Zweite Runde der Frankreich-Wahl: So unterschiedlich wählen Stadt und Land

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Während viele Städte eher links oder liberal bis konservativ wählen, führen gerade auf dem Land die Rechtspopulisten die Wahlergebnisse an.

Paris – Bei der zweiten Runde der Frankreich-Wahl setzen das liberale Mitte-Bündnis des amtierenden Präsidenten Emmanuel Macron und die Linke auf Zusammenhalt gegen rechts und die Hoffnung, in der Stichwahl die Mehrheit der Stimmen hinter den aussichtsreichsten Kandidatinnen und Kandidaten zu vereinen. Frankreich-Fachleute warnen, dass dieser Plan nicht unbedingt zum Erfolg führen muss und verweisen vor allem auf die Politik-Verdrossenheit der Menschen im ländlichen Raum.

So sprach etwa der britische Guardian mit Menschen, die in der Gemeinde Colombier-Saugnieu unweit von Frankreichs drittgrößter Metropole Lyon bereits im ersten Wahlgang mit 54 Prozent ihrer Stimmen dafür gesorgt haben, dass der Kandidat der rechtspopulistischen Rassemblement National im Wahlkreis Rhône bereits mit großem Vorsprung in die Stichwahl geht. In 501 der insgesamt 577 Wahlkreisen wird heute nochmals gewählt, in 76 haben bereits im ersten Wahlgang Kandidatinnen und Kandidaten die notwendige Mehrheit erreicht.

In 501 von 577 französischen Wahlkreisen gehen die Menschen heute zur Stichwahl. In vielen von ihnen lag die Rechtspartei Rassemblement National beim ersten Wahlgang vorn.
In 501 von 577 französischen Wahlkreisen gehen die Menschen heute zur Stichwahl. In vielen von ihnen lag die Rechtspartei Rassemblement National beim ersten Wahlgang vorn. (Symbolfoto) © Emmanuel Dunand/AFP

Tendenz der Frankreich-Wahl: Teils große Unterschiede zwischen Stadt und Land

Der Tenor in dem Örtchen südlich von Lyon: „Wir wollen, dass die Dinge wieder so werden wie früher“, so zitiert der Guardian eine Bewohnerin des Ortes, die damit womöglich vielen der Rassemblement National-Wählenden im Land aus der Seele spricht. Wie viele im ländlichen Raum hätten sie auch hier im Ort das Gefühl, „dass es anderswo überall schlecht läuft“, während „im Dorf selbst alles in Ordnung ist“.

In den städtischen Wahlkreisen der nahegelegenen Stadt Lyon – einem der Orte, an denen es womöglich schlechter läuft als in Colombier-Saugnieu – gehen die Rechtspopulisten dagegen nur in einem von vier Wahlbezirken überhaupt in die Stichwahl. Ähnlich steht es um zwei weitere der fünf größten Städten des Landes - auch in Paris und Toulouse tragen die Ergebniskarten des ersten Wahltags am 30. Juni fast ausnahmslos die Farben anderer Parteibündnisse und nicht die von Rassemblement National. In Teilen von Marseille sowie in Frankreichs fünftgrößter Stadt Nizza liegen die Rechtspopulisten dagegen mit großem Abstand vorne.

Stichwahl in 501 Wahlbezirken in Frankreich: Absprachen sollen Rechtsruck abmildern

Auch aus diesem Grund warnen Menschen wie der Politikwissenschafts-Professor Stéphane Cadiou von der Universität in Lyon gegenüber Medien wie dem Guardian vor voreiligen Schlüssen. Genauso wie es sein könne, dass Menschen im ländlichen Raum mehrheitlich nicht für Rassemblement National abstimmen, gäbe es Städte wie Nizza oder das nahegelegene Toulon, in denen die Rechtspopulisten teils mit großem Abstand vorne lägen, weil es der Partei hier gelungen ist, die Mehrheit der Menschen davon zu überzeugen, dass sie eine bessere Zukunft ermöglichen.

Während einer der beiden Stichwahl-Wahlkreise in der Stadt zu den landesweit 89 Wahlkreisen gehören, in denen die Wählenden am heutigen Sonntag die Wahl zwischen drei Kandidatinnen und Kandidaten haben, soll auch im Wahlkreis Nizza 3 der Rückzug des Kandidaten des Präsidentenbündnisses Ensemble dafür sorgen, dass die Linke Kandidatin sich doch noch gegen den Rassemblement National-Favoriten durchsetzen kann, was die Folgen der Wahl aktuellen Umfragen zufolge etwas abmildern könnte.

Während die Institute vergangene Woche noch vorausgesagt hatten, dass die Rechtspopulisten mit bis zu 305 Volksvertretern die Parlamentsmehrheit übernehmen könnten, sah eine Ipsos-Umfrage die Partei am Samstag noch bei 175 bis 205 Sitzen. (saka)

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