Israel startet schwere Angriffe gegen den Iran: Nahost-Krieg schreckt Märkte auf

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Die Eskalation zwischen Israel und dem Iran sorgt für Wirbel an den Börsen. Während europäische Aktien leicht fallen, steigen die Öl- und Gaspreise.

Teheran/Jerusalem – Der persische Golf ist das Nadelöhr der globalen Energieversorgung: Rund 30 Prozent des Rohöls werden über die Meerenge von Hormus in die ganze Welt verschifft. Seit gestern fliegen über dieses Gewässer wieder Kampfjets: Israel hat Donnerstagnacht schwere Angriffe gegen den Iran begonnen. Die Mullahs kündigten Vergeltung an.

Der deutsche Aktienleitindex Dax gab bereits Freitagmorgen über ein Prozent nach und konnte sich im Laufe des Tages nicht erholen. Für Reiseaktien wie Tui und die Lufthansa ging es stärker bergab. Die Ölpreise dagegen stiegen drastisch. Stellenweise hoben die Preise für ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent um über zehn Prozent auf 78 Dollar an. Noch Ende Mai waren es kaum mehr als 60 Dollar. So wenig, dass die Ölfirmen neue Bohrungen eingestellt hatten. Auch die Preise für Erdgas stiegen gestern, da über den Persischen Golf relevante Mengen Flüssiggas ausgeschifft werden. Seit dem Lieferstopp der russischen Gazprom gibt dieser Weltmarktpreis auch in Europa den Ton an.

Konflikt zwischen Israel und Iran: Ölpreis könnte bei Blockade der Straße von Hormus steigen

Die Eskalationsszenarien sind durchaus dramatisch: Sollte der Iran die Straße von Hormus blockieren, könnte der Ölpreis auf 100 Dollar pro Barrel steigen, stellte die Mailänder Unicredit in einer früheren Analyse fest. Und 30 Prozent der in Deutschland verbrauchten Energie stammen immer noch aus Erdöl. Diese Eskalation erwarten Fachleute aber nicht: „Natürlich besteht das Risiko, dass der Iran die Straße von Hormus sperren wird“, erklärte Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, unserer Zeitung. „Aber letztlich würde sich das Land damit mit den Amerikanern anlegen, was riskant wäre. Am Ende dürfte auch der aktuelle Konflikt zwischen Israel und Iran wie in der Vergangenheit keinen nachhaltigen Einfluss auf den Ölpreis haben.“

Eine Einschätzung, die Richard Joswick vom Analyse-Haus S&P Commodity Research teilt: „Als es in der Vergangenheit zu Schlagabtäuschen zwischen dem Iran und Israel kam, schnellten die Preise zunächst in die Höhe, fielen aber wieder, als klar wurde, dass die Situation nicht eskalierte und es keine Auswirkungen auf die Ölversorgung gab.“

Experten halten Ölpreissprung trotz Nahost-Konflikt für unwahrscheinlich

Auch Robert Halver, Chef der Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank, hält stark steigende Ölpreise für unwahrscheinlich. „Ich rechne nicht mit einer Eskalation. China und die USA brauchen beide günstiges Öl.“ Denn Chinas schwächelnde Wirtschaft ist auf preiswerte Energie angewiesen. Und in den USA steht „Donald Trump innenpolitisch unter Druck und wird keine Inflationsrisiken durch teures Öl wollen“. Den Ölpreis würden die Militärmächte laut Halver nicht dem Zufall überlassen: „Sollte der Iran die Straße von Hormus sperren, würden die Großmächte sie wahrscheinlich räumen.“

Trotz gestiegener Aktienkurse rechnet Halver deshalb nicht damit, dass Ölfirmen bald zu den großen Krisengewinnern gehören. „Eine Ölkrise droht nicht unmittelbar, auch wenn Restrisiken bleiben.“ Denn fundamental sei die Versorgungslage relativ entspannt: „Die Ölnachfrage ist derzeit gering. Wenn die Ölpreise steigen, wird Fracking in den USA wieder rentabel, was neues Angebot bringt.“ Denn Donald Trumps Zollpolitik hat die Weltwirtschaft empfindlich geschwächt, was die Ölnachfrage dämpft. Commerzbank-Analyst Carsten Fritsch stützt die These: Wegen der bis gestern niedrigen Ölpreise seien in den USA aktuell so wenige Bohrungen aktiv wie zuletzt im Herbst 2021.

Nahostkonflikt - Israels Luftverteidigung im Einsatz.
Der Konflikt zwischen dem Iran und Israel eskaliert. Das hat auch Auswirkungen auf die Aktienmärkte. © Oded Balilty/dpa

Gestern Nachmittag kostete ein Barrel Rohöl 74 Dollar. Die Commerzbank-Experten glauben angesichts des Konflikts nicht, dass der Preis in nächster Zeit unter 70 Dollar fällt. Für höhere Preise bräuchte es aber, so die einhellige Meinung, eine weitere Eskalation.

Heizölpreise ziehen wegen Konflikt kurzfristig an – Verbraucher bleiben angespannt

Die Heizöl-Preise hatten erst vergangene Woche ein Vierjahres-Tief erreicht. Von Donnerstag auf Freitag schossen die Kosten für einen Liter in München dann von 88 auf 95 Cent in die Höhe. Oliver Klapschus vom Vergleichsportal Heizöl24: „Wir sehen seit Donnerstagnacht deutlich mehr Nachfrage. Das treibt die Preise nach oben.“ Die Lage sei schwer einzuschätzen. „Es kommt jetzt drauf an: Wenn der Konflikt die globale Ölversorgung bedroht, dürfte Heizöl schnell nochmal zehn Prozent teurer werden. Danach müsste man die Lage neu bewerten.“ Sollte der Konflikt sich aber nicht ausweiten, dürften die Preise bald wieder sinken.

„Wahrscheinlich macht es Sinn, das Wochenende abzuwarten“, rät Klapschus. Verbraucher, die steigende Preise fürchten, können über Vergleichsportale aber auch nachts und am Wochenende Heizöl zum angezeigten Preis buchen. Wer noch Öl hat, kann laut Klapschus aber noch warten: „Fundamental wird das ganze Jahr eine schwache Ölnachfrage erwartet. Das heißt, es können bis in den Herbst gute Kaufgelegenheiten kommen.“ (Corinna Maier)

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