Heftige Kritik am Projekt - Landrat lässt Geflüchtete für 80 Cent pro Stunde arbeiten – seine Bilanz überrascht

Im Februar 2024 präsentierte der neue Landrat des thüringischen Landkreises Saale-Orla Christian Herrgott (CDU) erstmals seine Pläne für die Einführung einer Arbeitsverpflichtung für Geflüchtete. 150 Flüchtlinge sollen vier Tage pro Woche für 80 Cent pro Stunde einfache Arbeiten wie Garten, Reinigungs- und Hilfsarbeiten verrichten. Bei Verweigerung drohen Geldkürzungen von bis zu 180 Euro monatlich. Das Ziel ist es, die Geflüchteten zur Arbeit zu motivieren und so den Integrationsprozess zu fördern. Die Bilanz nach einem halben Jahr fällt nun positiv aus.

Pro Asyl bezeichnete die Pläne als „rassistisch und menschenverachtend“

Dabei hagelte es nach der Vorstellung seiner Pläne, unter anderem in der ZDF-Talksendung von Markus Lanz, deutschlandweit Kritik. Der Flüchtlingsrat kritisierte die Pläne des CDU-Generalsekräters von Thüringen scharf und sprach von einer Diskreditierung der Geflüchteten. Verpflichtungen und Sanktionen seien unnötig; stattdessen sollte der Zugang zu Sprachkursen erleichtert werden. „Es ist rassistisch und menschenverachtend zu suggerieren, dass Geflüchtete arbeitsunwillig seien, die man jetzt zur Arbeit unter ausbeuterischen Verhältnissen zu 80 Cent pro Stunde verpflichten müsse – während viele von ihnen schlichtweg nicht arbeiten dürfen,“ sagte Tareq Alaows, Sprecher von Pro Asyl, damals.

„Es ist keine Ausbeutung, wir setzen einfach Recht und Gesetz um“, entgegnete Herrgott auf die Kritik. Laut dem Asylbewerberleistungsgesetz sind arbeitsfähige, nicht erwerbstätige Leistungsberechtigte verpflichtet, bereitgestellte Arbeitsgelegenheiten wahrzunehmen.

Auch ein Sprecher des Landkreises verteidigte das Vorgehen: „Die Geflüchteten sollen [..] davon profitieren, dass sie eine sinnstiftende Tätigkeit haben, die ihnen den Alltag strukturiert.“ Integrationsministerin Doreen Denstädt (Grüne) warnte, dass dieser Schritt das Vorurteil der arbeitsscheuen Geflüchteten verstärke. Anstatt Arbeitsverpflichtungen zu errichten, sollten vorhandene Arbeitsverbote für Asylbewerber abgeschafft werden. „Herr Herrgott gießt so Öl in ein Feuer, das die demokratischen Kräfte austreten versuchen.“ so Denstädt.

Herrgott „sehr zufrieden mit dem Ablauf des Projektes“

Ein halbes Jahr nach Einführung der Arbeitspflicht liegt nun eine erste, positive Bilanz vor, wie der MDR berichtet. „Ich bin bisher sehr zufrieden mit dem Ablauf des Projektes“, so Hergott.

Kommunen, soziale Träger und Vereine können über ein Online-Formular Arbeitsangebote anmelden, von denen bisher rund 100 Asylbewerber Gebrauch machen konnten. Die Aufgaben sind vielfältig, berichtet Herrgott, „vom Trikotwaschen im Sportverein und Rasenmähen über die Arbeit bei den Tafeln“. Die Arbeitsgelegenheiten kämen bei den Geflüchteten gut an und würden als Chance zur Integration gesehen.

Von dieser Pflicht befreit sind diejenigen, die erkrankt sind oder an einem Sprachkurs teilenehmen. Sanktioniert wurden bisher sieben Personen, weil Arbeitsangebote abgelehnt wurden.  Zu Beginn stellten Sprachbarrieren und Zuverlässigkeit ein Problem dar, das Projekte bedeutete für die Kommune zeitweise mehr Arbeit. „Mit Händen und Füßen“ würde man sich dem Sprachproblem entgegenstellen, beim Arbeiten würde das Deutsch lernen aber auch gut funktionnieren, so Lars Böhme, Chef der Verwaltungsgemeinschaft Oppurg.

Das Modell zeigt Erfolge bei Integration in den Arbeitsmark

Die in der Flüchtlingsdebatte immer wiederkehrende Befürchtung, durch die Asylbewerber würden reguläre Arbetsplätze wegfallen, sei unbegründet, denn es handle sich um „Arbeiten, die sonst liegen bleiben“, so Böhme.

Das Modell zeigt Erfolge: 20 Prozent der Teilnehmer konnten sich erfolgreich in den ersten Arbeitsmarkt integrieren, beispielsweise als Helfer in Industriebetrieben. Die Einrichtungen, die die Asylbewerber beschäftigen, die Geflüchteten selbst und auch die Anwohner sehen das Projekt als positive Bereicherung für die Gemeinschaft und für den Landkreis.

Kritisiert wird das Projekt nach wie vor. Vor allem in den sozialen Medien wird unter anderem von Schikane gesprochen. Götz Ulrich (CDU), Landrat des Burgenlandkreises, weist das zurück: „Die Kombination aus verpflichtenden Arbeitsgelegenheiten und Sprachkursen im Burgenlandkreis dient nicht der Schikane, sondern der Unterstützung der Geflüchteten.“