Stauhölle bis 2044: Warum die Reise in dieses Land so chaotisch bleibt
Wer mit dem Auto nach Italien fährt, kennt die Stauprobleme am Brenner oder auf der Tauernautobahn. Besserung ist in den nächsten 20 Jahren wohl nicht in Sicht.
Der Stau-Alarm für Italien-Urlauber ist nichts Neues. Doch die wichtigste Route aus Deutschland über die Alpen steht in den nächsten Jahren vor gewaltigen Herausforderungen. Während Millionen Deutsche auch 2025 wieder die Koffer für Bella Italia packen, zeichnen sich erhebliche Verkehrsprobleme auf der wichtigsten Alpenverbindung ab. Was auf Autofahrer zukommt, geht weit über die gewohnten Ferienstaus hinaus. Der Italienurlaub wird zur Geduldsprobe.
Brenner-Autobahn A13 – eine Baustelle für Jahrzehnte
Die Brenner-Autobahn A13 steht vor der größten Herausforderung ihrer Geschichte: Das Herzstück des Problems ist die 1.800 Meter lange Luegbrücke nördlich des Brennerpasses, die seit Januar 2025 nur noch einspurig befahrbar ist. Was zunächst wie eine temporäre Maßnahme wirkt, entpuppt sich als Dauerzustand: Bis mindestens 2030 müssen sich Autofahrer auf diese drastische Kapazitätsreduzierung einstellen.

An etwa 180 verkehrsreichen Tagen im Jahr wird zwar eine temporäre Zweispurigkeit für Pkw ermöglicht, doch selbst dann müssen Lkw über 3,5 Tonnen die linke Spur nutzen. Bei Schneefall im Winter fällt auch diese Entlastung weg. Die Fertigstellung des ersten neuen Brückentragwerks ist erst für Ende 2027 geplant, die komplette Luegbrücke wird voraussichtlich 2030 wieder vollständig befahrbar sein.
Doch damit ist das Ende der Bauarbeiten noch lange nicht erreicht: Die österreichische ASFINAG hat ein beispielloses Sanierungsprogramm angekündigt: Bis 2044 sollen weitere zentrale Brücken wie die Europabrücke und die Gschnitztalbrücke grundlegend erneuert werden. Diese Zeitspanne von fast zwei Jahrzehnten macht die A13 zur längsten Baustelle Europas. Staus von mehreren Stunden werden nicht mehr die Ausnahme, sondern der neue Normalzustand für Italienreisende.
Gemischte Aussichten bei der Tauernautobahn A10
Während die Brennerroute im Chaos versinkt, gibt es auf der Tauernautobahn zumindest einen Hoffnungsschimmer. Der 14 Kilometer lange Abschnitt zwischen Golling und Werfen, der seit September 2023 durch umfassende Tunnelsanierungen blockiert war, wurde im Juni 2025 wieder vollständig für den Verkehr freigegeben. Die Sanierung von fünf Tunneln ist abgeschlossen.
Doch die Erleichterung währt nur kurz. Bereits ab September 2025 beginnen neue Großbaustellen zwischen Eben im Pongau und Flachau, bei denen der Verkehr über die Gegenfahrbahn geleitet wird – und das bis November 2027. Weitere Engpässe entstehen durch Arbeiten am Knoten Spittal-Millstätter See, die sogar bis 2029 andauern sollen.
Das nächste Großprojekt wirft bereits seine Schatten voraus: Ab Herbst 2027 beginnt die Generalsanierung des Tauern- und Katschbergtunnels, die bis 2033 dauern wird. Damit wird auch die vermeintliche Alternative zur Brennerroute über Jahre hinweg massiv beeinträchtigt sein.
Verschärfende Faktoren: Als wäre das Baustellenchaos nicht genug, verschärfen zusätzliche Faktoren die Verkehrssituation dramatisch. Die Tiroler Transitverbote, die an Wochenenden und Feiertagen bis November 2025 gelten, zwingen Autofahrer auf den bereits überlasteten Autobahnen zu bleiben. Wer versucht, über lokale Straßen auszuweichen, wird konsequent zurückgewiesen – ein System, das den Stau auf den Hauptachsen weiter konzentriert.
Wer sich durchringt, findet am Gardasee ein echtes verstecktes Juwel.
Keine Rettung durch Alternativen
Wer hofft, dem Brenner-Chaos durch Ausweichrouten zu entkommen, wird enttäuscht. Alle Alternativen haben ihre eigenen gravierenden Probleme.
- Die Schweizer Route über den Gotthard-Tunnel ist berüchtigt für kilometerlange Staus und wird 2025 zusätzlich an 36 Nächten wegen Wartungsarbeiten gesperrt. Der San Bernardino als Alternative ist zwar staufreier, aber 80 Kilometer länger und ebenfalls von Nachtsperren betroffen. Dazu kommen hohe Kosten: 42 Euro für die Schweizer Vignette plus Schwerverkehrsabgabe für größere Wohnmobile.
- Der Reschenpass, früher als mautfreie Alternative geschätzt, wird zur Baustellen-Hölle: Von Mai 2025 bis September 2026 herrscht einspurige Verkehrsführung mit Ampelregelung zwischen Pfunds und Nauders. Aus der entspannten Panoramaroute wird ein Stau-Hotspot mit deutlich längeren Fahrzeiten als über den Brenner.
- Die Tarvisio-Route über die A10 eignet sich nur für Nordostitalien, kostet zusätzlich 13 Euro Tunnelmaut und ist ebenfalls von Baustellen geplagt. Für beliebte Ziele wie den Gardasee oder die Toskana bedeutet sie einen erheblichen Umweg.
Die ernüchternde Wahrheit: Statt Lösungen bieten die Alternativen nur die Wahl zwischen verschiedenen Arten von Verkehrschaos. Einen einfachen Ausweg aus der Italien-Stau-Misere gibt es leider nicht. Eine deutsche Küstenstadt wird derweil zur Geisterstadt.