Nach Kurseinbrüchen bei Apple, Nvidia & Co.: Turnaround oder Bullenfalle? Welche Tech-Aktien sich jetzt wieder lohnen

Wer 2023 und 2024 keine Technologie-Aktien im Depot hatte, schaute der Marktrally meist mit dem Fernglas hinterher. Doch allen, die glaubten, den Zug verpasst zu haben, bietet sich jetzt womöglich eine neue Chance: Aktien wie Apple, Nvidia oder auch Microsoft notieren zwischen 15 und 30 Prozent unter ihren Höchstständen aus dem Dezember. In Euro gerechnet ist der Verlust sogar noch größer, weil in diesem Jahr auch der US-Dollar stark an Wert verlor.

Doch es wäre voreilig, jetzt einfach blind zuzugreifen. Denn für einige der großen Tech-Stars hat der Wind gedreht – und der Gegenwind wird womöglich noch längere Zeit anhalten. Gleichzeitig schichten Investoren zunehmen von US-Titeln in europäische und asiatische Aktien um – wodurch sich Anlegern neu Chancen eröffnen.

Ein Check.

Apple

In den Turbulenzen um Trumps Zölle hatte Apple kurzzeitig den Platz auf dem Thron als wertvollstes Unternehmen der Welt verloren. Denn fast alle iPhones kommen aus China, das Donald Trump mit besonders hohen Zöllen überzieht. Doch seit der US-Präsident Ausnahmen für Smartphones und Laptops zuließ, geht es mit dem Apple-Kurs wieder bergauf.

Allerdings waren Investoren und Analysten schon vorher skeptisch geworden – denn der iPhone-Konzern wächst seit mehreren Quartalen kaum noch.

Warum der Fondsmanager Thierry Borgeat keine Apple-Aktie mehr kauft

Und dass Apple große Teile seiner Produktion, wie von Donald Trump gewünscht, zurück in die USA verlagert, erscheint angesichts der Dimensionen ausgeschlossen. Es würde drei Jahre dauern und rund 30 Milliarden Dollar kosten, um auch nur zehn Prozent der Produktionskette in die USA zu holen, rechnete Dan Ives, Chef des Technologie-Research bei Wedbush Securities vor. Und selbst dann würde in iPhone, made in the USA, rund 3500 Dollar kosten.

Auch charttechnisch sieht die Apple-Aktie alles andere als aussichtsreich aus. Der Abwärtstrend ist intakt und die nächsten Unterstützungszonen weit entfernt.

Votum: Wer die Aktie hat, kann sie halten. Weitere Nachkäufe erscheinen aktuell aber nicht geboten. 

Nvidia

Unter den Magnificent-Seven ist die Nvidia-Aktie besonders für ihre großen Kurssprünge bekannt – in der Regel nach oben.

Doch diesmal kam es anders: Weil Nvidia seine Chips fast ausschließlich in Taiwan bei TSMC produzieren lässt, traf Trump geplantes Zollregime die Aktie besonders hart. 32 Prozent Strafzoll auf Produkte aus Taiwan hätten die KI-Racks selbst für zahlungskräftige Kunden wie Microsoft, Meta oder Alphabet horrend verteuert.

Nachdem Trump auch für Taiwan eine Zollpause verkündet hatte, erholte sich zwar der Nvidia-Kurs. Doch dann folgte am Dienstagabend der nächste Schlag: Die US-Regierung untersagt Nvidia weitgehend den Export von H20-Chips nach China. Sie sind eine abgewandelte, langsamere Version der Nvidia-KI-Chips, die der Konzern bereits infolge von Sanktionen der USA gegen China eingeführt hatte. Nun soll deren Export nur noch nach expliziter Freigabe erlaubt sein. Laut Nvidia sind damit Lagerbestände im Wert von 5,5 Milliarden Dollar quasi unverkäuflich. Der Konzern wird diese Summe in den nächsten Quartalszahlen, die Ende Mai veröffentlicht werden sollen, gewinnmindernd abschreiben müssen. Prompt ging der Nvidia-Kurs wieder in die Knie.

Schon länger scheint die alte Erfolgsserie gerissen: Seit Herbst 2024 läuft die Aktie überwiegend seitwärts, in diesem Jahr hat sie schon mehr als 20 Prozent an Wert verloren (Stand 17.4.2025), zeitweise waren es sogar 30 Prozent.

Da auch die Kunden von Nvidia mit höheren Kosten konfrontiert sein werden, wenn Trump einen Teil der Zölle bestehen lässt, erscheint es fraglich, ob Umsätze und Gewinne den bisherigen Wachstumskurs halten könne. Das wäre nötig, damit die Aktie ihre alten Höchststände wieder erreicht. Aktuell notiert sie weit unter der 200-Tage-Linie, was definitiv kein Kaufsignal ist.

Auf Twitter legte ein Chartexperte jüngst die Kursverläufe von Nvidia und dem früheren Highflyer Cisco zu Zeiten des Dotcom-Booms übereinander. Das Ergebnis ist erschreckend eindeutig (siehe Chart).

Cisco vs. Nvidia
Legt man die Charts von Nvidia heute und Cisco rund um den Dotcom-Boom 1999/200 übereinander und passt die Maßstäbe an, ergeben sich erschreckende Parallelen https://globalmarketsinvestor.beehiiv.com

Votum: Nichts tun, der Kurs kann sogar noch weiter fallen. 

Microsoft

Der Software-Riese verfügt wohl über die beste Absicherung für seine Geschäfte unter allen „Magnificent Seven“-Aktien. Konkurrenz für Windows und Microsoft Office gibt es fast keine, auch Outlook oder MS Teams haben die Konkurrenz weit abgehängt und mit der Cloud, die all das verbindet und mittlerweile über den Copilot auch Zugang zu KI-Funktionen eröffnet, hat Microsoft ein Ökosystem geschaffen, aus dem Kunden nur noch schwer entkommen können.

Seit sich die US-Regierung nicht mehr als verlässlicher Partner erweist, fangen die Kunden in Europa allerdings an nachzudenken, wie sie ihre Office-Systeme und Cloud-Speicher dem möglichen Zugriff einer Trump-Administration entziehen könnten. Das muss nicht heißen, dass Microsoft dabei verliert. Aber es könnten neue Investitionen für Rechenzentren in Europa nötig sein, weitab vom Zugriff Trumps, die der Konzern bisher nicht eingeplant hatte.

Von ihrem Jahreshoch aus dem Februar ist die Aktie mittlerweile 18 Prozent entfernt. Allerdings ist der Abwärtstrend noch intakt. Gut möglich also, dass die 200-Tage-Linie erst noch einmal getestet wird. Die verläuft derzeit bei etwa 340 Dollar, nochmal knapp neun Prozent tiefer. 

Votum: Bodenbildung abwarten und dann erst zuschlagen – aber nur, wenn die Aktie nicht unter die 200-Tage-Linie fällt.

Alphabet und Meta

Beide Aktien haben seit Februar heftig eingebüßt, Alphabet ein Viertel, Meta sogar mehr als 30 Prozent. Denn eine tragende Säule ihrer Geschäftsmodelle sind die Werbeeinnahmen, die in einer Rezession zurückgehen würden. Genau dieses Szenario fürchten Volkswirte für die USA aufgrund des Zoll-Chaos. Hinzu kommt, dass beide Konzerne gerade massive Investitionen in KI-Rechenzentren stemmen – ohne dass bisher klar wäre, wie sich diese monetarisieren ließen. Im Gegenteil: Alphabet könnte bei seiner Suchmaschine Google durch die Antworten des KI-Modells Gemini womöglich sogar Werbeplätze, und damit Umsatz, einbüßen.

Auch deshalb fiel die Alphabet-Aktie besonders schnell. Allerdings hat der A-Share bei 150 Dollar offenbar eine Unterstützungszone erreicht und bildet dort einen Boden aus. Dagegen fällt der Meta-Kurs aktuell weiter. 

Votum: Die Rezessions-Gefahr und der daraus folgende Druck auf die Webeumsätze sind real. Vorsichtige warten erstmal die Quartalszahlen ab, die Alphabet am 24. April nach Börsenschluss meldet, Meta am 30. April.

Alphabet Google
Anleger hatten von Google-Mutter Alphabet noch bessere Geschäfte erwartet. Gettyimages

Chipaktien in Europa 

ASML

Ohne die Maschinen des Chipausrüsters aus den Niederlanden können moderne Chips nicht hergestellt werden. Deren aufgedampfte Leiterbahnen sind heutzutage nur noch vier bis fünf Nanometer voneinander entfernt und solche mikroskopisch kleinen Abstände schaffen nur die Lithographie-Maschine von ASML mit ihrem ultravioletten Licht.

Seit 2024 darf ASML jedoch aufgrund von US-Sanktionen, noch verhängt unter Joe Biden, bestimmte Maschinen nicht mehr nach China exportieren. Und auch die Zölle, die Donald Trump verhängen will, drücken aus Geschäft, wie die Quartalszahlen in dieser Woche zeigten. ASML-Aktien brachen daraufhin ein. 

Somit steht der Kurs gegenüber Januar mittlerweile 25 Prozent im Minus. Der Chart bewegt sich nun nahe einer wichtigen Unterstützungszone um 257 Euro herum. Wenn diese hält, wäre es eine Kaufgelegenheit. Dazu muss der Chart aber klar nach oben davon abprallen.

Votum: Noch ein paar Tage beobachten und bei Bodenbildung zuschlagen. Denn die Ausnahmestellung im Markt ist unbestritten und die ASML-Maschinen auch für künftige Chip-Generationen unersetzlich.

Infineon

Der einzige deutsche Chipkonzern war früher eine Roulette-Aktie, stand im Jahr 2009 sogar einmal kurz vor der Pleite. Grund war der ruinöse Wettbewerb bei Speicherchips (DRAM), dem sich Infineon auch durch eine Abspaltung der Sparte (Qimonda) nicht entziehen konnte. Mittlerweile hat Infineon sein Geschäft auf andere, stabilere Füße gestellt. Die Bayern bauen  Chips für die Automobilindustrie, die dort in der Motorsteuerung – vor allem bei E-Autos – eingesetzt werden, sowie als Sensoren und in diversen Assistenzsystemen.

Außerdem steuern Chips von Infineon die Stromgewinnung aus erneuerbaren Energien sowie die Stromübertragung in den Netzen. Auch Microcontroller und Konnektivitäts-Technologien gehören zum Portfolio.

In einem Reinraum des Chipherstellers Infineon.
In einem Reinraum des Chipherstellers Infineon. Robert Michael/dpa

Das Wettrüsten um die kleinsten Halbleiter von TSMC, Samsung & Co. muss Infineon deshalb nicht mehr um jeden Preis mitgehen. Trotzdem fällt die Aktie regelmäßig, wenn es irgendwo in der Chipbranche einschlägt. So auch diesmal.

Tatsächlich bewegt sich der Kurs seit Anfang 2020 in einen Band zwischen etwa 25 und etwas über 40 Euro, seit 2023 pendelte er eher zwischen 27 und knapp 40 Euro. Aktuell notiert Infineon wieder am unteren Widerstand und prallte von den 25 nach oben ab. Die relativ geringen Kursausschläge nach der ASML-Meldung könnten darauf hindeuten, dass die Aktie nun einen neuen Boden gefunden hat, von dem aus sie wieder steigen könnte.

Votum: Hält sich Infineon auch in den Tagen nach Ostern und rutscht nicht weiter ab, könnte ein Einstieg mit einer ersten kleinen Position Sinn machen. Denn der Markt für Infineon-Produkte in den Erneuerbaren Energien und der Energieübertragung wächst. Auch die Absatzahlen in der Autoindustrie dürften mit der immer noch wachsenden Zahl an verbauten Assistenzsystemen  weiter zunehmen.

STMicroelectronics

Der europäische Konkurrent von Infineon ist ähnlich aufgestellt, hat aber ein Kostenproblem, dem das Management mit wiederholten Sparprogrammen begegnet. An der Börse hat STMicro derzeit weniger Kredit als Infineon, der Kurs hat sich seit 2023 gedrittelt von 50 auf unter 18 Euro. 

Votum: Nicht zu empfehlen.

Chipwerte in Südkorea

Samsung Electronics und SK Hynix brachen nach den Zollankündigungen ein und erholten sich, wie zu erwarten war, nach Verkündung der Zollpause. Vor allem SK Hynix hängt am KI Boom. Die Koreaner sind neben TSMC Nvidias einziger Auftragsfertiger für KI-Chips.

In der Aktie von Samsung stecken neben der Chipfertigung auch Consumer-Produkte wie Smartphones und Fernseher. Deshalb würden Zölle Samsung gleich mehrfach mehrfach treffen. 

In den vergangenen Jahren hat sich Samsung mit seinen vielen Geschäftsfeldern etwas verzettelt, die Aktie hat sich seit 2021 quasi halbiert. Das lässt das aktuelle Kursniveau attraktiv erscheinen. Doch dafür bräuchte es Kursphantasie. Die kann der gesättigte Smartphone-Markt derzeit nicht liefern.

Votum: Hynix scheint daher aktuell die besser Alternative zu sein.

Super Mario ist eine der bekanntesten Figuren des Videospieleherstellers Nintendo. (Symbolfoto)
Super Mario ist eine der bekanntesten Figuren des Videospieleherstellers Nintendo. (Symbolfoto) Jae C. Hong/AP/dpa

Tech-Aktien in Japan

Die Investoren schichten um: weg von den USA, hin nach Europa – und Japan. Dort sitzen seit jeher ebenfalls renommierte Chiphersteller, die aber mit den Gigafabriken einer TSMC, Samsung oder Hynix in den letzten Jahren nicht mehr mithalten konnten.

Nun wittern Produzenten wie Toshiba, Denso oder Renesas Morgenluft, vor allem wenn die USA wirklich China als Chip- und Auftragsfertiger aus dem Rennen nehmen würden. Doch auch die Kurse der Japaner brachen im Zuge der Zoll-Auseinandersetzung ein. Wer jetzt bei japanischen Chipwerten einsteigt, tut das in der Hoffnung darauf, dass die japanische Börse generell von Investoren wiederentdeckt wird. Doch dafür würde auch ein ETF genügen – das Einzelrisiko im Chipsektor erscheint dafür viel zu hoch.

Im Gegensatz dazu laufen die Aktien von Sony und Nintendo viel besser. Sie hängen vor allem von Produkterfolgen im Konsumentenmarkt ab. Derzeit funktioniert das – vor allem bei Nintendo.