„Historisch höchster Beitragsanstieg“: Was die Krankenkasse Arbeitnehmern bald kosten wird

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In einer neu präsentierten Studie der DAK werden die Beitragssteigerungen für die Krankenkassen bis 2035 prognostiziert. Ohne sozialpolitische Maßnahmen wird die Belastung enorm steigen.

Berlin – Bei der Vorstellung ihrer neuen Studie zum Beitragsanstieg in den Sozialkassen bis 2035 findet der Vorstandschef der DAK, Andreas Storm, drastische Worte: „Die Vorstellung, dass die 40-Prozent-Marke bei den Sozialabgaben gehalten werden kann, ist eine blanke Illusion“. Der Studie zufolge werden die Sozialabgaben für Arbeitnehmer und Arbeitgeber bis 2035 auf über 48 Prozent steigen, im ungünstigsten Szenario sogar auf über 50 Prozent. Das hat eine Untersuchung des IGES-Instituts im Auftrag der DAK ergeben.

„Historischer“ Beitragsanstieg: Beiträge an die Krankenkassen machen wohl deutlichen Sprung

Alleine in dieser Wahlperiode, also von 2021 bis 2025, werden die Beiträge an Krankenversicherung, Rentenkasse, Pflegekasse und Arbeitslosenversicherung demnach so sehr angestiegen sein wie noch nie. „Wir erleben den historisch höchsten Beitragsanstieg in der GKV (gesetzliche Krankenversicherung, Anm. d. Red.) in einer Wahlperiode“, so Storm bei der Studienvorstellung. Und ohne politische Maßnahmen drohe der Anstieg noch weiter zu gehen. Aufgrund der aktuell schwierigen Verhandlungen zum Bundeshaushalt 2025, erwartet der DAK-Chef aber keine weiteren Maßnahmen aus der Ampel-Regierung vor der nächsten Bundestagswahl. „Das sind also Maßnahmen, die nach der Bundestagswahl sofort angegangen werden müssen“.

Nach den Berechnungen der Studie sollen die Beiträge alleine für die Krankenversicherung bis 2035 von aktuell 16,4 Prozent auf 19,3 Prozent ansteigen. Alleine in den Jahren 2022 bis 2025 wird der Anstieg des Zusatzbeitrags im Schnitt 1,0 Prozent betragen haben. Folgende weitere Beitragsanhebungen prognostiziert das IGES in den kommenden Jahren:

  • 2025: 16,9 Prozent (+0,5 Prozent vgl. zu 2024)
  • 2026: 17,4 Prozent (+1,0 Prozent)
  • 2027: 17,4 Prozent (+1,0 Prozent)
  • 2030: 18,1 Prozent (+1,7 Prozent)
  • 2035: 19,3 Prozent (+2,9 Prozent)

Krankenkasse DAK fordert Geld für Versicherung der Bürgergeld-Empfänger

Die DAK schlägt auch Maßnahmen zur Bekämpfung dieser Erhöhungen vor. Andreas Storm präsentierte einen zweistufigen Stabilitätspakt, der die Beitragserhöhungen allein bei den Krankenkassen um 2,8 Prozent reduzieren würde. Die Beiträge würden so in den kommenden zehn Jahren um lediglich 0,1 Prozentpunkte steigen, auf 16,5 Prozent.

Gespräch mit dem Vorstandschef Storm
Andreas Storm, Vorstandsvorsitzender der DAK-Gesundheit. © Marcus Brandt/dpa

Ein elementarer Bestandteil dieses Stabilitätspaktes sieht vor, dass der Bund künftig die Krankenkassenbeiträge von Bürgergeldempfängern aus Steuergeldern finanziert. Das seien laut Storm momentan jährlich 9,2 Milliarden Euro, die der Bund den Kassen erstatten sollte. Der DAK-Verwaltungsrat nannte dies bei der letzten Sitzung in Dresden (21. Juni) einen „sozialpolitischen Skandal“. „Die gesetzlichen Krankenkassen erhalten für diese Personen [Bürgergeldempfänger, Anm. d. Red.] monatlich jeweils rund 120 Euro aus Steuermitteln. Das ist nachweislich nicht kostendeckend. Wird dagegen ein Privatversicherter zum Bürgergeldempfänger, zahlt der Staat der Versicherung dafür 420 Euro monatlich im Basistarif. Das ist dreieinhalb Mal so viel.“ 

Weiter schlägt der Kassenchef eine „Dynamisierung“ des Bundeszuschusses für die gesetzlichen Kassen vor. Auch hier also: Der Bund soll mehr Steuergelder an die GKV abgeben. 2024 hat die Bundesregierung 14,5 Milliarden Euro als Bundeszuschuss an die Krankenkassen überwiesen.

Tabelle: So viel mehr kostet die Krankenkasse laut neuer Studie

Wie viel Geld am Ende des Monats durch die prognostizierten Beitragsanpassungen monatlich an die Krankenkasse überwiesen werden muss, haben wir in folgender Tabelle berechnet. Dabei wurde der durchschnittliche Wert für die Krankenkassenbeiträge verwendet - da die Kassen ihren Zusatzbeitrag aber individuell festlegen können, sind Abweichungen möglich:

2500 Euro brutto 3000 Euro brutto 3500 Euro brutto 4000 Euro brutto 5000 Euro brutto
GKV-Beitrag 2024 205 Euro 246 Euro 287 Euro 328 Euro 410 Euro
GKV-Beitrag 2025 211,25 Euro 253,50 Euro 295,75 Euro 338 Euro 422,50 Euro
GKV-Beitrag 2026/27 217,50 Euro 261 Euro 304,50 Euro 348 Euro 435 Euro
GKV-Beitrag 2030 226,25 Euro 271,50 Euro 316,75 Euro 362 Euro 452,50 Euro
GKV-Beitrag 2035 241,25 Euro 289,50 Euro 337,75 Euro 386 Euro 482,50 Euro

Hier ist nur der Arbeitnehmeranteil abgebildet - zusammen mit dem Anteil des jeweiligen Arbeitgebers erhalten die Krankenkassen also jeweils das Doppelte des ausgewiesenen Betrags.

Sozialabgaben steigen überall – Arbeitnehmer haben weniger netto vom brutto

Das sind nur die Beiträge für die Krankenversicherung. Weitere Beitragserhöhungen sind aber auch für die Rentenkasse (bis 2035 auf 22,3 Prozent), für die Pflegekasse (bis 2035 auf 4,07 Prozent) und für die Arbeitslosenversicherung (bis 2035 auf 3,0 Prozent) zu erwarten. Alles zusammen lässt die Einnahmen privater Haushalte bei gleich bleibenden Leistungen sinken – was sich dann wiederum auf die Gesamtwirtschaft ausschlagen kann. Wie das für einen Arbeitnehmer in Steuerklasse 1 aussehen könnte, haben wir hier berechnet:

Brutto-Gehalt Netto heute (Steuerklasse 1) Netto 2035 laut Studie
2500 Euro 1765 Euro 1659 Euro
3000 Euro 2051 Euro 1924 Euro
3500 Euro 2330 Euro 2182 Euro
4000 Euro 2602 Euro 2433 Euro
5000 Euro 3125 Euro 2918 Euro
6000 Euro 3673 Euro 3333 Euro

Insgesamt prognostiziert das IGES einen Anstieg der Sozialversicherungsbeiträge auf fast 50 Prozent ohne neue politische Gegenmaßnahmen.

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