„Omas gegen Rechts" erstatten Anzeige wegen AfD-Plakat

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Wehren sich gegen Beleidigungen und Diffamierungen: Die Omas und Opas gegen Rechts diskutieren im AWO-Treff, wie sie mit der Situation umgehen. © Dieter Priglmeir

Die Gruppe fühlt sich durch ein Plakat am AfD-Stand diffamiert. Die Polizei ermittelt nun wegen Beleidigung und Verleumdung.

Erding - „Wir Omas sind weder für Messerstecher noch für Vergewaltiger.“ Maria Brand war auch Tage später noch völlig außer sich wegen eines Plakats, das am Samstag in der Erdinger Innenstadt am Stand der AfD zu sehen war. Auf 13 Zeilen waren die „Omas gegen Rechts“ (OgR) diffamiert worden – unter anderem als Befürworter von Krieg und Völkermord. Jetzt hat die Gruppierung bei der Polizei Strafanzeige gestellt.

Polizeioberrat Sebastian Pinta bestätigte die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens. Die Polizeiinspektion Erding prüfe derzeit, inwieweit die Inhalte des bekannten Plakats die Tatbestände der Beleidigung und der Verleumdung erfüllen. Die Staatsanwaltschaft Landshut sei eng eingebunden. Die Ermittlungen richteten sich derzeit noch gegen unbekannt.

Das Plakat hat ein AfD-Mitglied mitgebracht. Der Text ist laut Wolfgang Kellermann den sozialen Netzwerken entnommen.
Das Plakat hatte ein AfD-Mitglied mitgebracht. © privat

„Verlust von komplett jedem Anstand“

Für die OgR, die sich Anfang des Jahres als Erdinger Regionalgruppe gegründet haben, um sich gegen einen Rechtsruck der Gesellschaft zu wehren, ist die Lage klar: „Es sind Beleidigungen, es ist Rufmord gegen jeden, der sich in der Gruppe engagiert“, sagte Brand bei einem Treffen am Montagabend vor rund 40 Mitstreiterinnen und Mitstreitern, denn längst haben sich der Gruppierung auch Opas angeschlossen.

Sie machten eine Verrohung der Sitten aus. „Vor fünf Jahren, wenn so ein Plakat irgendwo bei einer politischen Partei gestanden hätte, hätte sich jeder umgedreht und gesagt: Mit so etwas will ich nichts zu tun haben“, sagte einer aus der Runde. Eine andere bezeichnete dies als typische AfD-Masche: „Mit völlig unglaubwürdigen Aussagen an die Öffentlichkeit zu treten, um irgendjemanden zu diffamieren und zu verleumden. Das sind für mich unlautere Mittel.“ Was dahinterstecke, sei kriminell und verfassungsfeindlich. „Das müssen wir aufzeigen. Dafür sind wir da.“

Etliche Mitglieder der Gruppe zeigten sich zutiefst getroffen: „Wir sind in unserer Würde und Ehre total angegriffen“ – „Das ist Verleumdung“ – „Das ist der Verlust von komplett jedem Anstand.“

Dabei hatten die Omas sogar versucht, die Sache noch am Samstag mit den Leuten am AfD-Stand zu klären, wie ein Mitglied erzählte. „Ich habe sie aufgefordert, das Plakat abzunehmen, aber das ging nicht, weil man mir so auf die Pelle gerückt ist. Ich bin kein ängstlicher Mensch, aber wenn ein 1,80 Meter großer Mann mit einem spitzen Kugelschreiber auf mich zukommt …“ Statt das Plakat abzunehmen, „haben die auch noch damit herumgewedelt“, berichtete sie.

Warum die Stadt nicht eingreift

„Ist dieses Plakat im Stadtrat bekannt?“, wollte ein weiteres OgR-Mitglied wissen. „Da ist eine AfD-Fraktion, die an ihrem Stand dieses Plakat hat.“

AfD-Stadtrat Wolfgang Kellermann verwies auf Anfrage der Heimatzeitung auf einen Flyer, in dem die OgR die AfD scharf kritisieren, etwa „Hass gegen Menschen anderer Herkunft und Lebensart“ vorwerfen. Das Banner vom Samstag kursiere in den sozialen Netzwerken. „Wer der Urheber ist, weiß ich nicht. In unserem Fall hat ein Bürger und Parteimitglied von seinem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht und das Banner beim Infostand mitgenommen.“

Im Vergleich zur Rhetorik im Bundestag oder Landtag gegen die AfD „sind diese Aussagen auf dem Plakat zwar hart, aber auch nicht schlimmer“, so Kellermann. Die Polizei sei vor Ort gewesen und habe den Bürger nicht aufgefordert, das Plakat abzunehmen. Und was hält er persönlich davon? „Ich selbst würde die Aussagen nicht so treffen“, sagte Kellermann.

Auch die Stadt wird wohl nicht eingreifen. Laut Sprecher Christian Wanninger enthält das Plakat keine strafrechtlich relevanten Inhalte. „Das ist wohl durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Das ist nicht unsere Meinung oder Auslegungssache, sondern die juristische Sachlage. Als Stadt sind wir sowieso zur politischen Neutralität verpflichtet.“

Im Gegensatz zu den Menschen, die am Samstag in der Innenstadt waren. Sehr viele Passanten hätten sich über das Plakat geärgert und dies auch mitgeteilt, berichtet eine der Omas. „Zwei junge Frauen haben mich gefragt, wie alt ich bin und dass sie toll finden, was ich hier mache. Und dann haben sie mich gefragt: ,Darf ich Sie umarmen?‘“