Autozulieferer meldet Insolvenz an: Arbeitsplätze auf der Kippe

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Die deutsche Autobranche steckt in einer Krise. Diese ist nun auch bei der Firma Bo Parts Solutions mit Standorten in Nordhessen deutlich spürbar.

Nentershausen/Sontra – Der Automobilzulieferer Bo Parts Solutions hat in der vergangenen Woche erneut einen Insolvenzantrag gestellt.

Trotz der wirtschaftlichen Schieflage sollen die Geschäfte an den Standorten in Nentershausen-Dens und Sontra vorerst weiterlaufen. Wie die Erfurter Kanzlei HWW Hermann Wienberg Wilhelm mitteilt – von der die Sanierung begleitet wird – ist Kai Dellit als vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzt worden. Bereits 2021 hatte er das Unternehmen erfolgreich aus der Insolvenz geführt.

Automobilzulieferer Bo Parts Solutions stellt Insolvenzantrag

Bo Parts Solutions ist spezialisiert auf die Produktion von Ersatzteilen für die Automobilindustrie. Die erneute Krise wurde durch das Auslaufen eines wichtigen Auftrags für ein Volkswagenmodell und den unerwarteten Verlust eines Ersatzauftrags ausgelöst, heißt es. Dies habe zu finanziellen Schwierigkeiten geführt, die die Geschäftsleitung nun im Rahmen eines Insolvenzverfahrens überwinden will.

„Unser Ziel ist es, das Unternehmen zu sanieren und möglichst viele der 73 Arbeitsplätze zu sichern“, erklärt der vorläufige Insolvenzverwalter Dellit. Die Löhne und Gehälter der Beschäftigten seien durch das Insolvenzgeld für die nächsten drei Monate gesichert. „Diese Zeit werde ich mit Unterstützung der Geschäftsleitung nutzen, um die Sanierungsoptionen zu prüfen und mit deren Umsetzung zu beginnen.“ Dabei ist Dellit optimistisch: „Die wichtigsten Kunden von Bo Parts Solutions haben ihre Unterstützung für den Fortbetrieb des Unternehmens zugesagt.“ Das sei ein erfreuliches und ermutigendes Signal. Die finanzielle Lage von insolventen Unternehmen sei jedoch immer kritisch zu betrachten, insofern unterscheide sich die Situation nicht wesentlich von der im Jahr 2021, heißt es von der Erfurter Kanzlei HWW.

Strukturelle Herausforderungen setzen Bo Parts Solutions zu

Zum Hintergrund: Das Unternehmen hatte 2019 noch einen Umsatz von 13,5 Millionen Euro erzielt, in den Folgejahren kämpfte es dann mit Verlusten. Anfang 2021 meldete der Automobilzulieferer Insolvenz an, konnte sich jedoch nach sechs Monaten sanieren. Die Übernahme durch die Investorengruppe Restart unter der Leitung von Geschäftsführer Markus Hüter brachte zunächst Stabilität. Sogar eine nach Ungarn ausgelagerte Produktion wurde damals zurück nach Nordhessen geholt. Doch die strukturellen Herausforderungen in der Automobilindustrie setzte Bo Parts Solutions erneut zu.

Der Hauptstandort von Bo Parts Solutions in Nentershausen-Dens im Industriegebiet Reichenberg: Dort werden für die Automobilindustrie beispielsweise Türverkleidungen, Instrumententafeln und Seitenwandverkleidungen hergestellt.
Der Hauptstandort von Bo Parts Solutions in Nentershausen-Dens im Industriegebiet Reichenberg: Dort werden für die Automobilindustrie beispielsweise Türverkleidungen, Instrumententafeln und Seitenwandverkleidungen hergestellt. © Bo Parts Solutions

Trotz der zuletzt positiven Auftragslage und des Know-hows der Belegschaft sei der Betrieb erneut in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. 2023 hatte Bo Parts Solutions einen Umsatz von 12,8 Millionen Euro erzielt. Für 2024 müssen die Zahlen laut Insolvenzverwalter noch verifiziert werden. Im nächsten Schritt wird die Kanzlei HWW die Möglichkeiten einer langfristigen Sanierung prüfen. Ziel sei es, den Betrieb zu erhalten und die Standorte in Nentershausen und Sontra langfristig zu sichern.

Unklar ist, wie es mit der rund 20 000 Quadratmeter großen Halle, die derzeit für den Nentershäuser Automobilzulieferer im Husarenpark in Sontra gebaut wird, weitergehen wird. Geplant war, dass mit der neuen Halle, die von Bo Parts Solutions ab kommenden Jahr angemietet werden sollte, bis zu 50 neue Arbeitsplätze bei der Firma entstehen. „Es ist noch zu früh, um hierzu eine Aussage zu treffen“, sagt Insolvenzverwalter Kai Dellit. Investor und Bauherr des Projekts – mit einem Investitionsvolumen von rund 25 Millionen Euro – ist die Inwo Projektgesellschaft Sigma als ein Unternehmen der Machmeier-Gruppe.

Das sagt der Bürgermeister von Nentershausen, Ralf Hilmes:

„Die Insolvenz von Bo Parts Solutions trifft unsere Gemeinde schwer. Als einer der größten Betriebe und Arbeitgeber in Nentershausen ist das Unternehmen von zentraler Bedeutung für unsere wirtschaftliche Stabilität. Neben der Sorge um die Zukunft der 73 Mitarbeiter befürchte ich erhebliche Auswirkungen auf die Einnahmen der Gemeinde. Sollte das Unternehmen nicht erfolgreich saniert werden, stehen wir vor einem echten Haushaltsproblem 2025. Ich hoffe sehr, dass der Insolvenzverwalter und die Geschäftsführung eine Lösung finden.“

Das sagt Dr. Rolf Schwarz vom Amtsgericht Bad Hersfeld:

Die Bo Parts Solution GmbH befindet sich im vorläufigen Insolvenzverfahren. Herr Dellit wird nun ein Gutachten erstellen, ob die Voraussetzungen für ein Insolvenzverfahren vorliegen. Nach circa drei Monaten wird dann über die Frage der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgrund des bis dahin vorzulegenden Gutachtens entschieden werden. Mit ein Grund für die Probleme ist sicherlich die Krise in der Automobilwirtschaft. Auch generell ist 2024 eine Steigerung der Eingangszahlen von Insolvenzen gegenüber dem Vorjahr feststellbar. (Von Carolin Eberth)

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