Internationales Musikfest am Tegernsee zieht 2024 (fast) ganz nach Kaltenbrunn
Das Internationale Musikfest am Tegersee zieht heuer mit seinen Abendkonzerten komplett nach Kaltenbrunn. Ein Schritt, der Festivalleiter Helge Augstein nicht leicht gefallen ist – trotz der idyllischen Lage.
Kaltenbrunn – Die Publikumsnachfrage hat sich durchgesetzt: Die Abendkonzerte des Internationalen Musikfests am Tegernsee finden heuer allesamt in der Tenne von Gut Kaltenbrunn statt. Ein Schritt, der Festivalleiter Helge Augstein nicht ganz leicht gefallen ist – trotz der idyllischen Atmosphäre.
Von 2. bis 11. Juli versammelt sich zum 35. Mal die Elite der Kammermusik zum Internationalen Musikfest am Tegernsee. Mit dabei sind Musiker von Weltrang wie Violinistin Julia Fischer und Pianist Jan Lisiecki, die zum wiederholten Mal dabei sind, aber auch aufstrebende Jungstars wie Pianist Lukas Sternath. Und zwischen den klassischen Glanzlichtern von Beethoven, Schumann, Brahms & Co. leuchten auch ungewöhnliche Abende mit einer Lesung, einem Bläser-Open-Air, Alter Musik und leidenschaftlichem Tango hervor (siehe Kasten). Und dies heuer alles in Kaltenbrunn. Einzig das Kinderkonzert findet wieder im Rottacher Seeforum statt.
Atmosphäre mit Charme wie der Gründungsort
Für das Publikum entfaltete Kaltenbrunn am ehesten den Charme, der dem Festival an seinem Gründungsort in Wildbad Kreuth zu eigen war, den es 2016 verlassen musste. Andere Spielstätten taten sich dagegen immer schwer in seiner Gunst. Die schmucken Säle des Waitzinger Kellers in Miesbach und des Kultur im Oberbräu in Holzkirchen – beides laut Augstein erstklassige Konzertsäle – nahm das Musikfest-Publikum gar nicht an. Und auch das Seeforum zog über die Jahre nicht wie erhofft – nicht einmal mit Größen wie Sabine Meyer, Nils Mönkemeyer, Kit Armstrong und Eldbjørg Hemsing, die 2023 dort auftraten. Im vergangenen Jahr fiel der Unterschied zu Kaltenbrunn besonders eklatant auf: „Ins Seeforum kamen jeweils 30 Prozent Besucher weniger“, stellt Augstein ernüchtert fest. „Ich habe es viele Jahre versucht. Aber man wird von diesem Kampf auch müde.“
Den Schritt, sich komplett nach Kaltenbrunn zu verlegen, ging er dennoch nicht gern, auch wenn die Organisation für das komplett ehrenamtliche Team des Musikfests dadurch eher erleichtert wird. „Ich will nicht wieder eine Abhängigkeit aufbauen“, sagt Augstein mit Blick auf den Verlust von Wildbad Kreuth, der das Festival zur Wanderschaft zwang. Und auch die Kosten für einen privatwirtschaftlich betriebenen Saal wie die Tenne in Gut Kaltenbrunn sind deutlich höher als bei Spielstätten der öffentlichen Hand wie dem Seeforum. Dass das Musikfest heuer mit zehn Tagen ohne Pause straffer und kürzer ausfällt als gewohnt, ist diesem Umstand geschuldet. „Zwei Wochenenden waren nicht drin“, erklärt der Festivalleiter.
Tenne hat sich als Konzertsaal bewährt
Meckern will Augstein aber nicht. Die Tenne hat sich als Saal für Kammerkonzerte bewährt. Die Atmosphäre passe hervorragend zum Sommerfestival, für die Besucher stehen Parkplätze und Gastronomie bereit, und Kaltenbrunn ist mit einem Spaziergang sogar an die Bahn angebunden. Auch die Künstler, berichtet Augstein, schätzen den schönen Saal mit seiner sehr ordentlichen Akustik, der es erleichtere, eine stimmige Konzertatmosphäre aufzubauen. Bestuhlt wird für 420 Besucher. Eine Hausnummer für das Festival. „Leute in Konzerte zu locken, ist insgesamt nicht mehr so einfach“, stellt Augstein fest. Streaming ist eine ernste Konkurrenz geworden, viele jüngere scheinen die Bequemlichkeit dem Konzerterlebnis vorzuziehen.
Der Wandel der Zeit bringt für das Musikfest noch eine weitere Herausforderung mit sich: Wie berichtet, nehmen die Gemeinde und die Tegernseer Tal Tourismus GmbH (TTT) den anstehenden Eintritt in den Ruhestand der langjährigen Mitarbeiterin Gabi Strobl zum Anlass, die Tourist-Info (TI) in Kreuth zu schließen. Dem Musikfest dient die TI bisher als Sitz und Geschäftsstelle. Heuer bleibt noch alles wie gehabt, doch wie es nach der für November geplanten Schließung weitergeht, gilt es für Augstein noch zu klären. Auch im Vorverkauf ist die TI Kreuth für das Festival bisher eine wichtige Säule: Die – oft betagten – Stammgäste seien den zuvorkommenden Service und die persönliche, fachkundige Beratung dort gewohnt. „Service sollte doch eher besser werden als schlechter“, findet Augstein. Er hofft, dass er Strobl weiterhin für den Kartenverkauf ins Boot holen kann.

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Ein Rising Star, schwierige Charaktere und Tango im Programm
Das Internationale Musikfest am Tegernsee von Dienstag, 2. Juli, bis Donnerstag, 11. Juli, lässt Kammermusik in allen Facetten strahlen: Das Programm wartet mit reichlich Abwechslung auf. Neben gefeierten Musikern wie Julia Fischer, Daniel Müller-Schott oder Jan Lisiecki steht heuer auch Pianist Lukas Sternath beim Musikfest auf der Bühne. „Er gewann neben dem Ersten noch sieben weitere Preise beim ARD Wettbewerb 2022 und ist ECHO Rising Star der Saison 2024/25“, erklärt Festivalleiter Helge Augstein. Er freut sich besonders unter anderem auf das erste Wiedersehen seit zehn Jahren mit der Berliner Akademie für Alte Musik mit Tanzmusik aus dem Europa des 17. Jahrhunderts und einem gefeierten Projekt der bekannten Schauspieler Thomas Thieme und Peter Lohmeyer. Die beiden schlüpfen bei einer Lesung in die Rollen zweier schwieriger Charaktere, Richard Wagner und Franz Liszt ,und geben Einblick in deren schwieriges Verhältnis. „Beide waren persönlich Stinkstiefel“, so Augstein. Die fabelhafte Musik der beiden Tondichter kommt an dem Abend mit Pianistin Hideyo Harada aber nicht zu kurz. Dazu gibt es heuer Tango mit einem Ensemble um Thomas Reif, Primarius des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks, und den besonderen Klang des Wiener Horns mit einem Ensemble aus Wien beim Open Air im Innenhof.
Der Vorverkauf läuft
Alle Infos und das vollständige Programm sind auf der Internetseite des Musikfests zu finden. Eintrittskarten gibt es für die Abendkonzerte in der Tenne von Gut Kaltenbrunn jeweils in drei Kategorien zu 30, 60 oder 90 Euro, für das Open Air im Innenhof zu 50 Euro sowie für das Kinderkonzert im Seeforum zu 15 Euro für Kinder und zu 30 Euro für Erwachsene. Der Vorverkauf läuft bei allen Tourist-Infos am Tegernsee sowie über München Ticket (zuzüglich Gebühren).