Eine Zukunft ohne Cookies – Werbebranche fürchtet massiven Einbruch

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Google plant, keine Drittanbieter-Cookies mehr in Chrome zuzulassen. Das würde zu einem Umbruch in der Werbebranche führen.

Mountain View – Seit Anfang des Jahres führt Google Tests für ein neues Feature in seinem Chrome-Browser durch. Tracking Protection soll dafür sorgen, dass Drittanbieter-Cookies aus dem Browsing verschwinden. Ein genaues Datum, zu dem dies in Kraft tritt, ist nicht bekannt. Google geht von der zweiten Jahreshälfte 2024 aus. Die „cookielose Zukunft“ schwebt vor allem Datenschützern vor. Wie würde sich das auf die Werbewirtschaft auswirken?

Anteil der Chrome-Nutzer, die das neue Feature bereits nutzen 1 Prozent
Möglicher Verlust verschiedener Branchen bei Wegfall von Cookies Zwischen 91 Millionen und 203 Millionen US-Dollar (Deloitte)
Das bewirkt die EinwV: anerkannte Dienste sollen Cookie-Banner ablösen

Die Rolle von Cookies im Internet

Technisch betrachtet, handelt es sich mit Cookies um Textdateien, die beim Besuch einer Website auf dem eigenen Gerät abgelegt werden. Sie spielen seit knapp 30 Jahren eine fundamentale Rolle im Internet. Einerseits dienen sie dazu, die Aktivitäten auf einer Website zu verfolgen, andererseits können sie etwa Login-Vorgänge vereinfachen oder relevante Werbebanner anzeigen. In der Vergangenheit gab es jedoch wiederholt Probleme mit der europäischen Datenschutzrichtlinie, was Cookies angeht, und die von Google im Besonderen.

Dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und der Informationsfreiheit (BfDI) zufolge dürften Webseitenbetreiber technisch notwendige Tracker auch ohne die Einwilligung der Nutzer einsetzen. Darüber müssen die Nutzer allerdings allzeit voll informiert sein. Außerdem müssen sie in der Lage sein, exakt nachzuvollziehen, wie die Tracking-Technologie funktioniert und wie der Webseitenbetreiber sie nutzt. „Notwendige“ Cookies sind zum Beispiel die, die im Warenkorb-Feature auf Shopping-Seiten zum Einsatz kommen.

Nutzen von Cookies für die Wirtschaft

Für die Wirtschaft spielen Cookies vor allem im Online-Marketing eine Rolle. Sie helfen dabei, das Verhalten von Nutzern über verschiedene Webseiten hinweg zu tracken und anhand ihrer Klicks ein Profil zu ihren Vorlieben zu erstellen. Cookies ermöglichen die Erstellung von Zielgruppen, die dann maßgeschneiderte Werbung im Browser angezeigt kriegen. Allerdings gibt es noch wesentlich mehr Dienste von Drittanbietern, die verschiedene Daten abgreifen: Dazu gehören etwa Captcha-Tools, Like-Buttons oder Schriftarten-Tools.

LAS VEGS, NV - JANUARY 11: Google logo at the Las Vegas Convention Center during CES 2024 in Las Vegas, Nevada, on Janua
Google will Drittanbieter-Cookies im Chrome-Browser abschaffen. Andere Provider haben ähnliche Schritte ergriffen. Was bedeutet das für die Werbewirtschaft? © IMAGO / MediaPunch DeeCee Carter

Sollte es also zu einer Abkehr von Cookies kommen, so warnen die Branchenverbände, wären weite Teile der aktuell existierenden Infrastruktur vom digitalen Marketing gelähmt. Unter anderem würde der Wegfall von Cookies Publisher, Werbetreibende und Technologieanbieter betreffen. Eine Risiko-Prognose von Deloitte legt offen, dass einige Branchen (etwa der Einzelhandel oder Finanzdienstleistungen) über 300 Millionen US-Dollar im Jahr verlieren könnten, sollten Cookies wegfallen. Im Schnitt betrage der Verlust 91 Millionen US-Dollar bis 203 Millionen US-Dollar.

Werbewirtschaft kritisiert Cookie-Sperre

Darum verwundert es kaum, dass aus der Werbebranche umgehend scharfe Kritik an Googles neuer Praxis kam. Der Datenschutz werde keineswegs durch Googles Maßnahmen gestärkt, findet Bernd Nauen, Geschäftsführer des Zentralverbands der deutschen Werbewirtschaft (ZAW). Im Gegenteil: „Am langen Ende hätten die Verbraucher den Nachteil. Was es nicht bedeutet: weniger Tracking durch Google, weniger Daten bei Google“. Google zöge aus seinen eigenen First-Party-Daten die meisten Informationen. Durch jeden Log-In der Nutzer, jede Suchanfrage bei Google und First-Party-Cookies bekommt Google mehr als genug.

Der ZAW warnt, dass der Spielraum der Werbebranche nicht auf „einzelne marktdominante Plattformen“ beschränkt sein darf. Hier sei es am Gesetzgeber, um die entsprechenden Gesetze zu erlassen. Es müsse Regeln geben, die verhindern, dass „solche Plattformen“ zulasten des Wettbewerbs entstehen. Umso mehr seien hier die Wettbewerbsbehörden gefragt.

Bundesregierung plant vereinheitlichte Einwilligungsverwaltung

Der Gesetzgeber wiederum ist gerade dabei, das sogenannte Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetz (Einwilligungsverwaltungsverordnung – EinwV) umzusetzen. Dabei handelt es sich um einen noch nicht von der Bundesregierung beschlossenen Verordnungsentwurf, der für die Einrichtung von „anerkannten Diensten zur Einwilligungsverwaltung“ sorgen soll.

Was das heißt: Internetnutzer sollen eine einzige Abfrage darüber erhalten, in welcher Form sie dem Setzen von Cookies zustimmen – und wo. Da der Entwurf sich gerade in der Abstimmung befindet, ist noch nicht abschließend klar, wie genau das aussehen wird, grundsätzlich aber soll die Maßnahme Cookie-Banner überflüssig machen. „Anerkannte Dienste können komerziell sein und etwa von den gleichen Dienstleistern angeboten werden, die das Consent-Management für Telemedienanbieter konfigurieren“, hieß es dazu von der Bundesregierung.

Mit Material von dpa

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