Einheimische genervt von Camper-„Rambazamba“ an abgelegenem Alpen-Bergsee: „Wird immer extremer“

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An einem abgelegenen Bergsee in den Alpen herrscht dicke Luft. Immer mehr Camper strömen mit Zelten und Gaskochern in die Abgeschiedenheit. Einheimische sind verärgert.

Appenzell – Wo sich Hase und Igel einst ungestört gute Nacht sagen konnten, herrscht heute reges Treiben. Im Appenzeller Land in der Schweiz sorgen Wildcamper bei den Einheimischen für Kopfschütteln und lange Gesichter. Im Fokus beider Parteien: der zwischen sanften Hügeln und steilen Wänden gelegene Fählensee, mitten im malerischen „Alpstein“.

Die Appenzeller Zeitung berichtet nun, dass der einstige Rückzugsort zunehmend überlaufen wird. Nicht nur Tagesausflügler aus der Schweiz, Österreich oder Deutschland zieht es an den Bergsee, mittlerweile strömen Besucher aus aller Welt an seine Ufer. In der Folge müssen auch die Bergretter häufiger ausrücken und unvorbereitete Wanderer bergen.

Camping-Irrsinn am Fählensee: Einheimische und Wanderer verärgert

Älpler Sepp Inauen gehört zu denjenigen, die das rege Treiben mit einiger Skepsis verfolgen. Der Appenzeller Zeitung erzählt er, dass sich kürzlich eine Gruppe Holländer auf seiner Wiese, die direkt an den Fählensee grenzt, niedergelassen habe. Obwohl Wildcampen in der Region untersagt ist, sei es zumindest auf seiner Weide nicht grundsätzlich verboten, erklärt der Senner.

Die Lage verschärft sich jedoch: „Es wird immer extremer“, beklagt Inauen im Gespräch mit der Zeitung. Früher waren es nur vereinzelte Biwakzelte. Heute treffe man bereits am frühen Morgen auf 50 Menschen und „Rambazamba“, was auch Wanderer stört, die auf Facebook inzwischen Bilder von zahlreichen, teils nackten Männern teilen, die sich im kühlen Bergwasser tummeln.

Ausblick von Bollenwees Alp auf den Fählensee
Beliebt bei Einheimischen und Touristen: der Fählensee in der Ostschweiz. © imago stock&people

Laut Inauen handelte es sich bei den Holländern um eine christliche Gruppe – „aber keine Sekte“, wie er betont. Dem Wunsch der Urlauber nach Feuerholz sei er nicht nachgekommen. Das brauche er schließlich selbst, argumentiert der Einheimische. Verjagen möchte der Älpler die vielen Gäste bislang aber nicht. Einfach wegzuschauen, fiele ihm dennoch schwer: „Gratis mache ich das nicht mehr“, erklärt Inauen der Appenzeller Zeitung. Zwölf Franken pro Nacht und Person verlange er von den Touristen. Schließlich verkomme das einsame Gewässer langsam zu einem Campingplatz mit Feuerstellen, Gaskochern und Müll. Und das, obwohl er überhaupt keine Werbung mache, so der Älpler. Auch in Südtirol gibt es bekannte Bergseen. An einem sichteten Urlauber kürzlich einen Wolf.

Wildcampen im Appenzeller Land verboten

Doch wie sieht die rechtliche Lage aus? „Der Alpstein ist weder ein Zelt- noch ein Campingplatz. Wildes Zelten ist nicht erlaubt; übernachten Sie in einem Berggasthaus oder auf der Alp und halten Sie sich in jedem Fall an die Weisungen des Alppersonals“, informiert die Internetseite der Tourismusorganisation appenzell.ch. Mit Zustimmung der Grundstückseigentümer und Senner ist das Zelten im Appenzeller Land derzeit noch geduldet. Eine Regelung, die wildes Campieren nur noch im Notfall gestatten soll, ist jedoch in Arbeit. Laut der Appenzeller Zeitung bleibt noch vorerst alles beim Alten – zumindest bis 2028.

Einheitliche Regelung in Deutschland

Je nach Kanton und Gemeinde können in der Schweiz unterschiedliche Regelungen für das Wildcampen gelten, merkt der Schweizer Alpen-Club an. In bestimmten Schutzgebieten, wie dem schweizerischen Nationalpark in Graubünden, ist das Zelten hingegen völlig verboten. In Deutschland ist das Zelten in der Wildnis landesweit untersagt. Probleme mit Campern gibt es indessen auch in anderen Ländern. (fz)

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