Papst Leo XIV. legte sich schon mit Trump und Vance an – Wahl als Reaktion auf den US-Präsidenten?
Donald Trump ist hellauf begeistert, dass ein Landsmann zum Papst gewählt wurde. Doch Robert Prevost tat sich bereits als Kritiker des US-Präsidenten hervor.
Rom – Als Robert Prevost vom Kardinal zu Papst Leo XIV. aufgestiegen war, haute Donald Trump gewohnt schnell in die Tasten. Auf Truth Social gratulierte der US-Präsident dem neuen Pontifex, der ebenfalls aus den USA kommt, und schrieb: „Wie aufregend und was für eine Ehre für unser Land! Ich freue mich darauf, Papst Leo XIV. zu treffen. Es wird ein bedeutsamer Moment sein!“
Auch der im vierten Wahlgang des Konklave gewählte Kirchenmann dürfte einem Treffen entgegenfiebern. Aber aus ganz anderen Gründen. Wie sich aus mehreren Posts eines X-Accounts mit dem Namen Robert Prevost ableiten lässt, ging der gebürtige Chicagoer mit der Politik der Trump-Regierung bereits mehrmals ins Gericht.
Papst Leo XIV. contra Trump: Robert Prevost kritisiert US-Regierung offen bei X
So reagierte er Anfang Februar auf eine Aussage von Vize-Präsident J.D. Vance aus einem Fox-Interview, in dem dieser suggerierte, das Christentum würde die Gläubigen lehren, es gebe Menschen, die man mehr liebe als andere. „Es gibt ein christliches Konzept, dass man seine Familie liebt, dann seinen Nächsten, dann seine Gemeinde, dann seine Mitbürger und erst danach den Rest der Welt. Viele extreme Linke haben das komplett auf den Kopf gestellt“, behauptete der Trump-Stellvertreter.
Was Prevost so nicht stehen lassen wollte, einen Artikel des National Catholic Reporter postete und dazu schrieb: „J.D. Vance liegt falsch: Jesus hat uns nicht dazu angehalten, unsere Liebe zu anderen einzustufen.“
Nur zehn Tage später verbreitete er einen Artikel aus der katholischen Zeitschrift America – The Jesuit Review, der einen Brief von Papst Franziskus an die Bischöfe in den USA thematisierte. Jener war demnach eine Reaktion auf Trumps Migrationspolitik, genauer gesagt: seine Massendeportationen.
Papst Leo XIV. verweist auf Franziskus: Verstorbener Papst schrieb wegen Trump an US-Bischöfe
Der Autor des Artikels erwähnt dabei, dass die Kirche lehrt, auch Migranten wie Brüder und Schwestern zu behandeln. Andererseits habe eine Mehrheit der katholischen Wähler für Trump gestimmt, auch wegen seiner Haltung und seiner Rhetorik zum Thema Migration. Wie auch Franziskus betone, stehe christliche Lehre einer geordneten und legalen Migration nicht im Wege. Es sei aber falsch, dass die Kirche illegale Einwanderung und offene Grenzen befürworten würde.

Ebenso stellte der am Ostermontag verstorbene Argentinier fest, dass der Gleichsetzung von illegalen Migranten mit Kriminalität kritisch entgegengetreten werden müsse. Doch genau das sei das Narrativ, auf das Trump setze, schreibt der Autor des von Prevost geposteten Artikels. Er stelle mexikanische Einwanderer als Drogendealer und Vergewaltiger dar. Schon 2016 hätten Bischöfe ihre Befürchtungen zum Ausdruck gebracht, Trump würde Migranten als Kriminelle brandmarken.
Auch Vances Aussage über das angeblich christliche Liebes-Ranking kommt zur Sprache. Letztlich beschließt der Autor seinen Text mit dem Satz: „Die Frage, die wir beantworten müssen, ist, ob wir unsere Politik nach dem Evangelium ausrichten oder umgekehrt.“
Leo XIV. und der US-Präsident: „Papst ist das genaue Gegenteil von Trump“
Mitte April retweetete Prevost einen Post des katholischen Schriftstellers Rocco Palmo, in dem dieser Trump und El Salvadors Präsident Nayib Bukele dafür kritisiert, sich beim Treffen im Weißen Haus über das Schicksal des offenbar versehentlich abgeschobenen Bukele-Landsmannes Kilmar Abrego Garcia lustig zu machen.
Prevost hat also offenkundig einiges auszusetzen an der Entwicklung der USA unter Trump. Für Martin Maier, Hauptgeschäftsführer des katholischen Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat, ist das nicht überraschend. „Mit Leo XIV. wird dem US-Präsidenten ein Amerikaner gegenübergestellt, der das Gegenteil von Donald Trump ist“, zitiert die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) den Pater.
Ob die Wahl von Prevost womöglich sogar eine Reaktion auf Trump und das deutlich veränderte Bild der USA in der Welt ist? Gerade die Europäer fühlen sich geradezu brüskiert, weil Washington bei den Friedensbemühungen im Ukraine-Krieg sehr weit auf Russland zuzugehen scheint. Mit der Zoll-Politik hat der Republikaner gleich mehr als 180 Länder mehr oder weniger hart getroffen und gegen sich aufgebracht.
Papst Leo XIV. wegen Trump gewählt? Theorie von verstorbenem Kardinal lässt tief blicken
Jedenfalls schmeichelt eine Aussage von Robert Barron dem US-Präsidenten nach den neuesten Entwicklungen im Vatikan ganz und gar nicht. Der Bischof von Winona-Rochester, der der von Trump neu gegründeten Kommission für Religionsfreiheit angehört, deutete gegenüber CBS erst kürzlich an, dass die Wahl eines Landsmannes zum Papst auch politische Gründe haben könnte.
„Kardinal George von Chicago, Gott habe ihn selig, war einer meiner wichtigsten Mentoren und sagte: ‚Schau, es wird keinen amerikanischen Papst geben, solange Amerika nicht politisch im Niedergang begriffen ist‘“, erinnerte sich der 65-Jährige und erklärte: „Sein Argument lautete, solange Amerika die Welt politisch, kulturell, wirtschaftlich anführt, wollen sie nicht, dass Amerika es auch noch kirchlich tut.“

Und das klang für Barron stichhaltig: „Ich denke, da steckt einiges an Wahrheit drin, dass wir so eine Supermacht und so dominant sind, dass sie uns keine Kontrolle über die Kirche geben wollen.“ Wenige Tage später hat mit Prevost also ein US-Amerikaner das höchste Kirchenamt inne. Und lässt seinen Präsidenten jubeln.
Aber nicht nur Barron wird sich nun wohl fragen, ob sich sein Mentor so sehr getäuscht hat. Oder ob die anderen Kardinäle die USA unter Trump, der sich selbst gerne als Papst gesehen hätte, nicht mehr als politische, kulturelle und wirtschaftliche Führungsmacht ansehen. Zu den ganz großen Favoriten auf den Heiligen Stuhl zählte Prevost für viele Experten jedenfalls nicht, als sich die Tore der Sixtinischen Kapelle schlossen und das Konklave begann. (mg)