Der große Überblick - Ampel ändert Haushaltsplan doch nochmal – was bei Bürgergeld, Sprit und Heizung gilt

Knapp zwei Wochen nach dem Haushaltskompromiss der Ampel-Spitzen werden die Kürzungspläne für das kommende Jahr weiter diskutiert. Manche Vereinbarungen sind noch immer umstritten - auch innerhalb der Ampel. Das Parlament könnte daher noch Änderungen vornehmen. Ziel der Koalition ist es, den Haushalt 2024 Ende Januar im Bundestag zu beschließen.

Hier der aktuelle Stand, was sich 2024 für Sie ändert:

Schuldenbremse soll nicht ausgesetzt werden

Was gilt? Die Schuldenbremse wird vorerst nicht ausgesetzt. Das Grundgesetz erlaubt in besonderen Notlagen eine höhere Kreditaufnahme. Die FDP stemmte sich lange strikt gegen eine Aussetzung. Stattdessen soll das Milliardendefizit durch Einsparungen ausgeglichen werden. So sollen beispielsweise die Förderung für die Weiterentwicklung der Elektromobilität (Umweltprämie) und die Förderung der Solarindustrie auslaufen.  

Aus den Etats des Auswärtigen Amts, des Wirtschaftsministeriums und des Entwicklungsministeriums werden zusammen 800 Millionen Euro für internationales Engagement gestrichen. 380 Millionen Euro muss das Verkehrsministerium beitragen, 200 Millionen das Bildungsministerium.

Zwei Möglichkeiten für ein Aussetzen der Schuldenbremse hält sich die Bundesregierung jedoch offen: Sie will prüfen, ob dies für die 2,7 Milliarden Euro an Fluthilfen für Opfer der Hochwasser-Katastrophe im Ahrtal möglich ist. Auch später im Jahr könnte die Schuldenbremse noch ausgesetzt werden – falls für die Unterstützung der Ukraine deutlich mehr Geld nötig sein sollte, als jetzt absehbar ist.

Was war der Streitpunkt? Ganz anders als die FDP befürworteten SPD und Grüne, die Schuldenbremse erneut auszusetzen. Die vom Grundgesetz vorgesehen Notlage war durch den Ukraine-Krieg gegeben, so die Argumentation. Die CDU hatte bereits signalisiert, gegen eine mögliche Aussetzung der Schuldenbremse juristisch vorgehen zu wollen. „Aus meiner Sicht gibt es keine Veranlassung, jetzt noch einmal die Notlage zu erklären“, sagte der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz.  

Bauern sollen weiterhin Steuer-Vergünstigungen kriegen

Was ist geplant? Laut einem „ Bild “-Bericht plant die Ampel nach den großen Bauern-Protesten nun die Diesel-Wende. Demnach sollen die Steuer-Vergünstigungen nicht komplett wegfallen, sondern auf eine maximale Liter-Anzahl pro Jahr und Betrieb gekoppelt werden. Dirk Wiese, Vize-Chef der SPD-Fraktion im Bundestag, sagte der Zeitung, man arbeite an einer Lösung für „kleine Betriebe von bis zu 80 Hektar Größe.“  

Was war der Streitpunkt? Im Zuge der Einsparungen wollte die Ampel-Regierungen die Vergünstigungen eigentlich komplett wegfallen lassen. Zuletzt hatten deshalb Tausende Bauern in Berlin Front gegen das vorgesehene Aus für Steuervergünstigungen für ihre Branche gemacht, auch Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) kritisierte diese Pläne.  

Was ist geplant?: Die Bundesregierung will Steuervergünstigungen für Bauern streichen. Bislang bekamen Land- und Forstwirte einen Teil der Mineralölsteuer auf Diesel zurück, den sie für ihre Arbeit verbrauchten. Ihre Arbeitsfahrzeuge blieben von der Kfz-Steuer befreit. Das soll sich ab 2024 ändern. Der Deutsche Bauernverband ruft zum Protest gegen das Vorhaben auf. Es würde die Branche fast eine Milliarde Euro kosten.  

Sicher ist die Kürzung noch nicht. Auch Vertreter der Ampel fordern Änderungen.

Was das für Verbraucher heißt : Die Bauern dürften steigende Kosten an ihre Kunden weitergeben. Für Verbraucher verteuern sich dadurch im kommenden Jahr Lebensmittel.  

Was gilt für Arbeitnehmer?

Was gilt? Der steuerliche Grundfreibetrag, also das Einkommen, bis zu dem keine Steuern gezahlt werden müssen, soll steigen. Ursprünglich sollte die Grenze bei 11.604 Euro liegen, für das kommende Jahr ist eine Anhebung auf 11.784 Euro vorgesehen. Aktuell gilt der Grundfreibetrag von 10.908 Euro.  

500 Millionen Euro will die Bundesregierung einsparen, indem sie Geflüchtete besser in den Arbeitsmarkt integriert. Die geplanten Maßnahmen umfassen häufigeren Kontakt und Sanktionen bei Pflichtverletzungen.

Was war der Streitpunkt? Die Anhebung des Grundfreibetrags war geplant und kommt trotz Milliardenloch im Haushalt. Wegen der durch die Inflation gestiegenen Definition des Existenzminimums verlangt die Verfassung diesen Schritt: Zur Sicherung des Existenzminimums erforderliches Einkommen darf der Staat nicht besteuern.  

Was ist mit dem Bürgergeld?

Was gilt? Die mehr als fünf Millionen Bürgergeld-Empfänger sollen zum 1. Januar 2024 im Schnitt rund 12 Prozent mehr Geld bekommen. Für Alleinstehende bedeutet das ein Plus von 61 auf 563 Euro im Monat. Erwachsene, die mit einem Partner zusammenleben, bekommen 506 Euro. Für Kinder liegen die Sätze je nach Alter zwischen 357 und 471 Euro. Regierungssprecher Steffen Hebestreit hatte zum Bürgergeld zuletzt ausrichten lassen: „Ich wüsste nicht, dass es innerhalb der Bundesregierung Pläne gibt, an der gesetzlichen Grundlage etwas zu verändern.“  

Allerdings gilt auch: Die Sanktionen bei Arbeitsverweigerern werden verschärft. Auch sämtliche Bürgergeld-Bonuszahlungen bei Weiterbildungen fallen weg. Nach Angaben aus dem Finanzministerium spart das 250 Millionen Euro.

Das gilt für Familien  

Was gilt? Der Kinderfreibetrag steigt ab 2024 auf 6384 Euro (pro Kind für beide Elternteile), 2023 beträgt der Kinderfreibetrag 6024 Euro. Bei getrennt lebenden Eltern gilt übrigens der halbe Freibetrag pro Elternteil (ab 2024: 3192 Euro). Die Kindergrundsicherung kommt ebenfalls. Ab 2025 sollen alle bisherigen Leistungen wie das Kindergeld, Leistungen aus dem Bürgergeld für Kinder oder der Kinderzuschlag gebündelt werden.  

Was war der Streitpunkt ? Auch dieses Vorhaben wird umgesetzt. Gleichzeitig könnte auch das Kindergeld steigen. Denn es gilt: Steigt der Kinderfreibetrag, folgt in der Regel auch das Kindergeld. Seit Januar 2023 liegt das Kindergeld in Deutschland bei 250 Euro monatlich pro Kind. Die Kindergrundsicherung war in der Bundesregierung lange umstritten. Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Familienministerin Lisa Paus (Grüne) hatten monatelang um die Finanzierung der Kindergrundsicherung gerungen – sich schließlich auf zunächst 2,4 Milliarden Euro Mehrkosten geeinigt.  

Das gilt für Verbraucher

Strom, Gas und Heizöl werden teurer

Was ist geplant? Die CO2-Steuer wird steigen. Das spült Milliarden in die Staatskasse. Die Pläne sehen vor, dass künftig pro ausgestoßener Tonne Kohlendioxid nicht mehr 30 Euro, sondern 45 Euro verlangt werden. Dadurch steigen die Preise für Gas und Heizöl. Aber auch Strom wäre betroffen. Im Schnitt steigen die Kosten pro Liter Heizöl um knapp sechs Cent. Für 3000 Liter Heizöl müssen Haushalte im Dezember 2023 etwa 3200 Euro berappen. Durch die CO2-Steuer-Anhebung würde die Bestellung dann 180 Euro mehr kosten. Für die Kilowattstunde Gas entspricht die Preissteigerung etwa einem Cent pro Kilowattstunde. Bei Strom müssen Verbraucher gleichzeitig auch mit höheren Netzentgelten rechnen.  

Was war der Streitpunkt ? Eigentlich plädierte die Bundesregierung für einen „stabilen CO2-Preis“. Nun macht dieser Strom, Gas und Heizöl für Millionen Menschen teurer.  

Höhere Preise für Diesel und Benzin

Was gilt? Durch die höhere CO2-Abgabe werden auch Diesel und Benzin teurer. Aktuell müssen Autofahrer beispielsweise pro Liter Diesel oder Benzin umgerechnet neun Cent CO2-Steuer bezahlen.  

Die von der Koalition geplante stärkere Anhebung des CO2-Preises schlägt nach Angaben des ADAC auch auf die Spritpreise durch. Nach Berechnungen des ADAC wird der Liter Benzin dadurch um 1,4 Cent verteuern. „Diesel-Fahrer müssen mit zusätzlichen 1,6 Cent gegenüber den ursprünglichen Planungen rechnen, so dass sich der Liter Diesel um rund 4,7 Cent gegenüber 2023 verteuern dürfte“, sagte eine Sprecherin.

Plastik-Steuer kommt!

In Deutschland gibt es derzeit noch keine Plastiksteuer, das könnte sich ab kommendem Jahr ändern. Ursprünglich sollten ab dem 1. Januar 2024 neue Regelungen für Hersteller und Erstinverkehrbringer von Einwegkunststoffen in Kraft treten. Unternehmen sind verpflichtet, eine Abgabe in den vom Umweltbundesamt (UBA) verwalteten Einwegkunststofffonds zu entrichten, der über die „Einwegkunststoff-Plattform DIVID“ abgewickelt wird.

Bisher zahlte die Bundesregierung eine Plastikabgabe an die EU, künftig sollen das die Hersteller selbst übernehmen. Das soll Zusatzeinnahmen von 1,4 Milliarden Euro bringen.

Was das für Verbraucher heißt: Sie müssen wohl bald mehr für Lebensmittel, Drogerie-Artikel und Waren, die in Plastikverpackungen stecken, bezahlen.  

Flüge werden teurer

Was gilt? Entgegen ursprünglicher Pläne bleiben die staatlichen Subventionen für Kerosin. Flüge sind beispielsweise von der Energiesteuer befreit. Ein Wegfall der Subventionen hätte die Lufthansa, die viel Kerosin in Deutschland kauft, gegenüber ausländischen Airlines benachteiligt. Steigen soll stattdessen die Ticketsteuer auf Passagierflüge. Sie betrifft alle Airlines gleichermaßen, wenn sie von deutschen Flughäfen abheben.  

Die 2011 von der damaligen schwarz-gelben Bundesregierung zur Etatsanierung eingeführte Ticketsteuer bringt bisher Einnahmen von rund einer Milliarde Euro im Jahr ein. Zahlen müssen die nach Flugstrecke gestaffelten Aufschläge die Fluggesellschaften. Sie können diese an die Passagiere weitergeben. Das Fliegen verteuert sich für Passagiere also auch mit den neuen Plänen.

Was war der Streitpunkt ? Ursprünglich forderten die Grünen den Abbau klimaschädlicher Subventionen. Unterstützungen für Kerosin zählen zweifellos zu dieser Kategorie. Nun soll die Luftverkehrsabgabe jährlich so angepasst werden, dass sie zusätzliche Einnahmen in Höhe der Privilegierung bei der Energiebesteuerung von Kerosin im nationalen Luftverkehr generiert. Die Strategie erreicht mit etwas mehr Verwaltungsaufwand also das gleiche, ohne die Lufthansa zu benachteiligen.  

Ende Dezember fallen Preisbremsen für Strom, Gas und Fernwärme

Was gilt? Den Rotstift zückt die Bundesregierung bei der Energie. Die seit 1. März geltenden Preisobergrenzen auf Strom, Fernwärme und Gas fallen Ende des Jahres weg. Die sogenannte Preisbremse sollte ursprünglich Millionen Haushalte in Deutschland entlasten. Für 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs galt deshalb eine Obergrenze. Bei Gas zwölf Cent pro Kilowattstunde, für Strom 40 Cent pro Kilowattstunde und für Fernwärme 9,5 Cent pro Kilowattstunde.  

Was war der Streitpunkt ? Eigentlich sollte die Maßnahme bis März 2024 gelten.  

Volle Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie

Was gilt? Ab 1. Januar 2024 müssen Haushalte im Restaurant wieder den vollen Mehrwertsteuersatz bei Speisen bezahlen. Um Gastronomiebetriebe während der Corona-Krise zu entlasten, war der Steuersatz für Speisen im Restaurant auf sieben Prozent gesenkt worden. Als die Energiekrise folgte, wurde die Maßnahme bis Ende Dezember verlängert.  

Was war der Streitpunkt ? Eigentlich wollte die Bundesregierung den ermäßigten Steuersatz von sieben Prozent auf alle Speisen in der Gastronomie bis Ende 2024 beibehalten. Durch die Mehrwertsteuererhöhung sollen nun mehr als 3,4 Milliarden Euro in die Staatskasse fließen. Branchenverbände warnen, dass höhere Preise zu weniger Gästen und damit zu geringeren Steuereinnahmen führen.  

Bundeshaushalt: Wie geht es jetzt weiter?

Der Haushaltsstreit war entflammt, nachdem die Richter der Bundesregierung untersagt hatten, Notlagenkredite auf spätere Jahre zu verschieben. Betroffen waren unter anderem die Corona-Kredite aus dem Jahr 2021 in Höhe von 60 Milliarden Euro, die für den Klimaschutz und die Modernisierung der Industrie eingesetzt werden sollten. Betroffen war auch der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF), in dem Kredite aus der Energiekrise des vergangenen Winters stecken.

Das Urteil hatte die Bundesregierung unter Druck gesetzt, da es eine Finanzlücke in den Haushalt riss. Gleichzeitig muss die Ampel bereits zugesagte Investitionen in den Klimaschutz und die Modernisierung der Wirtschaft finanzieren – trotz des Urteils. Allein im kommenden Jahr geht es um 13 Milliarden Euro.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatten sich am vergangenen Mittwoch darauf geeinigt, wie nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts Milliardenlöcher gestopft werden sollen. Im Januar könnte der Bundestag dann zur Haushaltswoche zusammenkommen und den Etat beschließen, danach der Bundesrat grünes Licht geben. Das Finanzministerium sei derzeit dabei, „die Verabredung technisch umzusetzen und gemeinsam mit den betroffenen Bundesministerien die nötigen Formulierungshilfen für den Deutschen Bundestag zügig zu erarbeiten“, sagte Regierungssprecher Hebestreit.

Bis der Bundestag den Haushalt beschließt, gilt eine „vorläufige Haushaltsführung“. Sie erlaubt vorerst nur Ausgaben, die nötig sind, um die Verwaltung aufrechtzuerhalten und rechtliche Verpflichtungen zu erfüllen. In der Praxis kann das Finanzministerium den Ministerien jedoch bewilligen, pro Monat einen Prozentsatz der Mittel des noch nicht verabschiedeten Haushaltsentwurfs zu nutzen.