Spektakulärer Fund: Hier konnte der erste Velociraptor Europas nachgewiesen werden

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Sie sind die wohl ältesten nachgewiesenen „Einwohner“ Niedersachsens: Velociraptoren. Ein spektakulärer Fund führte zu bahnbrechenden Erkenntnissen.

Obernkirchen – Velociraptoren lasen bei Filmfans wohl ganz bestimmte Bilder im Kopf entstehen: Die Dinosaurier spielten im Kassenschlager „Jurassic Park“ aus dem Jahr 1993 von Stephen Spielberg eine Hauptrolle. Sie jagten die im Park gefangenen Menschen und duellierten sich zum Schluss gar mit einem Tyrannosaurus rex. Wie genau sie sich verhalten haben oder wie sie wirklich aussahen, bleibt wohl für immer ein Geheimnis, doch wo unter anderem sie gelebt haben, darüber herrscht seit dem Jahr 2008 Gewissheit: in Niedersachsen.

Typische Krallenform führt zu besonderen Fußabdrücken des Raptors

Wissenschaftler entdeckten damals Spuren in einem Steinbruch in der Bergstadt Obernkirchen im Landkreis Schaumburg. Das bedeutete ein Novum für Europa, denn zum ersten Mal konnten auf dem Kontinent Fährten einer neuen Raubsaurierart aus der Gattung der Velociraptoren nachgewiesen werden. Wissenschaftler Torsten van der Lubbe konnte sein Glück kaum fassen, als er beim Freilegen der Spuren auf die Velociraptor- Abdrücke traf. „Es war ein irres Gefühl“, berichtete der Forscher. In Niedersachsen wurde auch ein bedeutender historischer Fund an der Weser gemacht.

Ein Velociraptor-Modell und die Spuren, die die echten Tiere hinterlassen haben.
Ein Velociraptor-Modell und die Spuren, die die echten Tiere hinterlassen haben. © Holger Hollemann / dpa

Lubbe weiter: „Man gibt einem Tier die Hand, das vor Millionen von Jahren herumgelaufen ist.“ Der nur etwa hüfthohe Velociraptor (oder Raptor) hat typische sichelförmigen Krallen an den drei Zehen, von denen eine beim Laufen nach oben klappte. Dies führte zu dem typischen zweizehigen Fährtenabdruck. Der bis zu 1,80 Meter lange Saurier lief auf zwei Beinen und besaß Federn, war aber flugunfähig.

Nirgendwo gibt es mehr Velociraptor-Fußabdrücke als in Obernkirchen

Der Fund ließ sogar noch größere Schlüsse zu: Er sei der Beweis, dass die vogelartigen Dinosaurier ihr Zentrum auch in Europa hatten, nicht nur in Asien. Das erklärte Paläontologin Annette Richter vom Niedersächsischen Landesmuseum Hannover. Die acht Fährtenzüge sollen sämtliche bisher bekannten Funde aus China, Korea, dem Niger und den USA (Utah) übertreffen. Das Team des Landesmuseums entdeckte insgesamt 49 Fußabdrücke des Raubsauriers, so viele wie noch nirgendwo, hieß es. Zudem sei erstmals eine Stehspur gefunden worden.

Die typischen Raptor-Klauen.
Die typischen Raptor-Klauen. © Holger Hollemann / dpa

Es dauerte lange, bis alle Hinterlassenschaften der Saurier gesichert waren: Ein Jahr lang fand das Forscherteam auf einer Fläche von 2000 Quadratmetern Spuren von insgesamt fünf bis sechs Dinosaurierarten. Laut den Forschern sollen in einer Lagune auch zwei Herden von pflanzenfressenden Iguanodons gelebt haben. Laut Richter sei erstmals belegt, dass die Tiere Rudeltiere waren, und zwar durch die Trampelpfade. Offenbar durchquerten sie das seichte Gewässer in Familienverbänden, denn sie hinterließen große und kleine Abdrücke.

Raptoren lebten vor 140 Millionen Jahren im heutigen Niedersachsen

Auch über das Sozialverhalten lassen sich durch den Fund mehr Rückschlüsse ziehen. So sollen die Tiere Sichtkontakt untereinander aufrechterhalten haben. Die Forscher schätzen, dass die Saurier vor knapp 140 Millionen Jahren an diesem Ort lebten. Sie sicherten Hunderte von Spuren in zwei Gesteinsschichten. Vermutlich hat nach einer Sturmflut Sand die Abdrücke bedeckt und konserviert. Auch für die Allgemeinheit wurden die Abdrücke im Jahr 2010 zugänglich gemacht.

Viele Dinosaurierspuren zu entdecken: Der Fundort in Obernkirchen.
Viele Dinosaurierspuren zu entdecken: Der Fundort in Obernkirchen. © Holger Hollemann / dpa

2011 wurde im 9000-Einwohner-Ort Obernkirchen ein Symposium namens „Dinosaurier-Fährten in Niedersachsen“ unter Teilnahme von Wissenschaftlern aus den USA, China, Japan, Südkorea, Jemen, Peru, Argentinien sowie mehreren europäischen Ländern abgehalten. Auch menschengemachte Attraktionen gibt es in Niedersachsen: Der höchste Aussichtsturm Deutschlands steht in dem Bundesland. (cgsc mit dpa)

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