Beim zweitgrößten deutschen Autozulieferer kracht es gewaltig – „Zusätzliche Einschnitte aus heiterem Himmel“

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Gegen weitere geplante Sparmaßnahmen beim kriselnden Autozulieferer ZF Friedrichshafen regt sich heftiger Widerstand unter den Mitarbeitern.

Friedrichshafen – Der Automobilzulieferer ZF Friedrichshafen steht vor einem Aufstand seiner Belegschaft. Am 29. Juli wollen 5.000 Mitarbeiter vor der Konzernzentrale am Bodensee gegen weitere Sparmaßnahmen demonstrieren. Der Widerstand der Arbeitnehmervertretung richtet sich gegen Kürzungen bei übertariflichen Leistungen. Zuvor waren bereits die Arbeitszeiten reduziert worden.

„Wir sehen es nicht mehr ein, für Managementfehler zu bezahlen, ohne dass uns eine tragfähige Perspektive für den Standort Friedrichshafen präsentiert wird“, erklärte ein Betriebsratssprecher. Gesamtbetriebsratschef Achim Dietrich hatte gegenüber dem Handelsblatt nach einer unterbrochenen Betriebsversammlung in der Messe Friedrichshafen gesagt: „Die zusätzlichen Einschnitte kommen aus heiterem Himmel, das Vertrauen in den Vorstand ist erschüttert.“ Dort wurden demnach drastische Sparmaßnahmen für die Nutzfahrzeugsparte vorgestellt, die Tausende Mitarbeiter treffen sollen.

ZF Friedrichshafen will bis zu 14.000 Arbeitsplätze in Deutschland bis Ende 2028 streichen

Die Dimension der geplanten Stellenstreichungen ist dramatisch: Bis Ende 2028 will ZF bis zu 14.000 Arbeitsplätze in Deutschland abbauen – das entspricht jedem vierten Job im Land. Bereits seit Anfang 2024 sind 5.700 Stellen weggefallen. Der Konzern beschäftigt in Deutschland rund 56.000 Menschen an über 40 Standorten.

Der Konzernsitz der ZF Friedrichshafen, das ZF-Forum, in Friedrichshafen am Bodensee aus der Luft fotografiert.
Laut einem Sprecher des Betriebsrats ist am 29. Juli ein Marsch und eine Kundgebung mit 5.000 Mitarbeitern vor der Konzernzentrale in Friedrichshafen am Bodensee geplant. © Felix Kaestle/ZF Friedrichshafen AG

„Die ZF rettet man nicht durch Sparen, so kommen wir nicht aus dem Abwärtsstrudel“, kritisierte Betriebsratschef Dietrich die Strategie des Managements. Der Protest ist bewusst auf den Tag der Aufsichtsratssitzung gelegt, um maximalen Druck auf die Konzernführung auszuüben.

Das Unternehmen reagierte mit Unverständnis auf die Proteste. „Die ZF-Belegschaft weiß, dass ZF auf das schwierige wirtschaftliche und geopolitische Umfeld mit weiteren Einschnitten reagieren muss“, sagte ein Konzernsprecher. Je mehr „weiche Personalmaßnahmen“ wie Arbeitszeitabsenkungen vereinbart werden könnten, desto eher ließen sich betriebsbedingte Kündigungen vermeiden.

ZF kämpft mit der Transformation zur E-Mobilität und schwächelnden Automärkten

ZF, einer der weltweit größten Automobilzulieferer, steckt in der tiefsten Krise seiner 109-jährigen Unternehmensgeschichte. 2024 schrieb der Konzern tiefrote Zahlen mit einem Verlust von knapp über einer Milliarde Euro. 2023 hatte das Unternehmen noch einen Gewinn von 126 Millionen Euro erwirtschaftet.

Name ZF Friedrichshafen AG
Gründungsjahr 1915
Hauptsitz Friedrichshafen, Baden-Württemberg
Branche Automobilzulieferer, Mobilitätssysteme
Geschäftsbereiche Automobilzulieferer, Antriebs- und Fahrwerktechnik, E-Mobilität, Automatisierungstechnik, Industrietechnik, Nutzfahrzeugtechnik
Mitarbeiterzahl 161.600 (Stand: Ende 2024)
Produktionsstandorte 168 in 32 Staaten
Hauptentwicklungsstandorte\t 19 in neun Ländern
Umsatz 41,4 Milliarden Euro (2024)
Geschäftsführung\t Holger Klein (Vorstandsvorsitzender), Heinrich Hiesinger (Aufsichtsratsvorsitzender)
Anteilseigner 93,8 Prozent Zeppelin Stiftung (Stiftungsträger ist die Stadt Friedrichshafen), 6,2 Prozent Dr. Jürgen und Irmgard Ulderup Stiftung

Der Traditionskonzern aus Friedrichshafen kämpft mit den Folgen der Transformation zur Elektromobilität und schwächelnden Automärkten. Besonders die Nutzfahrzeugsparte, die Getriebe und Achsen für Lkw und Busse herstellt, steht unter enormem Druck. Am Monatsende will ZF seine Halbjahreszahlen vorlegen.

Unsere Redaktion berichtete außerdem bereits darüber, dass an einem deutschen ZF-Werk eine hohe Zahl betriebsbedingter Kündigungen droht.

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