Zu fett für die Zukunft: Abrams-Panzer zeigen auch in Kursk deutliche Schwächen

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Letzte Hoffnung Abrams: Taiwan erhält den Panzer, der im Ukraine-Krieg Ansehen verloren hat, um die Hauptstadt zu retten, wenn sonst nichts mehr geht.

Kursk – „Unseren Erkenntnissen zufolge wird der M1 Abrams das Schlachtfeld im Jahr 2040 nicht dominieren“, schreibt das Army Science Board. Mit ihrer Expertise hat die staatlich anerkannte, unabhängige Expertengruppe, die den US-Heeresminister berät, den Abrams-Panzer der USA bereits Ende 2023 beerdigt. Im Ukraine-Krieg hat er nicht einmal mehr gegen Wladimir Putins Invasionstruppen überzeugen können. Kris Osborn erinnert daran, dass das ursprünglich als „Gamechanger“ gelobhudelte Kampffahrzeug auch während der Kursk-Offensive nur Durchschnitt war

Abrams-Panzer hätten geholfen, strategische Vorteile zu erringen, indem sie während der Kursk-Offensive der Ukraine die schwächere Verteidigung des Feindes ausnutzten, so der Autor des Magazins 19fortyfive. Allerdings schien seine Dominanz lediglich für ein kurzes Strohfeuer genutzt zu haben; einen durchschlagenden Erfolg hat die Ukraine in Kursk auch verpasst; trotz theoretisch klarer technischer Überlegenheit.

Kursk-Desaster: Nahezu ausgeglichene Abschussquote von Kampfpanzern

Der Business Insider (BI) berichtet aktuell aus dem Raum Kursk von einer nahezu ausgeglichenen Abschussquote von Kampfpanzern: Russland hätte demnach 66 Panzer verloren, die Ukraine 55 – und das, obwohl sie dort auch mit westlichen Panzern wie dem Leopard oder dem Abrams kämpfte. „Um die russischen Streitkräfte schneller zu schwächen, als sie ihre eigenen verliert, ist in der Ukraine eine viel höhere Abschussrate erforderlich. Doch die Schlacht um Kursk zeigt, dass Russland der Ukraine immer noch ähnliche Verluste zufügen kann, was Kiews strategische Vorteile einschränkt“, schreibt BI-Autorin Rebecca Rommen.

„Probleme bei der Stationierung und Versorgung verhinderten die Ankunft ausreichender US-Panzer, bevor China vollendete Tatsachen schaffte.“

Noch im Oktober hatte die Kyiv Post berichtet, die 47. mechanisierte Infanteriebrigade der Ukraine hätte US-amerikanische Panzerfahrzeuge eingesetzt, um im nordöstlichen Abschnitt von Kursk den dortigen Frontvorsprung zu halten, nachdem die Ukraine im August dorthin vorgedrungen war. Aber aufgrund seines hohen Verbrauchs, der fehlenden Übung der ukrainischen Besatzungen und seines enormen Gewichts sowie der fehlenden Möglichkeit des Panzerkampfs in größeren Verbänden musste der Abrams schnell der Drohne als der neuen Herrscherin des Gefechtsfelds weichen – der Krieg war am Abrams vorbeigezogen.

Und das trotz der Tatsache, dass Russland veraltete Technik einsetzt und die auch schneller ersetzen kann. „Wir werden weiterhin in der Unterzahl kämpfen müssen, was durch die geringe Einsatzbereitschaft der Kampfpanzer und eine alternde Flotte noch verschärft wird“, schreiben die Analysten des Army Science Board über den technisch hochgezüchteten, aber doch inzwischen veralteten Kampfpanzer – den sie das künftige Duell gegen China verlieren sehen.

Trotz Verlusten: USA haben mit ihren als überholt geltenden Fahrzeugen Taiwan verstärkt

Und dennoch haben die USA mit ihren als überholt geltenden Fahrzeugen jetzt ihren Verbündeten Taiwan verstärkt – sehr zum Missfallen dortiger Analysten. „Ich möchte Armeeoffiziere dazu ermutigen, über zukünftige Kriege nachzudenken, damit sie ihre Meinung über den Kauf schwererer Panzer ändern“, forderte Chen Kuoming. Der Militäranalyst aus Taipeh erklärte gegenüber dem Magazin Defense News, dass die Panzer eingekauft worden seien als letzte Verteidigungsstellung, bevor die Hauptstadt Taipeh zu fallen drohe.

Darüber hinaus setze Taiwan gegen einen Angriff durch China auf Verteidigungslinien aus Schiffsabwehrraketen, Artillerie und Raketen sowie Kampfhubschrauber, so Chen. Insgesamt sollen sich dann 108 Abrams M1A2T gegen China stemmen. Die ersten 38 sind im Dezember angelandet, 42 kommen in diesem Jahr, die restlichen 28 im kommenden. Der Abrams wird insofern zur letzten Hoffnung eines Volkes, wie er das schon in der Ukraine geworden war – und diese Hoffnungen kolossal enttäuscht hat.

Ein Mann lässt sich mit gesenktem Daumen vor einem auf einem Tieflader stehenden Wrack eines US-amerikanischen Abrams-Panzer fotografieren.
Schadenfreude: Zivilisten posieren vor einem Abrams-Wrack, während einer Ausstellung von Kriegsbeute in Moskau im Juni vergangenen Jahres. Der Ukraine gehen die West-Panzer mittlerweile aus. © Olga Maltseva / AFP

Wie das Magazin The War Zone (TWZ) über den Bericht des Army Science Board berichtet hat, ist der Krieg zu solchen Dimensionen angewachsen, dass die einzelne Rohrmündung offenbar in die Bedeutungslosigkeit abrutscht. Nach Angaben der Forscher seien Ausmaß und Umfang möglicher Gefahren für Kampfpanzer, gepanzerte Fahrzeuge und deren Besatzungen sehr viel komplexer geworden. Dazu gehörten bereits immer leistungsfähigere Panzerabwehrraketen und andere Panzerabwehrwaffen der Infanterie, wie Joseph Trevithick aus dem Bericht zusammenfasst. Von Drohnen ganz zu schweigen – aber auch damit nicht genug.

Chinas Panzer: Beispiel für den schnellen Modernisierungsschub der Volksbefreiungsarmee

„Darüber hinaus sind potenzielle Gegner, insbesondere vergleichbare Konkurrenten wie China, zunehmend in der Lage, ‚Einflüsse aus Luft-, See-, Weltraum-, Cyber- und elektromagnetischen Operationen‘ zu integrieren, um die Bemühungen vor Ort zu unterstützen“, so der TWZ-Autor. Der Panzer hat so mächtige Feinde bekommen, dass sie die Besatzung kaum noch wahrnehmen kann. Wie das Magazin The National Interest bemerkt, hat gerade der Krieg in Gaza deutlich gemacht, dass Kampfpanzer wie der israelische Merkava in einem urbanen Umfeld seine überragende Rolle als Gefechtsfahrzeug kaum ausspielen kann – im Grunde genommen punktet der Panzer mit seiner aktiven Verteidigung, die gegen Drohnen und ähnlich gefährliche offensive Objekte wirkt, bevor diese auf dem Panzerstahl auftreffen.

All das musste beim Abrams nachgerüstet werden. Was den ursprünglich rund 50 Tonnen Koloss noch schwerer machte und auf 70 Tonnen aufpumpte. China will nun mit seinem neuen Kampfpanzer auftrumpfen – über die fehlende Masse. Der neue leichte Panzer soll rund 35 Tonnen wiegen. Der schwere Panzer Typ 99 dagegen ist Chinas aktuelles Kampffahrzeug und seit 2011 in einer verbesserten Version im Dienst; nach Meinung von Mark Episkopos „ein eindrucksvolles Beispiel für den schnellen Modernisierungsschub der Volksbefreiungsarmee in den 2000er-Jahren“, wie der Autor des Magazin The National Interest behauptet.

Panzer-Zukunft: Veränderungen im Informationsmanagement und der Effizienz auf dem Gefechtsfeld

Auch dieses Modell, das auf dem russischen T-72 aufbaut, ist mindestens zehn bis 15 Tonnen leichter als der Abrams und insofern wahrscheinlich deutlich agiler. Chinas neuer leichter Panzer soll mit einer zweiköpfigen Besatzung auskommen und modular aufgebaut sein. Entsprechend seiner Aufgaben und Aufbauten könnte der Panzer auf 50 Tonnen anwachsen. Um die körperliche Belastung der Besatzung zu verringern, würden Exoskelette eingesetzt werden, mutmaßt das Magazin Armyrecognition.

Aus der Mannschaft würden damit halbe Roboter – vor allem, weil vermutet wird, dass Chinas Kampfpanzer der künftigen, also der vierten Generation, „über hochinformatisierte Feuerleit- und Datenaustauschsysteme verfügen könnten, die es Zweierbesatzungen ermöglichen, Aufgaben zu übernehmen, die normalerweise von mehreren Besatzungsmitgliedern erledigt werden. Dieser technologische Fortschritt deutet auf erhebliche Veränderungen im Informationsmanagement und der Effizienz auf dem Gefechtsfeld hin“, schreibt Armyrecognition

Die Schwächen des Abrams – Gerade das Gewicht macht ihn für den Krieg im Pazifik untauglich

Den Panzer an sich sehen die US-amerikanischen Analysten weniger kritisch als das, was einen Abrams ausmacht: vor allem sein Übergewicht. In seinen nachgerüsteten Versionen hat das Fahrzeug 20 Tonnen zugelegt und hechelt immer noch den neuen Möglichkeiten der Panzerbekämpfung hinterher, wie die Wracks in den Ausstellungen der russischen Beutefahrzeuge beweisen. Und gerade das Gewicht macht ihn für den Krieg im Pazifik untauglich – die Analysten vom American Science Board befürchten massive logistische Probleme.

Die aktuelle Studie unterstreicht die seit langem bestehenden Bedenken hinsichtlich unzureichender Seetransportkapazitäten und der Einschränkungen beim Transport schwerer Panzer aus der Luft. Als genauso bedenklich erachten die Wissenschaftler die Versorgung der stationierten Fahrzeuge, weil erwartet wird, dass China gegen „befreundete Lieferketten“ aktiv werden würde. Bereits die Ukraine hat gezeigt, dass ein Krieg außerhalb des US-amerikanischen Territoriums für einen Goliath wie den Abrams einfach zu weit weg ist – vor allem, wenn keine Truppenpräsenz vom Ausmaß eines Irak-Krieges dahintersteht.

Wobei China ohnehin ein bedeutend schlagkräftigerer Gegner wäre – was die Analysten anhand des Szenarios eines Angriffs Chinas auf Taiwan durchgespielt haben, wie Joseph Trevithick schreibt: „Probleme bei der Stationierung und Versorgung verhinderten die Ankunft ausreichender US-Panzer, bevor China vollendete Tatsachen schaffte.“

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