- Wie sich die Zerschlagung von USAID in Indien auswirkt
In Indien mussten im vergangenen Monat die ersten drei Kliniken für Transgender-Personen schließen, nachdem US-Präsident Donald Trump angeordnet hatte, die Zahlungen der US-amerikanischen Behörde für internationale Entwicklung USAID für 90 Tage auszusetzen. Die Gelder hatten die Arbeit der Kliniken finanziert.
Vier Jahre lang hatte Rachana Mudraboyina, eine Transfrau, in einer der Kliniken in der südindischen Stadt Hyderabad als Gesundheitsberaterin gearbeitet. In einem Telefongespräch teilte ihr die Mitr-Klinik im Februar unvermittelt mit, dass sie arbeitslos sei, weil die Entwicklungshilfe fast vollständig eingestellt worden war.
Zwei weitere Mitr-Kliniken, die ebenfalls von USAID-Zahlungen abhängig waren, wurden in Thane und Pune in Westindien geschlossen.
Die Mitr-Kliniken unterstützten mehr als 5000 Patienten und Patientinnen. Hier erhielten sie Informationen, rechtlichen Beistand, Arzneimittel und Beratung zu Hormontherapien, psychischen Problemen und HIV und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten. Bei der Klinik in Hyderabad, der ersten indischen Klinik für Transpersonen waren mehr als 2000 Menschen registriert, erzählt Mudraboyina.
"Wir bekommen Anrufe von Patienten, die verzweifelt sind, weil es hier keine andere Klinik für die Gemeinschaft gibt", berichtet sie der DW und fügt hinzu, die laufenden Kosten der Klinik seien überwiegend aus Mitteln von USAID gedeckt worden.
Mudraboyina und ihre Patienten und Patientinnen haben zudem mit den Auswirkungen verschiedener anderer Dekrete Trumps zu kämpfen, durch die Programme für Vielfalt, Gleichheit und Inklusion (DEI, engl. Diversity, Equity and Inclusion) beendet wurden.
Dem Weißen Haus zufolge steht DEI für eine "immense Verschwendung öffentlicher Gelder und eine beschämende Diskriminierung". Die Programme hätten eine "gefährliche, herabwürdigende und unmoralische Bevorzugung auf Grundlage von Ethnie und Geschlecht" gefördert.
Bis zur Einstellung der Zahlungen war USAID der weltweit größte Geldgeber. 2023 zahlten die USA 71,9 Milliarden US-Dollar (69,24 Milliarden Euro) Projekte wie die Förderung der Gesundheit von Müttern und Kindern, HIV-/AIDS-Behandlungen, Umweltschutz und Zugang zu sauberem Wasser. 2024 machten die Zahlungen den Vereinten Nationen zufolge 43 Prozent der gesamten humanitären Hilfen aus.
Mudraboyina sieht das Einfrieren der Mittel nicht nur als einen Angriff auf sich persönlich, sondern auf alle Transgender-Personen. "Ich bin 40 Jahre alt, ich kann nicht betteln oder als Sexarbeiterin Geld verdienen", sagt sie zur DW. "Trumps Politik richtet sich nicht nur gegen Transpersonen, sondern gegen Personen jeden Geschlechts", klagt sie. "Es ist traurig, eine bereits genug gebeutelte Gemeinschaft so schlecht behandelt zu sehen."
In Reaktion auf Trumps DEI-Dekret versuchen viele regierungsunabhängige Organisationen, die mit USAID-Projekten in Indien kooperieren, ihre Sprache anzupassen. Sie hoffen, damit nach dem 90-tägigen Zahlungsstopp wieder Mittel zu erhalten, wie viele Gesprächspartner der DW bestätigen.
"Meine Organisation arbeitet in den Bereichen Behinderung, LGBTQ und allem, was Trumps Politik zuwider läuft", erzählt ein Kommunikationsexperte für eine gemeinnützige Organisation, der namenlos bleiben soll, der DW. "Ich muss alle Dokumente durchgehen und Wörter wie 'ethnisch', 'Gender', 'Behinderung' und 'Vielfalt' entfernen - also eigentlich alles, wofür wir stehen."
Die Geschichte der überwiegend durch USAID bereitgestellten US-Hilfen für Indien geht bis ins Jahr 1951 zurück. Laut einem kürzlich vom indischen Finanzministerium veröffentlichten Bericht stellte USAID seit Beginn der Hilfen über 17 Milliarden US-Dollar (etwa 16 Milliarden Euro) für 555 Projekte in Indien zur Verfügung.
Gegenwärtig kooperieren USAID und die indische Regierung bei sieben aktiven Projekten mit einem Gesamtbudget von 750 Millionen US-Dollar (694 Millionen Euro). Die größten Zahlungen gingen an die Bereiche Gesundheit, Energie und schutzbedürftige Gemeinschaften. Werden diese Zahlungen eingestellt, müssen viele Menschen in Indien befürchten, ihre Arbeit zu verlieren.
"Die Kürzung von US-Mitteln könnte die Wirksamkeit der US-amerikanischen Politik in den Entwicklungsländern gefährden", warnt die ehemalige indische Botschafterin in den USA, Meera Shankar.
Wie sich der Zahlungsstopp langfristig auswirken wird, ist unklar, denn viele indische regierungsunabhängige Organisationen schweigen aus Furcht vor finanziellen Konsequenzen. Verschiedene Quellen berichteten der DW jedoch, dass USAID-finanzierte Projekte eingestellt worden seien.
In einer offiziellen Mitteilung von USAID an eine indische Partnerorganisation, die von der DW eingesehen werden konnte, heißt es: "Weltweit werden alle von USAID direkt angestellten Mitarbeiter beurlaubt, mit Ausnahme der Mitarbeiter, die erfolgskritische Aufgaben erfüllen oder in leitenden Funktionen oder speziell ausgewiesenen Programmen tätig sind."
Indischen Quellen zufolge haben viele in USAID-Projekten involvierte Mitarbeiter bereits ihre Jobs verloren, während andere um ihre Zukunft bangen. Einige Mitarbeiter wurden anderen Projekten zugewiesen. Eine Bitte der DW um Stellungnahme wurde von USAID noch nicht beantwortet.
"Es gibt keine offiziellen Zahlen für Indien, aber wir gehen davon aus, dass 6000 bis 10.000 Stellen im Entwicklungssektor gestrichen wurden", sagt M.S. Mahala, Mitbegründer des gemeinnützigen Beratungsunternehmens Ground Zero.
Im Gesundheitsbereich wurde einem Insider zufolge, der anonym bleiben will, das Projekt NISHTHA mit hunderten von Mitarbeitern in ganz Indien eingestellt. Das Leuchtturmprojekt von USAID wurde von der indischen Abteilung der internationalen gemeinnützigen Organisation Jhpiego umgesetzt und erreichte 78 Millionen Menschen. Währen der Dauer des Projekts, das das Ziel hatte, die medizinische Grundversorgung in Indien neu zu konzipieren und umzugestalten, wurden 54.000 Mitarbeiter im Gesundheitswesen geschult.
DW bat Jhpiego um eine Stellungnahme, erhielt aber auch hier keine Antwort. Weitere wichtige USAID-Partner in Indien, darunter PATH und JSI India, lehnten eine Stellungnahme ab oder antworteten nicht.
Dieses Schweigen sei auf die Sorge zurückzuführen, die US-Behörden nicht zu provozieren, meinen Gesprächspartner der DW, die ungenannt bleiben wollen. Regierungsunabhängige Organisationen ringen um sorgfältige Formulierungen, in der Hoffnung, die Finanzierung ihrer Projekte nach der 90-tägigen Überprüfungsfrist zu sichern.
Adaptiert aus dem Englischen von Phoenix Hanzo.
Von Midhat Fatimah
Das Original zu diesem Beitrag "Wie sich die Zerschlagung von USAID in Indien auswirkt" stammt von Deutsche Welle.