Drohnen-Revolution: USA starten Rüstungs-Offensive gegen China, Russland und die Verwaltung

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Die Zukunft der USA ist unbemannt: US-Luftwaffensoldaten des 163. Angriffsgeschwaders laden während einer integrierten Übung auf dem Flugfeld der Marinebasis 29 Palms am 18. Juni 2024 in Twentynine Palms, Kalifornien, scharfe Munition auf eine MQ-9 Reaper-Drohne. Die US-Regierung will künftig auch verstärkt auf kleine Drohnen und kollaborative Flugzeuge setzen (Archivfoto). © IMAGO/Technical Sergeant Paul Duquette/Us Air

America first – auch bei Kleinstdrohnen: Trump und Hegseth geben ihren Militärs mehr Entscheidungsfreiheit und stellen sich als Kriegspartei neu auf.

Washington D.C. – „Das vereinte Potenzial der amerikanischen Fertigungsindustrie und des Einfallsreichtums der Kriegsführung freizusetzen“, ist Pete Hegseth bestrebt – jedenfalls habe der Verteidigungsminister der USA jetzt in einem Video und einem Memo des Pentagon angeordnet, die Drohnenstrategie des Militärs umfassend zu überarbeiten und zügig zu modernisieren. Wie verschiedene Medien berichten, solle die Produktion ausgeweitet und Innovationen behindernde Vorschriften fallengelassen werden. Die USA wappnen sich für den Krieg gegen China und gegen Wladimir Putin – haben aber auch nur eine ungefähre Ahnung davon, wie der ausfallen sollte.

US-Präsident Donald Trump hatte bereits auf den Tisch gehauen, wie Reuters gemeldet hat: „Trump fordert in seinem 893 Milliarden Dollar schweren Haushaltsantrag mehr Drohnen und Raketen, weniger F-35.“ Trump-Gehilfe Hegseth bringt jetzt offenbar die Verwaltung auf Trab: Wie Newsweek berichtet, wolle der Verteidigungsminister den Beschaffungs-Turbo zünden und habe das Militär außerdem angewiesen, kleine Drohnen als „Verbrauchsgüter“ und nicht als langlebige Ausrüstung einzustufen. Davon soll er sich versprechen, „den bürokratischen Aufwand zu reduzieren und beschleunigte Trainings- und Testprozesse zu ermöglichen“, so die Newsweek-Autoren Peter Aitken und Gabe Whisnant.

Doktrin der USA reloaded: „Die heute eingeführten neuen Richtlinien stellen einen gewaltigen Wandel dar“

„Das Pentagon hat gerade eine massive, längst überfällige Maßnahme zur Bewaffnung seiner Truppen mit Tausenden von Drohnen vorgenommen“, überschreibt Joseph Trevithick seine Übersetzung von Hegseths „Beamten-Sprech“: Der Autor von The War Zone (TWZ) erkennt in der neuen Direktive, dass kleine Drohnen wie Munition behandelt werden und dass Beamte niedrigerer Ebenen mehr Befugnisse haben, sie zu kaufen und einzusetzen. „Die heute eingeführten neuen Richtlinien stellen einen gewaltigen Wandel dar, der für das US-Militär nicht schnell genug kommen konnte. Das Militär hat den flächendeckenden Einsatz von Drohnen bisher äußerst langsam vorangetrieben, obwohl die auf aktiven Schlachtfeldern gesammelten Erfahrungen immer deutlicher werden“, kommentiert TWZ-Autor Trevithick.

„Ein langer Weg, aber ein guter Schachzug.“

Bereits im August 2024 hatte Kateryna Bondar den Ukraine-Krieg zum „Weckruf für die Streitkräfte weltweit“ stilisiert und zur Blaupause für „die entscheidende Rolle kleiner und günstiger kommerzieller Drohnen“, so die Analystin des US-Thinktanks Center for Strategic and International Studies (CSIS). Veröffentlicht hat sie ihre Analyse im August, also noch unter der Regierung von US-Präsident Joe Biden. Offenbar hat der Prozess seit der Regierung des 46. US-Präsidenten gegärt und ist jetzt zu einer Entscheidung herangereift.

Möglicherweise etabliert sich auch in den USA langsam aber sicher eine eigene Drohnen-Strategie. „Wir schaffen Dynamik und treiben die Entwicklung energisch voran“, sagt beispielsweise Robert Collins. Wie das Magazin der Association of the United States Army (AUSA) den Generalleutnant und stellvertretenden Militärminister für Beschaffung, Logistik und Technologie aktuell zitiert, legen die USA jetzt in der Drohnentechnik einen Zahn zu.

Das Magazin Simple Flying hat im Dezember 2024 zusammengefasst, dass die USA fokussiert sind auf fünf Kategorien von Drohnentechnologie: „Sehr leichtes Aufklärungsflugzeug in sehr geringer Flughöhe“, „Leichte Aufklärungsflugzeuge in geringer Höhe“, „Kleine Flugzeuge mittlerer Höhe“, „Schwere Drohnen mittlerer Höhe“, „Schwere Drohnen für große Höhen“. Kein Wort von „Kamikaze“, kein Wort von „Glasfaser“, kein Wort von „Baumarkt-Drohne“ – also genau kein Fokus auf die Drohnen, die den Krieg in der Ukraine bestimmen; kein Fokus auf Waffen für eine zügige und durchgreifende Massenproduktion.

Russland Paroli bieten: Bürokratie-Abbau zugunsten schnellerer Entwicklungszyklen

„Wie kann sichergestellt werden, dass sich US-Drohnenhersteller schnell genug an die veränderten Anforderungen des Schlachtfelds anpassen und ihren technologischen Vorsprung halten können?“, fragt Kateryna Bondar. Möglicherweise ist die Hegseth-Initiative die Antwort darauf. „Durch die Untersuchung ukrainischer Praktiken können US-Militärorganisationen und -Unternehmen Wege finden, den Feedbackkreislauf zu verbessern und bestehende Prozesse zu optimieren“, hat Bondar als These aufgestellt – was Hegseth initiiert, könnte einen Schritt in genau diese Richtung bedeuten. Bürokratie-Abbau zugunsten schnellerer Entwicklungszyklen und entsprechend schnellerer Anpassung an Gefechtssituationen.

Wobei einzuräumen ist, dass sich eine künftige Gefechtslage für die USA naturgemäß anders darstellen wird als für die Ukraine – die erwehrt sich eines Aggressors, der auf dem eigenen Territorium die Front immer stärker landeinwärts drückt. Eine Situation, die die US-Amerikaner nie kennengelernt haben. Und wahrscheinlich nie kennenlernen werden. Die Ukraine versucht, Drohnen einzusetzen als Ersatz für fehlende Infanteristen, fehlende Rohre und fehlende Artillerie-Munition – eine Situation, in der die USA vermutlich nie kommen wird. Und die USA wird – wenn sie die Unabhängigkeit Taiwans verteidigen müsste, auf fremdem Territorium kämpfen, und vermutlich auf lange Distanzen. Prinzipiell müsste die Drohnen-Strategie der USA doch deutlich anders ausfallen als die der Ukraine. Die Frage ist, wie sinnvoll Kleinstdrohnen für die USA überhaupt sein können.

America first auch bei Drohnen? „Donald J. Trump entfesselt die amerikanische Drohnendominanz“

Anfang Juni bereits hatte das Weiße Haus vollmundig die Neujustierung US-amerikanischer Rüstungsanstrengungen angekündigt: „Donald J. Trump entfesselt die amerikanische Drohnendominanz“, schrieb das Weiße Haus und ergänzte, dass der 47. US-Präsident damit sowohl die nationale Sicherheit fördern wolle als auch die heimische Produktivität. Offenbar geht die Regierung davon aus, dass ein Krieg im Indopazifik mittels unbemannter Flugobjekte zu führen sei und die Regierung entsprechend handeln müsse, „um die anhaltende amerikanische Führungsrolle bei der Entwicklung, Vermarktung und dem Export unbemannter Flugzeugsysteme (UAS) – auch als Drohnen bekannt – sicherzustellen“, so der offizielle Wortlaut.

Sicher sind die Ghost- oder Switchblade-Drohnen in einem infanteristischen Kampf ein guter Ersatz für Mörser oder Artillerie-Geschütze. An denen herrscht in der US-Armee aber kein Mangel, und zudem müssten die US-Kräfte auch erst einmal in einen infanteristischen Kampf verwickelt werden. Kateryna Bondar sieht aber Schwierigkeiten auf dem Weg, den die USA jetzt zu beschreiten gewillt sind – und für den ein Präsident wie Donald Trump möglicherweise die größte Hürde darstellt. Die Test- und Frontbedingungen in der Ukraine sieht Bondar selbstverständlich als beispiellos an – Entwicklungsversuche in „Nichtkriegsländern“ wiederum beurteilt sie skeptisch – „daher sollten US-Drohnenhersteller und das Militär Wege finden, sich in der Ukraine zu engagieren und das ukrainische Know-how zu nutzen“, wie sie schreibt.

Elon Musk sieht sich am Ziel: „Ein langer Weg, aber ein guter Schachzug“

„Ich gehe davon aus, dass diese Fähigkeit im nächsten Jahr in alle relevanten Kampfübungen integriert wird, einschließlich des Drohnenkriegs mit Streitkräften“, soll Hegseth in seinem Memo an die Armeeführung geschrieben haben, berichtet die Kiyv Post. Allerdings hat sich US-Präsident Donald Trump diesen Weg einigermaßen verbaut, indem er Wolodymyr Selenskyj als Präsidenten der Ukraine wiederholt abgekanzelt und Wladimir Putin zu seinem Intimus erkoren hat. Hier haben sich die USA zweifellos vom Einfallsreichtums einer kriegführenden Nation weitestgehend abgeschnitten.

Wie Newsweek berichtet, hätten die USA jetzt aber wohl erkannt, wo ihre militärischen Kapazitäten ihre Lücken hätten und mit welchen Waffen in einem künftigen Krieg gekämpft würde – tatsächlich machen die USA aktuell den Eindruck, als würden sie den Aktivitäten Chinas und vor allem Russlands hinterher hetzen. Ein künftiger Krieg wird anders aussehen, als der, den die USA zu führen gewohnt waren – gegen Nationen, „die Drohnen aggressiv in ihre Kampfeinsätze integriert haben“, wie Aitken und Whisnant schreiben.

Offenbar haben sich Trump und Hegseth mit ihrer Aktion neue Freunde in der US-Tech-Industrie gemacht, beziehungsweise alte Freunde wiedergewonnen, wie die Newsweek-Autoren schreiben über eine Antwort auf Hegseths Ankündigung von Elon Musk: „Ein langer Weg, aber ein guter Schachzug.“

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