Runden statt Rechnen: Handel und Banken hoffen auf Aus von Kupfergeld. Doch längst nicht jeder kann diesen Wunsch nachvollziehen.
Ebersberg – Petra Behounek hortet zuhause ihr Kupfergeld wie einen kleinen Schatz. Ihre ganze Familie sammelt Ein-, Zwei- und Fünf-Cent-Münzen. Der Grund: Die Ebersberger Geschäftsfrau braucht Wechselgeld für ihren Laden „Drachenstube“. Für Münzrollen zahlen Einzelhändler bei der Bank aber eine Bearbeitungsgebühr von etwa 50 Cent – bei Ein-Cent-Rollen nicht wirklich lukrativ. Der Weg zum Schalter könnte bald ohnehin nicht mehr nötig sein. Bankenverbände schlagen vor, krumme Beträge künftig zu runden und damit über kurz oder lang Ein- und Zwei-Cent-Münzen abzuschaffen.
Der Vorstoß kommt vom „Nationalen Bargeldforum“, hinter dem unter anderem die Bundesbank steht. Demnach solle eine gesetzliche Rundungsregelung in Deutschland eingeführt werden. An der Ladenkasse würden dann aus 9,98 Euro zehn Euro und aus 52 Cent 50 Cent. In anderen Euro-Ländern ist das bereits Praxis. Finnland, Belgien und Italien beispielsweise versuchen, auf diese Weise möglichst ohne die kleinsten Münzen auszukommen. Ein Weg auch für Deutschland? Einzelhändler und Kunden im Landkreis Ebersberg wären durchaus angetan.
Bei der Bäckerei Freundl in Ebersberg runden sowieso viele Kunden die Summen auf, berichtet Chefin Lieselotte Freundl. „Viele wollen die Cent-Beträge gar nicht haben und sagen uns, wir sollen sie behalten.“ Für die Verkäuferinnen und Verkäufer dagegen bedeute das Kleinstgeld eine Menge Aufwand. „Die einzelnen Cent jeden Tag zu zählen, ist schon mit Arbeit verbunden“. Und mit Kosten, wenn neue Rollen bei der Bank eingewechselt werden müssen. Insofern könne sie sich durchaus mit einem Alltag ohne Kupfermünzen anfreunden: „Ein-Cent-Münzen sind absolut nicht lebensnotwendig.“
Auch Behounek von der Drachenstube hätte laut eigener Aussage „nichts gegen die Abschaffung“ der Münzen. Auch das Runden gefällt ihr. „Mal zahlt man einen Cent drauf, mal zwei zu wenig – unterm Strich wird sich‘s ausgleichen.“ Nur stört sie sich an dem Gedanken, das Anpassen an der Kasse zur Pflicht zu machen. „Jeder so, wie er will“, wäre lieber ihre Devise. Freilich hätte die Änderung auch auf die Preisgestaltung einen Einfluss. „Psychologisch klingen 4,99 Euro anders als 5 Euro“, sagt Behounek.
Die Herstellungskosten von Kleinmünzen seien im Verhältnis zu deren Wert zu hoch, informiert die Bundesbank. „Auf staatlicher Seite sind es schlicht wirtschaftliche Überlegungen“, erklärt Bernhard Failer, Vorstandsmitglied der Raiffeisen-Volksbank Ebersberg. Aus Bankensicht hege er die Hoffnung, „dass Münzgeld grundsätzlich etwas weniger attraktiv“ würde. Dann erübrige sich das Thema Runden auch. „Vor allem Hartgeld ist in der Abwicklung sehr kostenintensiv“.
Allerdings argumentiert das „Nationale Bargeldforum“ gegenteilig, dass mit der Abschaffung der Ein- und Zwei-Cent-Münzen die Hoffnung verbunden sei, die Akzeptanz von Bargeld weiter zu steigern. Es mache wenig Freude, an der Supermarktkasse den letzten Cent aus der Geldbörse zu kramen, stimmt die Verbraucherzentrale zu.
„Ich bin nicht dafür, dass man irgendeine Münze oder einen Schein abschafft“, sagt Markus Bachmeier. Der Chef vom alten kino in Ebersberg zahlt weiterhin gerne bar, aber mittlerweile immer häufiger auch per Handy. Auch Christine Demmel aus Ebersberg hat sich an das Kupfergeld in ihrem Portemonnaie gewöhnt. „Mir würde wahrscheinlich etwas fehlen“, meint sie und denkt einen Moment nach. „Aber letztendlich landet das meiste sowieso im Sparschwein meines Sohnes.“
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Nicht nur auf die kleinen Münzen, sondern gleich gänzlich auf Bargeld verzichten könnten zwei junge Günzburger Touristinnen auf Durchreise in Ebersberg. „Ich zahle alles mit Apple-Pay“, sagt die 23-jährige Laura Fröhlich. „An meinen letzten Barkauf kann ich mich gar nicht mehr erinnern.“ Und ihre Freundin Lena Spengler (24) zeigt ihre schlanke Brieftasche. „Hier würden gar keine Münzen reinpassen.“