„Ich halte die AfD für die neuen Nazis“: SPD pocht auf Reform der Verfassungsrichter-Wahl
Die Berufung von zwei AfD-Richtern an das Verfassungsgericht in Bayern lässt sich schwer verhindern. Die SPD warnt vor den Folgen – und pocht auf eine Reform.
München – Die AfD wird vom Verfassungsschutz beäugt, darf aber aller Voraussicht nach zwei ehrenamtliche Richter an das Landesverfassungsgericht entsenden. Doch die Berufung der Rechtspopulisten könnte ein politisches Nachspiel haben. So fordert die SPD im bayerischen Landtag mit harschen Worten eine Reform der Auswahl. „Wir müssen für die Zukunft ein Verfahren finden, damit Verfassungsfeinde nicht Verfassungsrichter werden können“, sagte Fraktionschef Florian von Brunn zu IPPEN.MEDIA und fügte hinzu: „Wir brauchen jetzt eine rechtsstaatliche Lösung, die Nazis in solch wichtigen Ämtern verhindert.“
Streit um Verfassungsrichter: Landtag entscheidet über AfD-Kandidaten
Der Eklat ist vorprogrammiert. Am Mittwochnachmittag (24. Januar, ab 15.30 Uhr) soll der Landtag in Bayern über die Besetzung des Landesverfassungsgerichts entscheiden. Insgesamt werden 15 ehrenamtliche Richterinnen und Richter berufen. Entsprechend dem Wahlergebnis dürfen alle Fraktionen ihre Kandidaten entsenden, der AfD stehen zwei Posten zu. Das Problem: Die bisherige Auswahlpraxis sieht vor, dass die Kandidatenliste als Ganzes abgestimmt wird – nach dem Prinzip: alle oder keiner.
Söder-Koalition will für Liste stimmen – SPD und Grüne dagegen
Bereits im Dezember 2023 hatten SPD und Grüne versucht, das Verfahren zu ändern und eine Einzelabstimmung zu beantragen. Die Abstimmung wurde damals vertagt. Doch nun wollen die beiden Regierungsparteien von CSU und Freien Wählern die Liste doch im Block abstimmen. „Es ist aus Rechtsgründen erforderlich, das bisherige Gesamtabstimmungsverfahren beizubehalten“, teilte die CSU-Fraktion der Süddeutschen Zeitung am Dienstag mit. Es bestehe die Gefahr, so hieß es weiter, dass gesamte Richterwahl durch eine Verfassungsbeschwerde anfechtbar wäre, wenn man einzelne Kandidaten in einer Einzelabstimmung durchfallen lassen würde. Dadurch könne das gesamte Gericht gelähmt werden. Zuvor hatte es rechtliche Hinweise von Experten gegeben.
In der SPD sieht man das Problem auch. Man müsse die Argumentation ernst nehmen, sagte von Brunn. Deswegen hätte seine Fraktion zusammen mit den Grünen die Anträge auf Einzelabstimmung zurückgezogen. Dennoch sei es jetzt jedem Abgeordneten freigestellt, gegen die Liste zu stimmen – auch wenn dadurch die eigenen Kandidaten durchfallen würden.
„Ich halte die AfD für die neuen Nazis“: SPD-Fraktionschef kündigt Gegenwehr an
Von Brunn hat bereits angekündigt, die Gesamtliste nicht mittragen zu wollen. „Ich werde als Fraktionsvorsitzender mit Nein stimmen. Aus eigener Überzeugung und aus Familientradition“, sagte er zu IPPEN.MEDIA und verwies dabei auf seine eigene Familiengeschichte. Seine Urgroßtante Toni Pfülf habe als eine der SPD-Abgeordneten 1933 im Reichstag gegen Hitlers Ermächtigungsgesetz gestimmt. „Dieser Haltung fühle ich mich zutiefst verpflichtet. Denn ich halte die AfD für die neuen Nazis“, sagte der SPD-Frontmann. Auch die Grünen wollen die Liste aus ähnlichen Gründen nicht mittragen.
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AfD in Bayern: SPD pocht auf Beobachtung durch den Verfassungsschutz
Die AfD in Bayern steht mittlerweile durchaus im Fokus des Verfassungsschutzes. So sorgte die Partei erst kürzlich für handfeste Skandale, als etwa Parteimitglieder am Rande des Landesparteitages rassistische Lieder gegrölt hatten oder der Landtagsabgeordnete Daniel Halemba kurz vor der Konstituierung des Landtags wegen mutmaßlicher Volksverhetzung verhaftet worden war.
Vor diesem Hintergrund pocht die SPD auf eine Neubewertung der Situation. „Wir fordern den bayerischen Verfassungsschutz auf, zügig eine neue Bewertung der AfD vorzulegen“, sagte von Brunn. Man wisse, dass sich in Bayerns AfD-Landesverband Rechtsextremisten und Höcke-Anhänger durchgesetzt hätten. „Die AfD im Freistaat“, so von Brunn, „ist ein Tummelbecken von Nazis und Verfassungsfeinden.“ (jkf)