Wegen Sanktionen: Russische Airline Aeroflot muss Flugzeuge “kannibalisieren“
Kreative Lösungen, ausgeschlachtete Flugzeuge und Nachbauten: So kämpfen Russlands Luftfahrt und das Zugpferd Aeroflot gegen die Folgen der Sanktionen.
Moskau/München – Seit der Eskalation des Russland-Ukraine-Konflikts im Jahr 2022 steht die russische Wirtschaft unter massivem Druck. Besonders die Luftfahrtbranche und die größte Fluggesellschaft Aeroflot kämpfen mit den Folgen der internationalen Sanktionen.
Ersatzteile für westliche Flugzeuge von Boeing und Airbus sind Mangelware, doch der Flugbetrieb soll weitergehen. Wie gelingt Aeroflot dieses Kunststück – und wie lange kann das gutgehen?
Russlands Wirtschaft und die Luftfahrt: Die Folgen der Sanktionen
Die Sanktionen gegen Russland treffen die Luftfahrt besonders hart. Die aktive Flotte von Aeroflot besteht fast ausschließlich aus Maschinen von Boeing oder Airbus. Offiziell sind diese Flugzeuge von der Ersatzteilversorgung aus westlichen Quellen abgeschnitten.

Auch die beiden Aeroflot-Töchter Pobeda und Rossiya fliegen mit westlichen Maschinen – letztere betreibt jedoch hauptsächlich (75) Exemplare des russischen Sukhoi Superjet 100 und ist damit unabhängiger als die beiden anderen Airlines.
Aeroflot schlachtet Frachtflugzeuge aus – Ersatzteile durch Kannibalisierung
Um die Flotte trotz Subventionen in der Luft zu halten, muss Aeroflot kreativ werden. Wie das Portal Aerotime berichtet, hat Russland nun acht ehemalige Frachtflugzeuge gekauft, um sie für Ersatzteile auszuschlachten. Es handele sich um sechs Boeing 737-800BCF und zwei Boeing 747-400F, die zuvor der Volga-Dnepr Group gehörten.
Die Ersatzteile sollen nicht nur Aeroflot, sondern auch den Tochtergesellschaften zugutekommen. Die erworbenen Flugzeuge standen schon über zwei Jahre geparkt und liefern nun Triebwerke, Fahrwerke und Avionik für die aktive Flotte. Diese Praxis wird in der Luftfahrtbranche auch als „Kannibalisierung“ bezeichnet.
Russische Luftfahrt sucht Auswege: Nachbau und internationale Partnerschaften
Neben dem Ausschlachten setzt Aeroflot auch auf den Nachbau von Ersatzteilen. Gemeinsam mit dem russischen Konzern Rosatom werden dem Bericht zufolge wichtige Komponenten nachgefertigt. Die Maßnahmen verdeutlichen, wie russische Airlines im Angesicht der verhängten Sanktionen ihre Flotten flugtüchtig halten.
Vor Beginn des Ukraine-Kriegs verfügte Russland dem Vernehmen nach über etwa 1500 bis 1800 westliche Flugzeuge. Aufgrund der Vergeltungsmaßnahmen und fehlender Ersatzteile wird erwartet, dass bis 2026 mehr als die Hälfte dieser Flotte stillgelegt werden muss. Das schätzt jedenfalls der ukrainische Geheimdienst.
Sanktionen gegen Russland: Iran-Abkommen und ein neues Flugzeug
Russland ist mit diesen Problemen nicht allein: Auch der Iran muss wegen Sanktionen auf derartige Lösungen zurückgreifen. Viele Flugzeuge in der islamischen Republik sind so alt, dass sie für Luftfahrtfans aus aller Welt zu einer Attraktion werden. Zudem unterzeichnete Russland mit dem Iran laut Aviacionline.com im Jahr 2022 ein Abkommen über die Lieferung von Ausrüstung und Ersatzteilen sowie über Wartung und Reparatur für russische Fluggesellschaften.
Bei Großraumflugzeugen gibt es für Airlines der Föderation kaum Alternativen zu Airbus oder Boeing. Die russische Iljuschin Il-96 ist laut Futurezone.at in kleiner Stückzahl im Einsatz, vor allem beim Staat. Hoffnung setzt die russische Luftfahrtindustrie demnach auf den gemeinsam mit China entwickelten Großraumjet CRAIC CR929 (einst Comac C929), welcher den westlichen Anbietern Konkurrenz machen soll. (PF)