abschreckung, damit all diejenigen, die uns eine strategische Niederlage zufügen wollen, diesen Umstand nicht übersehen“. Gleichzeitig betonte Putin stets, dass man nicht beabsichtige, die Waffen einzusetzen. Zumindest bisher. Bei der Lage zur Rede der Nation am 29. Februar warnte er - wohl als Reaktion auf die Überlegungen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, Truppen in die Ukraine zu entsenden - dass der Westen erkennen müsse, „dass wir auch Waffen haben, die Ziele auf ihrem Territorium treffen können“. Der Einsatz von Atomwaffen war damit erneut auf dem Tisch.

Katastrophaler Verlust als „potenzieller Auslöser“ - USA waren vor Putins Reaktion besorgt

Offenbar wird die Regierung von US-Präsident Joe Biden bereits seit längerem von der Sorge vor einer nuklearen Eskalation des Konflikts umgetrieben, wie aus einem Bericht vom US-Sender CNN hervorgeht. Seit 2022 habe die Befürchtung bestanden, dass Russland in der Ukraine eine taktische Atomwaffe einsetzen könnte; daher habe man einen Notfallplan geschmiedet, um sich „rigoros vorzubereiten und alles zu tun, um das zu verhindern“. So schilderte es ein nicht namentlich genannter US-Regierungsbeamte gegenüber dem Portal. Laut einem zweiten Regierungsbeamten seien die Befürchtungen „nicht nur hypothetisch“ gewesen; sie hätten „auch auf Informationen, die wir erhalten hatten“ beruht.

Wäre Wladimir Putin zum Einsatz nuklearer Waffen bereit gewesen?
Wäre Wladimir Putin zum Einsatz nuklearer Waffen bereit gewesen? © IMAGO/Mikhail Metzel/Kremlin Pool

Ab dem Spätsommer bis zum Herbst 2022 habe der Nationale Sicherheitsrat daher eine Reihe von Sitzungen einberufen, um Notfallvorkehrungen zu treffen. In die Überlegungen sei eingeflossen, dass die russischen Streitkräfte damals herbe Rückschläge einstecken mussten. Mit dem Vorrücken ukrainischer Truppen auf die Stadt Cherson habe für die Russen die Gefahr bestanden, umzingelt zu werden. Innerhalb der Regierung sei man der Ansicht gewesen, dass ein solch katastrophaler Verlust ein „potenzieller Auslöser“ für den Einsatz von Atomwaffen sein könnte.

Höheres Risiko zu „irgendeinem anderen Zeitpunkt“ - russische Beamte erwogen einen Atomschlag

Russland verlor an Boden innerhalb des ukrainischen Hoheitsgebiets, nicht innerhalb Russlands. Die US-Beamten seien jedoch besorgt gewesen, dass der russische Präsident Wladimir Putin dies anders sehen könnte - Schließlich hatte er dem russischen Volk erklärt, dass Cherson jetzt zu Russland gehöre. „Unsere Einschätzung war seit einiger Zeit, dass eines der Szenarien, in denen sie den Einsatz von Atomwaffen in Erwägung ziehen würden, Dinge wie existenzielle Bedrohungen des russischen Staates, direkte Bedrohungen des russischen Territoriums einschließt“, so der erste Verwaltungsbeamte in dem Bericht. Zusammen mit den damals in Russland kursierenden Falschmeldungen, die Ukraine habe eine schmutzige Bombe, habe dies Anlass zur Sorge gegeben.

Hinzu sei genommen, dass westliche Nachrichtendienste an Informationen gelangt waren, die besagt hätten, dass russische Beamte ausdrücklich einen Atomschlag erwägen. Dies sei zumindest etwas gewesen, „was auf niedrigeren Ebenen des russischen Systems diskutiert wurde“, so der Regierungsbeamte gegenüber CNN. Zwar gebe es „nie eine eindeutige, schwarz-weiße Einschätzung“. Doch es habe den Anschein gemacht, als steige das Risikoniveau „über das hinaus, was es zu irgendeinem anderen Zeitpunkt gewesen war“.

Mit den Verbündeten „besser und stärker“ - diplomatische Bemühungen, um das Schlimmste zu verhindern

In der Folge habe man die Beobachtungen intensiviert. „Wir legten offensichtlich großen Wert auf die Verfolgung und waren zumindest in gewissem Maße in der Lage, solche Bewegungen seiner Nuklearstreitkräfte zu verfolgen“, so der Beamte weiter. Zum Glück habe man aber zu keinem Zeitpunkt Anzeichen für einen bevorstehenden Einsatz entdecken können. Lediglich bei den taktischen Atomwaffen habe Unsicherheit bestanden. Diese sind klein genug sind, um unauffällig bewegt zu werden und können von konventionellen Systemen abgefeuert werden, die zu dem Zeitpunkt bereits auf dem ukrainischen Schlachtfeld eingesetzt wurden.

Um vorzubeugen, seien deshalb die diplomatischen Bemühungen intensiviert worden. US-Außenminister Antony Blinken habe die Bedenken der USA „sehr direkt“ an den russischen Außenminister Sergej Lawrow übermittelt. Zudem habe Joe Biden den CIA-Direktor Bill Burns zu einem Gespräch mit Sergej Naryschkin, dem Leiter des russischen Auslandsgeheimdienstes, in die Türkei eingeladen, um die russischen Absichten abschätzen zu können. Nicht zuletzt habe man laut dem Regierungsbeamten „eine Reihe von stillen Gesprächen mit wichtigen Verbündeten geführt“. Immerhin sei „Markenzeichen unseres gesamten Ansatzes“, dass man „besser und stärker“ sei, wenn man sich mit seinen Verbündeten abstimme. (tpn)

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