„Traurig wäre ich nicht“: Bürgergeld-Empfängerin hofft, direkt wieder gekündigt zu werden
Eine Bürgergeld-Empfängerin lässt sich über Monate krankschreiben – und wird gekündigt. Was darf der Arbeitgeber im Krankheitsfall?
München – Die RTL2-Sozialdokumentation „Hartz und herzlich“ gewährt erneut einen ungeschönten Einblick in die Lebenswirklichkeit von auswählten Bürgergeld-Empfängern. Diesmal steht eine 54-jährige Frau im Mittelpunkt, deren Geschichte zeigt, wie sich gesundheitliche Probleme und berufliche Herausforderungen zu einem Teufelskreis entwickeln können.
Bürgergeld-Empfängerin lässt sich Monate lang krankschreiben
Petra, eine 54-jährige Reinigungskraft, befand sich in einer prekären Situation. Bereits kurz nach Arbeitsantritt machten ihr gesundheitliche Beschwerden zu schaffen, wie sie selbst in der Sendung erklärte. Ihr Bluthochdruck würde sich trotz medizinischer Behandlung nicht stabilisieren lassen, was zu wiederholten Krankschreibungen führte. Zuletzt musste sich die 54-Jährige sogar vor Gericht verantworten.
Während die erste Krankmeldung noch mit Verständnis von Seiten des Arbeitgebers aufgenommen wurde, änderte sich die Stimmung ihr zufolge bei der zweiten Krankschreibung drastisch, beschreibt die Bürgergeld-Empfängerin: „Beim ersten Mal kam: ‚Gute Besserung. Meld dich, wenn du wieder arbeiten kannst.‘“, erläutert die 54-Jährige. Die anfängliche Freundlichkeit ihres Chefs soll mit der Zeit jedoch spürbar der Ungeduld gewichen sein.
„Traurig wäre ich nicht“: 54-Jährige sieht Kündigung gelassen entgegen
Statt Angst oder Verzweiflung vor einer Kündigung zeigt sie in der Sendung eine überraschende Gelassenheit: Eine Entlassung würde sie nicht schockieren. Ihre Begründung: Der hohe Arbeitsdruck in der Reinigungsbranche verschlechtert ihren Gesundheitszustand zusätzlich. „Traurig wäre ich nicht, wenn er mich kündigt. Da gehe ich halt woanders hin, wo es ruhiger ist“, sagt sie.
Die 54-Jährige sehnt sich nach einer „gediegeneren“ Tätigkeit, die weniger Stress und Zeitdruck mit sich bringt. Auch eine andere Frau aus der Sendung ist auf der Suche nach einer neuen Arbeitsstelle. Diese Einstellung brachte der Bürgergeld-Empfängerin nach rund drei Monaten dann genau diese Konsequenz: Ihr Arbeitgeber kündigte sie. Doch hätte er sie in diesem Fall bereits früher entlassen dürfen?
Krankheit schützt nicht unbedingt vor Kündigung – diese Voraussetzungen müssen gelten
Arbeitgeber dürfen auch während einer Krankheit kündigen – Krankheit schützt nicht automatisch vor Kündigung. In Betrieben mit mehr als zehn Mitarbeitern gilt jedoch das Kündigungsschutzgesetz, das vor ungerechtfertigten Kündigungen schützt, wie das Bundesministerium für Arbeit in einer Mitteilung erklärt. Der Arbeitgeber muss dann einen triftigen Grund haben und die Kündigung muss verhältnismäßig sein.
Das Bundesarbeitsgericht prüft in so einem Fall drei Punkte: Erstens muss feststehen, dass der Mitarbeiter auch künftig länger krank sein wird. Zweitens müssen diese Ausfälle den Betrieb erheblich belasten. Drittens muss eine Abwägung ergeben, dass die Belastung für den Arbeitgeber unzumutbar ist, wie aus einem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes hervorgeht. Bei dauerhafter Arbeitsunfähigkeit gelten diese Voraussetzungen als erfüllt, wenn innerhalb von 24 Monaten keine Besserung zu erwarten ist.
Bevor gekündigt werden darf, muss der Arbeitgeber prüfen, ob es Alternativen gibt. Dazu gehören die Anpassung des Arbeitsplatzes oder die Versetzung auf einen anderen, gesundheitsgerechten Arbeitsplatz. Der Arbeitgeber muss sogar einen passenden Arbeitsplatz freimachen, wenn nötig, so das Bundesarbeitsgericht. Besonders wichtig ist das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM): Hat der Arbeitgeber darauf verzichtet, muss er detailliert begründen, warum auch ein BEM nicht geholfen hätte. (bk)