Mehr Geld fürs Jobcenter – Forderung ärgert Kreispolitik

  • Veronika Ahn-Tauchnitz
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Die Mitglieder des Kreis-Sozialausschusses waren hörbar verärgert. Dazu geführt hatte eine nachträglich eingebrachte Finanzforderung des Jobcenters.

Bad Tölz-Wolfratshausen – Es gibt eine Sache, auf die reagieren Kreisräte allergisch: Es kommt nicht gut an, wenn sie nach der Haushaltseinbringung vor vollendete Tatsachen gestellt, Zusatzausgaben praktisch als alternativlos bezeichnet und ohne Deckungsvorschlag eingereicht werden. Daher kamen die Ausführungen von Jobcenter-Chef Fabian Wilhelm in der Sitzung des Kreis-Sozialausschusses mäßig gut an.

Mehr Bürger in Lohn und Brot gebracht als im Vorjahr

Das galt zumindest für den Teil mit den Zusatzausgaben. Denn ansonsten hatte Wilhelm durchaus eine Erfolgsbilanz vorzulegen. 526 Bürgerinnen und Bürger seien heuer in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung integriert worden, berichtete der Chef des Jobcenters. Das sind 92 mehr als im Vorjahr. 134 Ukrainer wurden in Lohn und Brot vermittelt. „Ein plus um 84 Prozent im Vergleich zum Vorjahr“, sagte Wilhelm. Mit dazu beigetragen habe auch der von der Bundesregierung gezündete Job-Turbo. Jede Vermittlung in ein Beschäftigungsverhältnis lohne sich in mehrfacher Hinsicht, betonte Wilhelm. Es müssen weniger Sozialleistungen ausbezahlt werden, stattdessen fließen Sozialabgaben und Steuern. Und man wirke zumindest in Teilen dem Arbeits- und Fachkräftemangel im Landkreis entgegen. Der weist mit einer Quote von 2,3 nach wie vor die geringste Arbeitslosenquote in ganz Deutschland auf, wie Wilhelm betonte.

Stetiger Zustrom an Geflüchteten bleibt die größte Herausforderung

Der stetige Zustrom von Geflüchteten bleibt für den Jobcenter-Chef weiterhin die größte Herausforderung. Um die bewältigen zu können, „braucht das Jobcenter eine ausreichende personelle Ausstattung“. 44 „Köpfe“ auf 36 Vollzeitstellen zählt die Belegschaft derzeit. Durch das besondere Trägerkonstrukt beim Jobcenter landen von den Personalkosten nur 15,2 Prozent beim Landkreis, den Rest bezahlt der Bund. Weil das so ist, hängt die Finanzplanung natürlich auch wesentlich vom Bund ab. Und weil der heuer sehr spät Zahlen lieferte, wurde nun erst im Sozialausschuss klar, dass das Jobcenter im kommenden Jahr 115 000 Euro mehr braucht, als im Landkreis-Haushalt derzeit vorgesehen sind.

Wenig Verständnis für zusätzlich nötige 115 000 Euro

Es gehe um „reine Verwaltungskosten“, betonte Wilhelm mehrfach. Dazu zählten IT, Miete, Dienstleistungen, die eingekauft werden müssen – und eben Personal. Man habe drei weitere Stellen geschaffen, „weil die Belastung der Mitarbeiter extrem hoch war“, sagte Wilhelm. Im Vergleich mit anderen Landkreisen liege man beim Betreuungsschlüssel aber nur auf Rang 11 von 15.

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115 000 Euro mehr seien schon eine Hausnummer, sagte Sabine Lorenz (CSU). Sie zeigte wenig Verständnis, dass man derartige Beträge nach der Vorstellung des Kreishaushalts vorlege. „Ich frage mich, wofür sind wir da, wenn vorher schon Tatsachen geschaffen worden sind?“, fragte auch Landratsamt-Abteilungsleiter Wolfgang Krause konsterniert nach. „Die Systematik stimmt einfach nicht“, warf auch Franz Schöttl (CSU) ein. „Wir müssen heute ja praktisch zustimmen, weil die Leute schon eingestellt sind. Das Vorgehen ist einfach falsch.“

Was denn passiere, wenn der Ausschuss nicht zustimme, wollte Edmund Häner (Ausschussgemeinschaft) wissen. Zu diesem Zeitpunkt wirkte Wilhelm bereits ziemlich besorgt. Denn tatsächlich hätte die Ablehnung der kommunalen 115 000 Euro einen weit größeren Verlust nach sich gezogen. Denn nur wenn die kommunalen Mittel fließen, gibt es auch Geld vom Bund. Und da der ein Vielfaches der Landkreis-Mittel drauflegt, hätte in Wilhelms Etat ein etwa 750 000 Euro großes Loch geklafft.

Nur drei von sechs Stellen besetzt

Wilhelm betonte, dass die Trägerversammlung – bestehend aus je drei Vertretern des Landratsamts und der Bundesagentur für Arbeit – ihm sogar sechs Stellen zugebilligt hätte. „Weil ich aber um die Haushaltslage weiß, wurden nur drei besetzt.“ Verständnis hatte Konrad Specker (FW). „Man kann nicht dauerhaft Personal überstrapazieren.“ Er fragte sich eher, warum der Zusatzbedarf bei der Haushaltseinbringung nicht bekannt gewesen sei, „wenn da drei Leute vom Landratsamt mit in der Verbandsversammlung sitzen“.

Denkbar knappe Entscheidung sichert zusätzliche Mittel

Was den Jobcenter-Etat am Ende rettete, war eine Einlassung, die Wilhelm gleich zu Beginn seines Vortrags gemacht hatte. Momentan wird beim Budget davon ausgegangen, dass sich das Jobcenter im kommenden Jahr um 1800 Bedarfsgemeinschaften kümmern muss, die Bürgergeld beziehen. Da es aber eine „zunehmende Dynamik“ auf dem Arbeitsmarkt gebe, fällt Wilhelms Prognose optimistischer aus und liegt bei 1750 Bedarfsgemeinschaften. Das kompensiert einen Teil der Mehrausgaben. Das Gesamtbudget würde dann von 3,62 auf 3,65 Millionen Euro steigen. Das Abstimmungsergebnis fiel denkbar knapp aus: Sieben Ausschussmitglieder stimmten dafür, sechs dagegen.