Vom Gefängnis ins Gericht: Vorbestrafter „Weltraumarzt“ wegen Sozialbetrugs angeklagt

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Das Amtsgericht Tettnang bei Friedrichshafen hat Klage gegen einen umstrittenen Mediziner erhoben. Er soll über zwei Jahre Sozialversicherungsbeiträge seiner Mitarbeiter unterschlagen haben.

Tettnang - Dem Angeklagten wird vorgeworfen, zwischen Juli 2020 und Mai 2022 in 79 Fällen keine Sozialversicherungsbeiträge für seine Angestellten gezahlt zu haben. Das bestätigte die Staatsanwaltschaft Ravensburg gegenüber IPPEN.MEDIA.

Weiter heißt es, dass der Angeklagte aus der Haft dem Gericht vorgeführt werde, da er bereits eine Strafe wegen eines Verkehrsdelikts verbüßt. In der Vergangenheit ist er unter anderem wegen Betrugs einer Patientin und des Missbrauchs akademischer Titel angeklagt worden.

Angeklagter betrieb Praxen in mehreren Bundesländern

Der selbsternannte Weltraumarzt war Eigentümer der „Internationalen Akademie für Regulationsmedizin und Bewusstseinsforschung“ (INAKARB). Anschriften hierzu fanden sich in Friedrichshafen (Baden-Württemberg), Bonn-Mehlem und Markkleeberg. Zudem soll er als medizinischer Leiter einer ähnlich umstrittenen Praxis in Wiesbaden fungiert haben. Er selbst ist Facharzt für Neurologie und Psychiatrie mit Abschluss an der Universität des Saarlands.

Der angeklagte Mediziner wird dem Amtsgericht Tettnang vorgeführt. (Archiv- und Symbolfoto, Montage) © Patrick Seeger/dpa & IMAGO / Panthermedia

Seinen Patienten bot der Angeklagte vermeintliche Therapiemethoden der russischen Marsmission an. Eine nachweisbare Verbindung nach Moskau besteht allerdings nur zu Institutionen wie der „Internationalen Interakademischen Vereinigung“ in Moskau. Die Institution steht allerdings als pseudowissenschaftliche Titelmühle in der Kritik.

„Cosmowellnes“ und „Energiemedizin“ als Heilung für chronische Krankheiten vermarktet

Zu den Therapiemethoden des Angeklagten zählen unter anderem die „Reinigung von E-Smog“ oder die „Anregung von Selbstregulierungskräften“. Dazu bot er eigenartige Instrumente wie „Quanten-Energie-Steine“ oder „Magic Energy Pens“ in seinem Online-Shop an. Die Seite ist aktuell nicht mehr aufrufbar und hat eine Bewertung von 1,6 Sternen auf trustpilot.

Ein weiterer seiner Fachbereiche sei die „Telemedizin“. Diese erlaube eine Therapie aus der Ferne. Dazu mussten Patienten eine Gerätschaft namens „Disconder“ über mehrere Wochen an einem Gurt um ihren Bauch befestigen. Eine ausführliche Auseinandersetzung mit den Methoden findet sich auf der Seite psiram.com, die Aufklärung über irrationale Glaubenssysteme und pseudowissenschaftliche Heilmethoden betreibt.

Selbsternannter „Weltraumarzt“ bereits mehrfach vorbestraft

Laut Bericht der Rhein-Zeitung beantragte die Staatsanwaltschaft 2016 einen Strafbefehl beim Amtsgericht Sinzig. Grund dafür waren Betrug und Titelmissbrauch, dem eine verstorbene Tumorpatientin zum Opfer gefallen sei. Der Angeklagte habe ihr fälschlicherweise versichert, dass ihre private Krankenversicherung für die Therapiekosten aufkomme. 2018 verurteilte ihn das Amtsgericht Sinzig deshalb zu einer Geldstrafe von 19.000 Euro.

Außerdem ging die Wettbewerbszentrale laut dem Pharmamagazin Apotheke adhoc gegen den Angeklagten vor, da dieser sich weigerte, eine Unterlassungserklärung abgeben zu wollen. Grund war die unrechtmäßige Führung der Titel „Prof. Dr. Dr. med.“, „Prof. Dr. Nauk.“ und „Dr. med. VEKK Moskau“. Diese Titel seien ihm durch die „VEKK Moskau“ verliehen worden, die allerdings in Russland selbst nicht anerkannt wird.

Auch wegen seines Online-Shops sei die Wettbewerbszentrale in der Vergangenheit gegen den Mediziner vorgegangen. Dort habe er verschreibungspflichtige Medikamente angeboten, ohne über entsprechende Lizenzen verfügen.

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