Bürgergeld-Kürzung im Gespräch: Einschnitte für Millionen Empfänger plötzlich auf dem Tisch

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In Deutschland bekommen knapp 5,5 Millionen Menschen Bürgergeld. © Zoonar/imago

Das Bürgergeld ist ein großes Ampel-Streitthema. In Deutschland bekommen knapp 5,5 Millionen Menschen Bürgergeld. Die FDP schlägt eine Kürzung vor.

Berlin – Alleinstehende Bürgergeld-Empfänger bekommen aktuell 563 Euro im Monat – zu viel, wenn es nach FDP-Fraktionschef Christian Dürr geht. Dürr hat sich deshalb für eine Kürzung des Bürgergelds ausgesprochen. Angesichts der Inflationsentwicklung falle das Bürgergeld „aktuell 14 bis 20 Euro im Monat zu hoch aus“, sagte Dürr jüngst der Bild-Zeitung.

Kürzungen beim Bürgergeld? FDP will Pläne „schnellstmöglichst“ auf den Weg bringen

Dürr schlägt eine Anpassung „nach unten vor“. Bei der letzten Berechnung sei die Inflation höher eingeschätzt worden, als sie sich tatsächlich entwickelt hat. Mit dem Vorschlag der FDP würden die Regelsätze beim Bürgergeld bei Alleinstehenden auf bis zu 543 im Monat sinken, berichtet die Bild. „Das würde sowohl die Steuerzahler um bis zu 850 Millionen Euro entlasten als auch die Arbeitsanreize erhöhen“, sagte Dürr. Er fordert, die Kürzungspläne „schnellstmöglich auf den Weg zu bringen.“

Nullrunde beim Bürgergeld zu erwarten – Kritik vom Sozialverband Deutschland

Im Vorfeld ging aus dem Haushaltsentwurf hervor, dass die Ampel für 2025 5,5 Milliarden Euro weniger für das Bürgergeld ausgeben will. 2025 müssen sich Empfängerinnen und Empfänger zudem auf eine mögliche Nullrunde einstellen. Die monatlichen Beträge seien aufgrund der hohen Inflation Anfang 2024 stark gestiegen; nun, da die Preise langsamer stiegen, rechne sein Ministerium damit, dass es 2025 „auch mal eine Nullrunde geben kann“, sagte der Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) im Mai bei einer Fragerunde im Parlament.

Auch eine Sprecherin des Arbeitsministeriums sagte Ende Juli: „Wir rechnen im Moment damit, dass angesichts der jetzt rückläufigen Preissteigerungsraten wahrscheinlich nach jetziger Lage zum 1. Januar 2025 es auch sein kann, dass es keine Erhöhung geben wird.“ Der Sozialverband Deutschland sieht darin eine Ungerechtigkeit. „Dass jetzt eine Nullrunde trotz anhaltender Inflation droht, ist eine Unverschämtheit. Die Regelbedarfsermittlung muss an die Realität der Menschen angepasst werden“, sagte SoVD-Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier dazu im Juni.

Kürzungen beim Bürgergeld 2024 – weil Nebenkostenprivileg ab Juli wegfällt

Anfang 2024 seien die Regelbedarfssätze im Vergleich zu den Vorjahren stark gestiegen, sagte eine Sprecherin des Arbeitsministeriums Ende Juli. Dies habe an der hohen Inflation vorher gelegen. Zuletzt war das Bürgergeld Anfang 2024 um insgesamt 12 Prozent gestiegen. Alleinstehende bekommen seither 563 Euro im Monat, 61 Euro mehr. Zusätzlich übernimmt das Jobcenter die tatsächlichen Kosten für Unterkunft, also Miete und Heizkosten.

Seit dem ersten Juli 2024 ist es allerdings nicht mehr möglich, Kosten für den TV-Kabelanschluss über die Nebenkosten abrechnen zu lassen. Jobcenter können also die Kosten nicht mehr als Teil der Kosten der Unterkunft (KdU) übernehmen. Die Wohnungswirtschaft sieht dies als eine faktische Kürzung des Bürgergelds an. Etwa zwei Millionen Bürgergeld-Empfänger müssen sich zukünftig auf höhere Ausgaben einstellen.

Bürgergeld ist ein großes Streitthema der Ampel – Rufe nach Förderung der Arbeitsanreize

Das Bürgergeld ist seit seiner Einführung in der Kritik. Es gibt Vorwürfe, dass das Bürgergeld zu verlockend für Menschen sei, die nicht arbeiten wollen würden. Die FDP plädierte wiederholt dafür, durch das Bürgergeld mehr Menschen in Arbeit zu bringen – so sagte Dürr bereits im Juni rp-online: „Es muss gelingen, mehr Menschen in reguläre Arbeit zu bringen, damit wird auch der Haushalt entlastet.“ 

Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm schlug jüngst vor, dass Bürgergeldempfänger, die eine Beschäftigung aufnehmen, mehr von ihrem Einkommen behalten sollen. Sanktionen für Empfänger, die keine zumutbare Arbeit aufnehmen, könnten damit kombiniert werden, erklärt Grimm im Interview mit Funke. „So würde sich der Ausstieg aus dem Bürgergeld für die Betroffenen auch finanziell auszahlen. Man muss erreichen, dass sich das Arbeiten im unteren Einkommensbereich lohnt.“

Ampel verschärft Sanktionen beim Bürgergeld

Auch die Sanktionen sind ein großes Streitthema. Inzwischen hat die Ampel die Sanktionen beim Bürgergeld verschärft. Menschen, die ihren Pflichten im Bürgergeld ohne wichtigen Grund nicht nachkommen, können Leistungen gekürzt werden. Jobcenter sollen Arbeitslosen das Bürgergeld für maximal zwei Monate auch komplett streichen können, wenn die Betroffenen die Aufnahme einer Arbeit nachhaltig verweigern.

Für die Berechnung des Bürgergeldes gibt es einen gesetzlichen Rechenweg, der die Preissteigerung berücksichtigt. Diese ist geringer ausgefallen, als im vorigen Jahr bei der Erhöhung der Regelzahlungen angenommen. (bohy mit Material der dpa)

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