Putin-Freund wankt: Serbiens Sportheld Djokovic stellt sich gegen Moskau-Intimus Vucic

  1. Startseite
  2. Politik

Kommentare

In Serbien protestieren Massen gegen Aleksandar Vucic, die dem umstrittenen Präsidenten nichts anhaben können. Jetzt stellt sich der populärste Serbe gegen ihn: Novak Djokovic.

London – Er ist international umstritten: Aleksandar Vucic hält weiter zu Kreml-Autokrat Wladimir Putin. Trotz der Gräueltaten des Russland-Regimes im blutigen Ukraine-Krieg.

Massenproteste in Serbien: Novak Djokovic unterstützt die Kritiker von Aleksandar Vucic

Umstritten ist der serbische Präsident mittlerweile aber längst auch in seiner Heimat, zwischen der Hauptstadt Belgrad und den größeren Städten Novi Sad im Norden und Nis im Süden des Balkan-Landes mit seinen knapp sieben Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern. Seit März gibt es wieder Massenproteste gegen seine Politik. Diese begannen, den großen Bogen gespannt, schon vor zwei Jahren im Sommer 2023, als erstmals hunderttausende Serbinnen und Serben gegen den nationalkonservativen Politiker auf die Straßen gingen,

Vucic werden autoritäre Tendenzen nachgesagt. Er spielte während der Jugoslawienkriege in den 1990er Jahren eine dubiose Rolle. Zum Beispiel hetzte er öffentlich gegen Bosniaken. Während just an diesem Freitag (11. Juli), dem 30. Jahrestag, nicht nur im benachbarten Bosnien des „Massakers von Srebrenica“ gedacht wird, verübt durch serbische Paramilitärs an muslimischen Bosniaken, schlägt sich im entfernten Großbritannien der wohl populärste Serbe auf die Seite der Vucic-Kritiker: Tennis-Superstar Novak Djokovic.

Dieser Jubel polarisiert in Serbien: Tennis-Superstar Novak Djokovic macht in Wimbledon eine Luftpumpe nach.
Dieser Jubel polarisiert in Serbien: Tennis-Superstar Novak Djokovic macht in Wimbledon eine Luftpumpe nach. © IMAGO / News Licensing

Jubel von Tennis-Star Novak Djokovic: Kritik an Putin-Intimus Aleksandar Vucic?

Djokovic tat dies in Form eines Jubels, den er zuletzt wiederholt anwandte, beim prestigeträchtigen Tennis-Turnier in Wimbledon, London. Nach seinem Viertelfinalsieg gegen den Italiener Flavio Cobolli am Mittwoch (9. Juli) hob der mittlerweile 38-jährige seine Arme, hielt diese waagrecht auf Höhe seines Brustkorbes und ging dann mit seinem Körper rauf und runter. Als würde er eine große Luftpumpe bedienen. Beobachter werten dies als eine Solidaritätsbekundung mit den Protestanten in seiner Heimat, die unter dem Slogan auf die Straße gehen: „Erhöht den Druck!“

Also auf Präsident Vucic. Brisant: Vucic und Djokovic gelten beide als stolze Nationalisten, wobei der Politiker dem Lager der Ultranationalisten zugerechnet wird. Entsprechend empört reagierten nationalkonservative Medien auf Djokovics‘ Geste, der in Serbien mit mittlerweile 24 Grand-Slam-Titeln und durch sein sehr selbstbewusstes Auftreten in der Weltöffentlichkeit als eine Art lebender Nationalheld gilt. Wie ntv berichtet, kritisierten Vucic-treue Boulevardmedien ihren eigentlichen Helden wegen des Jubels scharf. Der Tennisspieler begründete seinen Jubel anders.

So, wie Vucic politische Macht in den vergangenen zehn Jahren gelebt hat, gehe ich nicht davon aus, dass er freiwillig weichen wird.

Amokläufe und Bahnhofsunglück in Novi Sad: Demonstrationen gegen Gewalt und Korruption

„Es ist etwas zwischen mir und meinen Kindern“, meinte Djokovic bei einer Presserunde in der britischen Metropole: „Wir lieben es, zu pumpen. Wir pumpen nach jedem Sieg.“ Bei Wimbledon sind politische Gesten durch den Veranstalter untersagt. Wollte Djokovic dennoch eine Botschaft senden? Denn: Auch Tochter Tara und Sohn Stefan machten auf der Tribüne zeitgleich mit ihrem Vater auf dem Center Court den Luftpumpen-Jubel. Bezeichnend: Vor rund zwei Jahren demonstrierten unter den Zehntausenden viele junge Familien gegen die Vucic‘ mutmaßlich gewaltverherrlichende Politik.

Zuvor hatte es bei zwei Amokläufen 18 Tote in Serbien gegeben. Die Kritiker werfen dem System Vucic zudem eine ausschweifende Korruption und staatlich geförderte Gewalt gegen die Opposition vor. Am 1. November 2024 kamen bei einem tragischen Unglück in der zweitgrößten serbischen Stadt Novi Sad 15 Menschen ums Leben, als das gerade erst renovierte Dach des Hauptbahnhofs einstürzte. Als Folge entflammten die Proteste erneut. Wieder stand der Vorwurf der Korruption, zum Beispiel, bei wichtigen öffentlichen Bauvorhaben im Raum.

Seit Monaten gehen in Serbien, insbesondere in Belgrad (Foto), tausende Studenten gegen den polarisierenden Präsidenten Aleksandar Vucic und seine Politik auf die Straßen.
Seit Monaten gehen in Serbien, insbesondere in Belgrad (Foto), tausende Studenten gegen den polarisierenden Präsidenten Aleksandar Vucic und seine Politik auf die Straßen. © IMAGO / SNA

Putin-Vertrauter Aleksandar Vucic: Wird es eng für den serbischen Präsidenten?

Im März warfen Beobachter den Behörden dann vor, eine Schallwaffe gegen serbische Demonstranten in Belgrad eingesetzt zu haben. Vucic und die ihm nachgestellte Regierung - er kann als Staatsoberhaupt Minister entlassen - bestritten dies vehement. Videos, die in Sozialen Netzwerken die Runde machten, sollen aber genau einen solche Schallwaffe belegen. Weitere Kritikpunkte: Viele junge Demonstranten fordern Vucic und die Regierung zu Bemühungen um einen Beitritt in die Europäische Union (EU) auf, weil sie in dieser die außenpolitische Zukunft ihres Landes sehen. Vucic arbeitet stattdessen eng mit Putins autoritärem Moskau-Regime und mit China zusammen, das zuletzt zum Beispiel einen knapp 31 Kilometer langen Autobahnabschnitt mit Tunneln für Vucic im Südwesten des Landes baute.

Wird es diesmal wirklich eng für das 55-jährige Staatsoberhaupt? In der serbischen Bevölkerung gebe es Zorn, wie das Land funktioniere, „dass sich Korruption breitmacht, dass alles von der Serbischen Fortschrittspartei SNS kontrolliert wird. Aber, dass es den Menschen wirtschaftlich nicht besser geht“, erklärte im Sommer 2023 der Balkan-Experte Dr. Vedran Dzihic Merkur.de von IPPEN.MEDIA. Der Politikwissenschaftler des Österreichischen Instituts für Internationale Politik in Wien meinte damals: „So, wie Vucic politische Macht in den vergangenen zehn Jahren gelebt hat, gehe ich nicht davon aus, dass er freiwillig weichen wird.“ (pm)

Auch interessant

Kommentare