Aufzugbauer aus Feldkirchen: Vom Ein-Mann-Betrieb zum Multi-Millionen-Unternehmen

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Ungewohnter (Ein-)Blick in einen modernen Riedl-Aufzugschacht. © kai schlender/Riedl aufzug

Die Firma Riedl hat sich in ihrer 90-jährigen Historie vom Ein-Mann-Betrieb zum Multi-Millionen-Unternehmen entwickelt. Wir haben den Aufzugbauer aus Feldkirchen besucht.

Feldkirchen – Das Aufzugbau-Unternehmen Riedl zählt zu den großen Steuerzahlern der Gemeinde, mit 17,5 Millionen Euro Jahresumsatz und 120 Mitarbeitern. Seit 86 Jahren in Feldkirchen beheimatet, wurden bereits über 12 000 Aufzüge gebaut: zunächst für Lagerhäuser, heute auch für Privat-Wohnungen und Wohnhäuser. Im Sommer feiert die Firma ihr 90. Jubiläum.

Was mit Lastenaufzügen begann, sind heute schlanke Aufzug-Schiebetüren, die man auch für andere Hersteller fertigt. Zudem Aufzüge ohne Maschinenraum, außen am Haus oder sogenannte Home-Lifte mit den Grundmaßen einer Badewanne. Sie gewährleisten Barrierefreiheit in mehrstöckigen Privathäusern. „Unser Schwerpunkt ist Süddeutschland. Trotz Corona und Flaute in der Bauwirtschaft – das Geschäft läuft gut, die Auftragsbücher sind voll“, sagt Christoph Lochmüller. Mit seinem Cousin Peter Andrä und Thomas Leitner ist er Geschäftsführer des Unternehmens.

Wie alles begann

Die Anfänge setzte Opa Hans Riedl. Er stammte aus der Nähe von Weiden in der Oberpfalz und war der Sohn eines Bauern. Am Hof des Vaters erlernte er das Schmiedehandwerk, arbeitete ab 1917 als Aufzugsmonteur bei der Firma Schüle in Feldkirchen. Den Tipp hatte ihm seine Tante gegeben, die in Feldkirchen lebte. So zog Riedl in den bayerischen Süden, lernte seine Frau Lina, eine Feldkirchnerin, kennen und heiratete sie 1929. Er betreute Aufzüge in ganz Deutschland, doch ebenfalls 1929, während der Weltwirtschaftskrise, ging sein Arbeitgeber Konkurs.

Die erste Werkshalle baute Gründer Hans Riedl im Jahr 1938 in Feldkirchen.
Die erste Werkshalle baute Gründer Hans Riedl im Jahr 1938 in Feldkirchen. © bb

Riedl setzt die Betreuung von Aufzügen als Ein-Mann-Betrieb fort, ein harter Knochenjob bei den schweren Aufzugsteilen. Nach der Prüfung zum Schlossermeister gründete Riedl 1934 in der Schleißheimer Straße in München seine eigene Firma. Er baute Krane, montierte und wartete Aufzüge anderer Hersteller. Das Unternehmen wuchs schnell, hatte bald 20 Mitarbeiter. 1938 baute er eine eigene Werkhalle in der Feldkirchner Sonnenstraße, dort, wo heute im Nebengebäude der moderne Empfangs- und Bürobereich des Unternehmens steht.

Im Zweiten Weltkrieg kommt die Produktion fast völlig zum Erliegen. Nach Kriegsende erfolgt Riedls Neustart mit drei Mitarbeitern. 1947 dann der große Moment: der erste eigene Aufzug, eingebaut als Bieraufzug für die Gaststätte und Metzgerei Glasl im Nachbarort Heimstetten. Es folgten Lastenaufzüge in Lagerhäusern in und um München, der „Riedl Lageraufzug“ war lange das Erfolgsmodell. 1954 der erste Personenaufzug, eingebaut in Rosenheim, mittlerweile sind es 60 Mitarbeiter und es kommt eine neue Fertigungshalle hinzu. Ab 1988 baut Riedl Aufzüge ohne Maschinenraum, Schiebe- statt Drehtüren, es kommen die ersten Glastüren.

Peter Andrä und Christoph Lochmüller, die Enkel des Firmengründers, übernehmen nun die Geschäftsleitung. In den kommenden Jahren erneuert man die Soft- und Hardware, es folgen computerintegrierte Laser- und Abkantfertigung, Schweißroboter, Präzisionsvorrichtungen und ergonomische Arbeitsplätze, dies verdoppelt die Effizienz. Firmengründer Hans Riedl ist lange aktiv im Unternehmen, erst 1996 stirbt er mit 97 Jahren.

200 Aufzüge pro Jahr

Im Jahr 2011 Jahre präsentiert man eine Teleskopschiebetür mit einer Paketdicke von nur 125 Millimetern – etwa halb so viel wie bei herkömmlichen Aufzugtüren. Diese schlanken Türen sparen viel Platz und wirken elegant. 2013 wird in ein Jugendstilgebäude im Münchner Lehel der zehntausendste Aufzug eingebaut. Ein Jahr später bezieht man das neue, 4000 Quadratmeter große Werk II im Gewerbegebiet Feldkirchen, hier sind das Serviceteam, das Ersatzteillager und der Stahlbau untergebracht. Ab 2020 agiert das Unternehmen bilanziell klimaneutral, bis 2030 will man CO2-neutral aus eigener Kraft sein. Auch während Corona erhält Riedl trotz Problemen bei den Lieferanten seinen Betrieb aufrecht: Die Aufzüge in Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen sowie Produktionsbetrieben oder bei gehbehinderten Menschen werden weiter betrieben. Bis zu 200 Aufzüge baut das Feldkirchner Unternehmen heute im Jahr.

Auf 4000 Quadratmetern beherbergt das Werk II im Gewerbegebiet Feldkirchen seit 2014 das Serviceteam, Ersatzteillager und die Stahlbau-Abteilung.
Auf 4000 Quadratmetern beherbergt das Werk II im Gewerbegebiet Feldkirchen seit 2014 das Serviceteam, Ersatzteillager und die Stahlbau-Abteilung. © bb

„Unsere Aufzugsanlagen arbeiten alle mindestens 30 bis 40 Jahre problemlos, werden von uns regelmäßig gewartet, wobei die Teile für die Mechanik deutlich länger verfügbar sind als die für Elektronik“, sagt Lochmüller. Für ihn ist das gelebte Nachhaltigkeit: Beim Bau der Aufzüge so wenig Müll wie möglich erzeugen, durchdachte, robuste Produkte bauen, an denen der Kunde Jahrzehnte Freude hat. „Wir bauen außer Motoren und Steuerung alles selbst, immer zwei Monteure installieren die Aufzüge. Mittlerweile haben wir über 12.000 Aufzugsanlagen gebaut – noch nie ist einer abgestürzt. Das kann auch gar nicht passieren wie in Filmen, dazu gibt es zu viele Sicherheitseinrichtungen.“

13 Nationalitäten arbeiten bei Riedl, „leider nur wenige Frauen, gerade im handwerklichen Bereich – das wollen wir seit Jahren ändern“, sagt Lochmüller. Darum beteiligt sich der Aufzugbauer am 25. April wieder beim „Girls Day“ – „vielleicht klappt es da“, sagt Geschäftsführer Lochmüller.

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