Steuerklassen 3 und 5 werden abgeschafft: Lindner macht Ehepaaren neues Versprechen
Die Ampel-Regierung hat das Aus der Steuerkombination 3 und 5 auf den Weg gebracht. Viele Ehepaare fragen sich, was das für sie bedeuten wird.
Berlin – Noch vor der Sommerpause hat die Ampel-Koalition eine Reform der Steuerklassen auf den Weg gebracht. Ab 2030 soll dann die Kombination der Steuerklassen 3 und 5 der Vergangenheit angehören, stattdessen nutzen Ehepaare künftig beide die Steuerklasse 4 mit Faktorverfahren. Damit sollen beide Partner in der Ehe gleichberechtigter sein. Trotzdem stellen sich viele Menschen die Frage, ob die Reform einer Steuererhöhung gleichkommt.
Lindner: Ehepaare zahlen nicht mehr Steuern durch die Abschaffung von Steuerklasse 3 und 5
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat deshalb am Wochenende Ehepaaren nochmals zugesichert, dass die geplante Abschaffung der Steuerklassen 3 und 5 keine finanziellen Nachteile für sie hat. „Es ist zu 100 Prozent ausgeschlossen, dass Paare schlechter gestellt werden“, sagte Lindner den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Insbesondere das Ehegattensplitting wird nicht abgeschafft, weil das eine massive Steuererhöhung wäre.“
Lindner wies darauf hin, dass es für Paare derzeit noch keinen Handlungsbedarf gibt. „Wer will, kann aber schon heute besprechen, wie eine faire Aufteilung bei der Steuerschuld aussieht. Denn die Steuerklasse 4 mit Faktorverfahren gibt es ja bereits“, so der Finanzminister. Mit der Steuerklasse 4 mit Faktorverfahren würde die Steuerlast anteilig verteilt, zudem entfielen die sonst oft lästigen Nachzahlungen an das Finanzamt zum Jahresende.
Paare zahlen nicht mehr Steuern – sie werden aber verlagert
Zur Veranschaulichung hier ein Beispiel, wie die Steuern ab 2030 für ein Paar aussehen können (stark vereinfacht):
Paul und Anna nutzen mit ihren Einkommen aktuell die Steuerkombination 3 und 5. Monatlich verdient Paul 5800 Euro brutto, davon bleiben ihm in Steuerklasse 3 monatlich 4008 Euro netto übrig. Er bezahlt also jeden Monat Steuern in Höhe von 636 Euro. Anna verdient 2000 Euro im Monat brutto, ihr bleiben davon monatlich in Steuerklasse 5 1250 Euro netto in der Tasche. Sie zahlt Steuern in Höhe von 322 Euro monatlich – also mehr als die Hälfte dessen, was Paul zahlt, obwohl er mehr als das Doppelte ihres Gehalts hat. Als Haushalt haben Paul und Anna aber jeden Monat gemeinsam 5258 Euro zur Verfügung. Allerdings werden Paul und Anna nach Abgabe der Steuererklärung vermutlich zur Kasse gebeten, oder sie erhalten kein Geld aus der Steuer zurück. Eine Rückerstattung ist hier unwahrscheinlich.
Anders wäre es, wenn Paul und Anna beide in Steuerklasse 4 wären. Dann würde Anna jeden Monat 1472 Euro netto haben und nur 106 Euro Steuern zahlen. Paul hingegen müsste jeden Monat 1080 Euro an Steuern zahlen und hätte netto nur noch 3565 Euro übrig. Als Haushalt haben Paul und Anna etwas weniger im Netto jeden Monat, nämlich 5037 Euro. Allerdings haben sie auch viel mehr Steuern bezahlt, nämlich 14.232 Euro im Jahr. Hier ist zu erwarten, dass Paul und Anna Geld von der Steuererklärung erstattet bekommen.
Am Ende haben Paul und Anna genau gleich viel Geld. Es ändert sich nur, wann sie das Geld haben.
Bisher entscheiden sich immer noch viele Ehepaare und Lebenspartner für die Steuerklassenkombination 3 und 5. Das geht aus den Daten der Lohn- und Einkommensteuerstatistik für das Veranlagungsjahr 2020 hervor, wie das Statistische Bundesamt kürzlich mitteilte. Demnach wählten von den insgesamt rund 5,3 Millionen zusammenveranlagten Steuerpflichtigen mit ausschließlich Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit knapp 2,1 Millionen Paare diese Steuerklassenkombination. Das entspricht einem Anteil von 39 Prozent.
Meine news
Bei weiteren 1,3 Millionen Paaren (25 Prozent) erzielte den Angaben zufolge nur eine der beiden Personen Arbeitseinkommen und war entsprechend in Steuerklasse 3 eingruppiert. 1,9 Millionen zusammenveranlagte Steuerpflichtige waren in Steuerklasse 4 eingetragen. Mit einem Anteil von 36 Prozent lag diese Wahl damit nur knapp hinter der Kombination 3 und 5.
Ehegattensplitting in der Kritik: Nicht das Gleiche wie die Steuerreform
Eine größere Steuerbelastung wäre es für Ehepaare, wenn das Ehegattensplitting abgeschafft würde. Das hatte die Familienministerin Lisa Paus (Grüne) vor der Sommerpause ins Spiel gebracht. Das unterstützt die FDP aber nicht.
Bei dem Verfahren wird das gemeinsame Einkommen eines Paares rechnerisch halbiert, die darauf entfallende Einkommensteuer berechnet und die Steuerschuld anschließend verdoppelt. Davon profitieren bei der Steuer vor allem Paare, bei denen einer viel und der andere wenig verdient. Begründet wird dies mit dem besonderen Schutz von Ehe und Familie.
Das Ehegattensplitting wird von Kritikern deshalb moniert, weil es ein traditionelles Familienmodell belohne, das viele Paare aber nicht wählen würden, wenn es die finanziellen Anreize nicht gäbe. Zudem verstärke es die Abhängigkeit des geringer verdienenden (häufig ist das noch immer die Frau) gegenüber dem Besserverdienenden (häufig der Mann), so die Kritik.
Das Ehegattensplitting, wie es heute existiert, führt laut der Hans-Böckler-Stiftung dazu, dass sich für viele Frauen die Erwerbstätigkeit gar nicht erst lohne. Denn es sind oft Frauen, die weniger verdienen als ihr Ehemann. Die Bundesregierung erhofft sich alleine durch die Steuerklassenreform einen höheren Arbeitsanreiz, insbesondere für Frauen. Eine Studie des Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung zeigt, dass mit einer kompletten Abschaffung des Ehegattensplittings nicht erheblich mehr Steuereinnahmen erfolgen und sich die Erwerbsbeteiligung von Ehefrauen um rund 2,4 Prozent erhöhen würde. (mit dpa)