Derblecken in Murnau: Die Zwangspause dauert an -Angeblich liegt es an Terminschwierigkeiten
Auch 2024 wird das Derblecken, das in Murnau zu Beginn der Fastenzeit fast Kultstatus genießt, nicht stattfinden. Der Grund: Das Griesbräu sieht sich nicht in der Lage, einen passenden Termin anzubieten. Zunächst wollte das Derblecker-Team das Handtuch werfen, hat sich aber nun entschlossen, 2025 einen neuen Versuch zu unternehmen.
Murnau – Sie vermissen etwas. Ganz schrecklich sogar. Kurt Schweda tut’s, Ursula Ohliger auch. Petra Albrecht, Hans-Jürgen Steib und Adi Sam geht’s ganz ähnlich. Die fünf, die von 2001 bis 2019 ohne Unterbrechung in der Murnauer Traditionswirtschaft Griesbräu zu Beginn der Fastenzeit das Team bildeten, das die Murnauer Großkopferten durch den Kakao zog, sind weiter kaltgestellt. Von 2020 bis 2022 verhinderte die Corona-Pandemie das Derblecken. Im vergangenen Jahr gab das Griesbräu zeitliche Gründe an, weshalb die Veranstaltung, die regelmäßig mehr als 200 Zuschauer mobilisiert und zum Lachen gebracht hat, nicht stattfinden kann.
Vor fast einem Jahr hatte Schweda im Gespräch mit dem Murnauer Tagblatt die Absage noch gelassen hingenommen. „So erhöhen wir die Spannung für das nächste Mal“, sagte Schweda. Ein nächstes Mal wird’s womöglich nicht geben, denn auch 2024 steht das Derblecken nicht im Terminkalender des Griesbräu. „Wir haben keinen Tag gefunden, an dem es passt“, sagt Griesbräu-Wirtin Christina Opitz. „Ich bedaure das.“ Den Personalmangel in der Gastronomie nennt sie als Hauptgrund. „Die Situation ist schwierig.“
Schweda und Ohliger hatten schon im November 2023 bei einem Gespräch mit Griesbräu-Geschäftsführer Michael Gilg und Opitz erfahren, dass die Traditionsveranstaltung erneut Opfer widriger Umstände werden wird. In einem wenige Tage später angesetzten Treffen mit Albrecht, Steib und Sam kam man zum Schluss, die erneute Zwangspause schweren Herzens hinzunehmen und die Konsequenzen zu ziehen. „Das Derblecken wird’s nicht mehr geben“, erklärte Schweda vor einer Woche im Telefonat mit dieser Zeitung. Nachdem er den Entschluss einige Tage überschlafen hatte, gab’s einen kleinen Stimmungsumschwung. „Wenn wir gemeinsam mit dem Griesbräu einen Termin finden, stehen wir für 2025 bereit.“ Auch Opitz zeigt nach wie vor Interesse. „Ich sag’ niemals nie.“ Das Derblecken sei eine Traditionsveranstaltung, „und Traditionen sind es wert, erhalten zu werden“.
Andere Wirtschaft kein Thema
Das Griesbräu muss nach Ansicht von Ohliger und Schweda unter allen Umständen Heimat des Derbleckens bleiben. „Eine andere Wirtschaft kommt für uns nicht infrage. Keine hat dieses Flair und diese Atmosphäre.“ Und Starkbier werde in Murnau auch nur dort gebraut. Man hätte sich durchaus in der Lage gesehen, ein Programm aus dem Boden zu stampfen. „Themen gibt es genug“, sagt Ohliger. Und man sei im Schreiben der Texte versiert. „Alles entsteht in Teamarbeit.“
Von „viel Herzblut“ spricht Ohliger, das in ihr und den Mitstreitern stecke. „Wir vermissen etwas, und ich glaube, das Publikum auch.“ Von Bürgern höre sie immer wieder mal den Wunsch, es sei an der Zeit, dass das Korrektiv der Derblecker greife, „bevor bei den Politikern die Bäume in den Himmel wachsen“. Sie verschließt allerdings auch nicht die Augen vor den Problemen, die sich in den vergangenen Jahren aufgetan haben. Ohliger macht deutlich: Das Derbleckerteam plagen mehrere Baustellen, die es aufzuarbeiten gilt. Die beiden Musiker Florian Möckl und Georg Streitel, Mitglieder der Koitaboch-Musi und seit vielen Jahre treue Begleiter, haben die Zusammenarbeit aus Zeitgründen aufgekündigt. „Im Vorfeld der Auftritte gab es immer zahlreiche Proben, das ist den beiden zu viel geworden“, sagt Ohliger.
Und in den Jahren der Pause hatten die Protagonisten viel Zeit, über ihr Tun nachzudenken. Die Kardinalfrage, die sie sich stellten: „Ist unser Format noch zeitgemäß?“ Da sind Zweifel entstanden. Sie fürchten, durch das, was sie sagen oder nicht sagen, von politischen Strömungen vereinnahmt zu werden oder den falschen Ton zu treffen. „Jeder sucht gleich immer das Haar in der Suppe, dabei wollen wir doch nur unterhalten“, sagt Schweda. Was Ohliger sich wünscht, bringt sie mit einem Bonmot auf den Punkt. „Die Menschen sollten nicht alles so bierernst, sondern lieber das (Stark)-Bier ernst nehmen.“
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