Forderung nach Führerschein-Verbot für Männer bis 26: „Klientel, die immer wieder Probleme macht“
Andreas Knie weiß, dass sein Vorschlag polarisiert. Männer sollten erst mit 26 den Führerschein bekommen. Wie kommt der Mobilitätsforscher zu solch radikalen Plänen? Antworten im Interview.
Ein Taxifahrer in Berlin zeigt dem Reporter ein Video auf seinem Handy. Darauf zu sehen: Drei Polizeiautos, ein Krankenwagen und ein hochmotorisierter Sportwagen, der in eine Ampel gekracht ist. „Das wird immer schlimmer hier“, sagt der Mann. Regelmäßig käme es in der Hauptstadt derzeit zu Verkehrsunfällen, weil Autofahrer ihre Grenzen austesten – und in illegalen Straßenrennen gegeneinander antreten würden. „Die heizen durch die Stadt als gebe es keine anderen Autofahrer“, sagt der Taxifahrer. „Ohne Rücksicht auf Verluste.“
Tatsächlich ist die Raserei in Berlin ein Problem. Im vergangenen Jahr gab es 593 illegale Rennen in der Stadt, wie die Polizei Berlin auf Anfrage von IPPEN.MEDIA mitteilt. Wer sind die Raser auf den Straßen Berlin? Laut dem Verkehrsforscher Andreas Knie vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschunggibt es ein eindeutiges Profil. „Das sind ausschließlich Männer“, sagt er im Interview mit IPPEN.MEDIA. Man sollte ihnen daher den Führerschein entziehen.
Illegale Straßenrennen: „Glauben, Männlichkeit unter Beweis stellen zu müssen“
Herr Knie, in Berlin kommt es immer wieder zu illegalen Straßenrennen. Wie ernst ist das Problem?
Diese Rennen werden generell tendenziell häufiger. Zuletzt sind auch mehrere Unfälle passiert. Nicht nur in Berlin, aber das ist natürlich einer der Hotspots, insbesondere auf Strecken in Neukölln oder am Ku’damm. Wir haben da eine bestimmte Klientel, die immer wieder Probleme macht.
Von wem sprechen wir?
Ausschließlich Männern, zu 100 Prozent. Sie glauben, ihre Männlichkeit durch besonders schnelles Fahren unter Beweis stellen zu müssen. Statistisch gesehen gibt es eine Grenze bei 26 Jahren. Dann scheint eine Art Zähmung einzutreten.
Spielt Migrationshintergrund eine Rolle?
Das kann man nicht pauschal beantworten. In Berlin gibt es in den entsprechenden Altersgruppen teils 60 bis 80 Prozent Migrationsanteil. Dementsprechend ist auch die Quote unter den Rasern hoch. Generell ist das schnelle Fahren unter jungen Männern ein sehr breites Phänomen in Deutschland, das sich nicht am Migrationshintergrund festmachen lässt. Wir beobachten das auch in den dörflichen Strukturen. Die Hauptmerkmale, das alle vereinen, sind das Geschlecht und Alter. Und: Sie donnern meist mit hoch getunten Sportwagen durch die Stadt, wir sehen viele Mercedes AMGs.
Wie kommen die jungen Fahrer an solch teure Sportwagen?
Die gehören denen nicht selbst. Sie leihen sie sich für wenig Geld bei Autovermietungen.
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Führerschein-Verbot für Männer bis 26: „Das ist ja genau der Witz“
Was kann man dagegen tun?
Ein Verbot für Autovermietungen an Unter-26-Jährige wäre hilfreich. Wir müssen als Gesellschaft aber generell davon wegkommen, Geschwindigkeitsübertretung als Kavaliersdelikt zu betrachten. Wenn man 55 km/h zu schnell fährt, wird der Führerschein für ein, zwei Monate entzogen. Ansonsten passiert nichts. Das müssen wir ändern. Mit längerem Führerscheinentzug und höheren Bußgeldstrafen.
An welche Summe denken Sie?
Blicken wir ins Ausland: In der Schweiz werden bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von bis zu 5 km/h 500 Franken fällig. Bei 10 km/h sind es fast 1000 Franken. Wir brauchen also strengere Regeln im Straßenverkehr. Wenn sich auch mit höheren Strafen nichts ändert, müssen wir über andere Maßnahmen nachdenken.
Welche?
Dazu gehört unter anderem, den Führerscheinerwerb für Männer erst ab 26 Jahren möglich zu machen.
Wäre das nicht unfair denen gegenüber, die sich vorbildlich an die Regeln halten?
Ja, aber das ist ja genau der Witz. Wenn allen klar ist, dass alle von Verfehlungen betroffen sind, kümmert man sich auch als einzelner mehr darum, die Regeln einzuhalten. Das kennen wir aus der Sozialforschung.
Führerschein-Verbot? „Die Unfallwahrscheinlichkeit bei jungen Fahrern ist extrem hoch“
Ich bin 26 Jahre alt, wurde noch nie geblitzt. Ihr Vorschlag wirkt für Menschen wie mich schon schwer vermittelbar.
Ja, das ist auch schwer vermittelbar. Mein Vorschlag zum Führerscheinentzug bis 26 für Männer dient auch eher dazu, dass wir uns überhaupt dem Problem bewusst werden. Ich weiß auch, dass die Idee nicht umsetzbar ist. Man müsste das für alle Menschen gültig machen, nicht nur für Männer.
Auch das scheint wenig realistisch.
Ja. Fakt ist aber: Die Unfallwahrscheinlichkeit bei jungen Fahren ist extrem hoch, gerade bei jungen Männern.
Interview: Andreas Schmid