„Umgang mit dem Bürger ist bodenlos“: Beitragszahlungen sorgen für Ärger

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Die Grundstückseigentümer in Steingaden haben Bescheide zur Zahlung von Verbesserungsbeiträgen erhalten. © Monika Skolimowska/dpa

Die Kosten für Arbeiten bei der Wasser- und Abwasserversorgung legt die Gemeinde Steingaden auf die Grundstückseigentümer um. Eine Reihe von Bürgern wirft der Kommune vor, dass sie darüber nicht ausreichend informiert worden seien. Bürgermeister Max Bertl widerspricht.

Steingaden – Der Brief, den die Steingadener Grundstückseigentümer Mitte Oktober in ihren Briefkästen fanden, sorgte nicht für Freude. Es handelte sich um sogenannte Verbesserungsbeitragsbescheide für Maßnahmen an der Wasserversorgung. Auf gut Deutsch: Die Kosten in Höhe von insgesamt gut 4,5 Millionen Euro für besagte Arbeiten, unter anderem geht's dabei um eine Verbundleitung und den Anschluss der Gemeinde Steingaden an die Kläranlage Lechbruck, werden zu 65 Prozent auf die Grundstückseigentümer umgelegt. Die anderen 35 Prozent werden über die Abwassergebühren abgerechnet.

Der Umgang der Gemeinde mit dem Bürger ist bodenlos.

Zu den betroffenen Eigentümern gehören auch Elke Freisl und Julian Riess. Bereits zum 30. November müsse er einen vierstelligen Betrag zahlen, rechnet Riess vor. Die beiden Steingadener kritisieren – genauso wie 170 weitere Bürger, die sich zur Initiative „Wasser und Abwasser gerecht“ zusammengeschlossen haben –, dass sie im Vorfeld nicht ausreichend über die Beitragszahlungen informiert worden seien. „Der Umgang der Gemeinde mit dem Bürger ist bodenlos“, sagt Riess.

Bürgermeister: Es wurde über die Beitragszahlungen informiert

In einem Schreiben, das der Heimatzeitung vorliegt, hat sich die Bürgerinitiative nun an die Gemeinde Steingaden gewandt. „Die Bescheide lagen einfach in den Briefkästen, mit der Aufforderung: zahlbar in sechs Wochen“, ist dort zu lesen.

Bürgermeister Max Bertl sagt auf Nachfrage der Heimatzeitung, dass die Gemeinde mehrmals über die anstehenden Verbesserungsbeitragszahlungen informiert habe – zum Beispiel über das Mitteilungsblatt der Gemeinde und öffentliche Aushänge. Nur die konkrete Höhe der Beiträge hätten die Grundstückseigentümer erst mit dem Bescheid erfahren. „Die Berechnung hatten wir aber auch erst im Oktober“, so der Rathaus-Chef.

Fehlberechnungen wegen falscher Flächendaten

Berechnet wurde die Höhe der Beitragszahlungen anhand der Quadratmeterzahl der jeweiligen Grundstücks- und Geschossflächen. 6,63 Euro sind laut Riess pro Quadratmeter fällig. Riess und Freisl kritisieren, dass die Flächen nicht vor Ort überprüft wurden. Dadurch sei es zu einigen Fehlberechnungen gekommen.

Laut Bürgermeister Bertl würden die Daten, die der Gemeinde zu den entsprechenden Flächen vorliegen, in etwa 80 Prozent der Fälle stimmen. „Eine neue Begutachtung würde nochmal 200 000 Euro kosten, die müssten die Bürger dann auch noch mitzahlen“, erklärt der Rathaus-Chef.

Bürgerinitiative fordert Rücknahme der Bescheide

In ihrem Schreiben an die Gemeinde fordert die frisch gegründete Bürgerinitiative rund um Riess und Freisl unter anderem die „Rücknahme aktueller Bescheide“, eine „transparente Prüfung der rechtlichen und finanziellen Alternativen“ sowie eine „öffentliche Diskussion und echte Bürgerbeteiligung zu diesem Thema“, zum Beispiel durch eine spezielle Bürgerversammlung. „Wir sollen zahlen. Warum dürfen wir nicht mitreden?“, so Riess.

Über eine spezielle Bürgerversammlung zu dem Thema habe man im Gemeinderat gesprochen, berichtet Bertl – letztlich habe sich das Gremium aber dagegen entschieden. Man setze lieber auf „Einzelgespräche“ mit den betroffenen Bürgern. „Jeder kann mich ansprechen“, betont der Rathaus-Chef.

Bürgermeister Bertl: Das würde ich rückblickend anders machen

Eine Sache würde Bertl rückblickend aber schon anders machen: Er hätte vor dem Versenden der Bescheide an die Bürger nochmal einen Info-Brief verschickt, in dem das Wichtigste zu den Verbesserungsbeiträgen erklärt ist. Gleichzeitig kritisiert er, dass die Vertreter der Initiative nicht das persönliche Gespräch mit ihm gesucht hätten.

Wir haben unsere Infrastruktur auf Vordermann gebracht.

Max Bertl verteidigt den Weg, den die Gemeinde in der Wasser- und Abwasserthematik eingeschlagen hat: „Wir haben unsere Infrastruktur auf Vordermann gebracht.“ Die alte Kläranlage hätte nicht mehr weiterbetrieben werden können, ein Neubau wäre doppelt so teuer wie der Anschluss an Lechbruck gekommen.

Einen größeren Anteil an den Gesamtkosten über die Verbrauchsgebühren abzurechnen, lehnt Bertl ebenfalls ab. „Das wäre der falsche Weg. Denn das zahlt ja dann auch der Mieter, der vielleicht in fünf Jahren gar nicht mehr in Steingaden wohnt“, so der Rathaus-Chef. Bertl kündigt an, dass er die Vertreter der Initiative zu einem Gespräch im Rathaus einladen möchte. Außerdem wolle er das Thema im Gemeinderat nochmal ansprechen.