Feuerprobe für Nina Warken

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Als Gesundheitsministerin braucht es Ausdauer. Nina Warken muss sich als neue Ministerin behaupten – dabei war Gesundheitspolitik bislang nicht ihr Steckenpferd.

Die Erwartungen sind groß. Daraus macht der Präsident der Bundesärztekammer keinen Hehl. Seine Bestandsaufnahme des deutschen Gesundheitswesens fällt ernüchternd aus. Es brauche grundlegende strukturelle Veränderungen, es gebe komplexe Herausforderungen, die „in der Summe ein mehr als bedenkliches Ausmaß“ annehmen würden, fasst Klaus Reinhardt zusammen. Es sind bittere Warnungen. Die vor allem direkt an einen Gast adressiert sind: die neue Gesundheitsministerin Nina Warken.

Neue Gesundheitsministerin unter Merz: Feuerpause für Warken bei Deutschem Ärztetag

Seit nicht einmal drei Wochen ist die CDU-Politikerin im Amt. Ihre Einarbeitungszeit in das Mega-Ministerium mit über 1000 Mitarbeitern und Milliarden-Etat gleicht null. Nach der Antrittsrede folgt gleich der Besuch bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf. Doch die eigentliche Feuerprobe für eine Gesundheitsministerin ist der Deutsche Ärztetag. Jährlich tummeln sich dann hunderte Ärzte in einer Stadt. Sie tauschen sich aus, stimmen sich ab. Die Bundesärztekammer spricht vom „Parlament der Ärzteschaft“. Kein Wunder also, dass es vor allem auch politisch wird.

Reinhardt macht in Leipzig seine Stoßrichtung gleich zu Beginn der Veranstaltung am Dienstag deutlich. Ohne die Verantwortlichen im Gesundheitswesen miteinzubeziehen, seien Reformen „bestenfalls gut gemeint“. An Warken gerichtet fügt er hinzu: Bei „einiger Ihrer Vorgänger ging dieser Erkenntnis ein längerer Erfahrungsprozess voraus – ich bin froh, dass wir uns diesen Umweg sparen können“. Willig verspricht Warken einen Austausch, sie setze auf „gute Kommunikation“, um „im Idealfall auch zusammen an Lösungen arbeiten“ zu können. Es klingt danach, dass sie sich als Ministerin des Kompromisses, nicht des Konflikts begreift.

Warken als Gesundheitsministerin – überraschend und fachfremd ins Amt gekommen

Eine Linie, die ihr Vertrauen schaffen soll. Denn Warken ist nicht nur überraschend, sondern auch fachfremd ins Amt gekommen. Zuvor wurden Fachpolitiker dafür gehandelt, am Ende wurde es die recht unbekannte Bundestagsabgeordnete aus Baden-Württemberg. Die Volljuristin war zuvor Mitglied im Innenausschuss, befasste sich mit der Pkw-Maut, dem Bundestags-Wahlrecht und Innerer Sicherheit. Erst am Sonntag hat sie sich in einer Kampfkandidatur zudem als neue Chefin der Frauen-Union der CDU durchgesetzt.

27.05.2025, Sachsen, Leipzig: Ellen Lundershausen (l-r), Vizepräsidentin der Bundesärztekammer, Ärztepräsident Klaus Reinhardt und Nina Warken (CDU), Bundesministerin für Gesundheit, stehen bei der Eröffnung des 129. Deutschen Ärztetags in der  Nikolaikirche. Foto: Jan Woitas/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Das erste persönliche Treffen: Ärztepräsident Klaus Reinhardt begrüßt die neue Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU). © Jan Woitas/dpa

Anders als frühere Minister kann sie somit aber auch mit einem unvoreingenommenen Blick an die politischen Mammut-Aufgaben herangehen. Ihr Vorgänger Karl Lauterbach (SPD) – Gesundheitspolitiker durch und durch – hat mit seinem Tatendrang immer wieder für Verstimmungen gesorgt – bei Ärzten, bei Apothekern, bei Krankenkassen. Beim Ärztetag 2024 hatten Ärzte sogar gegen seine ganzen Vorhaben protestiert. Und dessen Vorgänger Jens Spahn (CDU) hatte sich als Minister in der Corona-Pandemie ohnehin mindestens ein blaues Auge zugezogen.

Herausforderungen für Warken: Mittel-Geschachere ist in der Koalition vorprogrammiert

Das Amt ist also keineswegs ein dankbares – zu groß ist der Reformdruck, und zwar von allen Seiten. Allein mit Blick auf die Finanzlage der Sozialkassen hat Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) am Sonntag klargestellt: „Der Finanzminister kann nicht dauernd angerufen und nach mehr Geld gefragt werden.“ Mittel-Geschachere ist also in der Koalition vorprogrammiert.

Nach außen will Warken aber den Koalitions-Frieden wahren. Inhaltlich hangelt sie sich deswegen bei ihrer ersten Rede vor dem Deutschen Ärztetag an den Vereinbarungen im Koalitionsvertrag entlang. Sie verspricht den vereinbarten Bürokratieabbau, mit dem es ihr „ernst“ sei. Die elektronische Patientenakte soll weiter eingeführt werden, die Krankenhausreform im Grundsatz bestehen bleiben – aber weiterentwickelt werden. Und die Vergabe von Facharztterminen soll künftig besser gesteuert werden. Das Ziel: Die Hausarztpraxis soll als „erste Ansprechstelle mit einer beschleunigten Terminvermittlung zur fachärztlichen Weiterbehandlung“ dienen, sagt Warken. Zum Abschluss geleitet Präsident Reinhardt die neue Ministerin nach draußen. Er ist zufrieden mit dem ersten persönlichen Treffen. Damit ist für Warken die Feuerprobe geschafft.

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