SPD-Querelen um Koalitionsvertrag: Berliner Abgeordnete drohen mit „Nein“ bei Mitgliedervotum

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Eine schwarz-rote Regierung unter Friedrich Merz wird immer wahrscheinlicher. Doch in der SPD könnten Abweichler zum Problem werden.

Berlin – Während CDU und CSU bereits ihre designierten Ministerinnen und Minister vorstellen, ist ein Zustandekommen der schwarz-roten Koalition weiterhin unsicher. Grund dafür ist das ausstehende Ergebnis einer Befragung unter SPD-Mitgliedern. Die müssen dem zwischen Union und Sozialdemokraten ausgehandelten Koalitionsvertrag erst zustimmen. Und kurz vor der Kanzlerwahl von CDU-Chef Friedrich Merz am 6. Mai, positionieren sich einige SPD-Mitglieder klar gegen den Vertrag.

Union stellt schon Minister vor – doch SPD-Abstimmung könnte Merz‘ Koalitionsvertrag kippen

Insgesamt sind rund 358.000 Mitglieder der SPD aufgefordert, ihre Stimme zum Koalitionsvertrag abzugeben. Doch unter manchen scheinen sich schwerwiegende Zweifel an dem Papier einzustellen. Wie der Tagesspiegel berichtete, sollen mindestens acht Landtagsabgeordnete der Berliner SPD gegen den Koalitionsvertrag stimmen wollen. Das erfuhr die Zeitung aus einer Befragung unter den 35 SPD-Abgeordneten.

Unter den Berliner Sozialdemokraten steche vor allem Orkan Özdemir heraus. Er macht in den sozialen Medien für ein „Nein“ zum Koalitionsvertrag mobil. Der Berliner Abgeordnete wehrte sich in einem Video auf der Online-Plattform Instagram zum Beispiel gegen das Argument, dass nur eine Zusammenarbeit von Union und SPD ein Erstarken der AfD verhindern könne. „Das ist kein Argument. Das ist eine toxisch-emotionale Beeinflussung“, argumentiert Özdemir. Die Strategie der Parteispitze sei es, dass diejenigen, die gegen den Koalitionsvertrag stimmen, für Instabilität, Neuwahlen und eine mögliche Zusammenarbeit von CDU und AfD verantwortlich gemacht werden sollen. Doch verantwortlich für ein Erstarken der in Teilen rechtsextremen Partei seien diejenigen, die am Ende mit ihr zusammenarbeiten wollen, so der SPD-Abgeordnete.

SPD-Befragung zum Koalitionsvertrag: Drohen Merz Neuwahlen vor Kanzlerschaft?

Die gravierendste Konsequenz aus einem „Nein“ zum ausgehandelten Koalitionsvertrag wären sicherlich Neuwahlen. Diese könnten vor allem der AfD zugutekommen, die in den letzten Umfragen deutlich zulegen konnten und erstmals als stärkste Kraft hervorging. Doch würde es überhaupt zu diesem Szenario kommen? Juso-Chef Philipp Türmer zeigte sich bei dem Thema gelassen.

Für ihn würde eine Ablehnung des Koalitionsvertrags vielmehr die Chance bieten, dass sich Union und SPD erneut über den von der Parteibasis viel kritisierten Vertrag austauschen könnten. „Niemand hindert Union und Sozialdemokraten daran, sich nochmal neu zu verständigen“, erklärte er vergangene Woche gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung. Dass es durch ein „Nein“ zu Neuwahlen kommen könnte, glaubt Türmer dagegen nicht. Die verfassungsrechtlichen Hürden dafür seien nicht ohne Grund besonders hoch.

CDU-Chef Friedrich Merz und SPD-Chef Lars Klingbeil.
Die SPD könnte die Kanzlerambitionen von Friedrich Merz (l.) einstampfen. © RALF HIRSCHBERGER(AFP

CDU und CSU stellen Liste von Ministern vor – Kritik auch aus den eigenen Reihen

Während in der SPD noch über eine Zustimmung zum ausgehandelten Koalitionsvertrag gestritten wird, stellen CDU und CSU ihre Minister für die mögliche schwarz-rote Regierung vor:

  • Bundesministerin für Forschung, Technologie und Raumfahrt: Dorothee Bär (CSU)
  • Agrarminister: Alois Rainer (CSU)
  • Bundesinnenminister: Alexander Dobrindt (CSU)
  • Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramtes: Thorsten Frei (CDU)
  • Bundesministerin für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Karin Prien (CDU)
  • Bundesminister für Wirtschaft und Energie: Katherina Reiche (CDU)
  • Bundesminister für Verkehr: Patrick Schnieder (CDU)
  • Bundesminister für Auswärtiges: Johann David Wadephul (CDU)
  • Bundesministerin für Gesundheit: Nina Warken (CDU)
  • Bundesminister für Digitales und Staatsmodernisierung: Karsten Wildberger (CDU)
  • Staatsminister für Kultur und Meiden: Wolfram Weimer (CDU)
  • Staatsministerin für Sport und Ehrenamt: Christiane Schenderlein (CDU)
  • Staatsminister für Bund-Länder-Zusammenarbeit: Michael Meister (CDU)
  • Staatsministerin im Bundesministerium des Auswärtigen: Serap Güler (CDU)
  • Staatsminister im Bundesministerium des Auswärtigen: Gunther Krichbaum (CDU)

Kritik an der Liste kommt nun aber auch aus den eigenen Reihen. So habe der Arbeitnehmerflügel der CDU, die Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft (CDA), Kritik geäußert. Keines ihrer Mitglieder sei auf der Ministerliste vertreten. „Eine Bundesregierung ohne Beteiligung der CDA kannte ich bisher nur aus Zeiten, in denen die CDU in der Opposition war“, so der CDA-Vorsitzende Dennis Radtke gegenüber der Süddeutschen Zeitung am Montag. „Das hat es von Adenauer bis Merkel nie gegeben.“ (nhi)

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